AirPlay geht fremd - So klappts mit Android und Windows

Apples Streaming-Technik überträgt Musik gleichzeitig an im Haus verteilte Lautsprecher und schickt Fotos und Videos drahtlos und live auf das Apple TV und den Fernseher. Die Technik steckt in Mac und iOS-Geräten schon drin, für Windows und Android kann man sie nachrüsten. AirPlay funktioniert auch ganz ohne Apple.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Jeremias Radke
Inhaltsverzeichnis

Für stationäre Computer ist zunächst iTunes der Schlüssel zur AirPlay-Welt. Damit dürfen sie ­Videos und Musik an AirPlay-­fähige Endgeräte senden. Das funktioniert mit allen iTunes-kompatiblen Dateiformaten – also etwa H.264-kodierten Filmen in den Container-Formaten .mov, mp4 und m4v. Sie lassen sich auf das Apple TV 3 in Full-HD-Qualität streamen. Das Apple TV 2 kann selbst nur 720p-Filme wiedergeben, nimmt 1080p-Material aber entgegen und skaliert es auto­matisch herunter. Neben DRM-­geschützten Filmen kann man auch Videos ohne Kopierschutz in iTunes verwalten und übertragen, zum Beispiel aus dem Fernsehen aufgenommene und konvertierte Filme. DRM-Formate anderer Anbieter bleiben außen vor. Auf Audio-Seite lassen sich die Formate MP3, AAC, WAV und AIFF mit bis zu 192 kHz und 24 Bit senden. Mac-Besitzer ­können ab OS X 10.8 obendrein ihren Bildschirminhalt via Apple TV auf den Fernseher spiegeln. Windows-Anwender kön­nen das nachrüsten, dazu später mehr. Neuere iPhones und iPads beherrschen das Screen-Mirroring bereits seit iOS 5.

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Seit der Einführung der AirPort-Express-Station kann AirPlay (damals AirTunes) mehrere Musik-Empfänger gleichzeitig bedienen. Das funktioniert relativ gut, wenn man zum Beispiel auf Partys mehrere Räume mit derselben Musik beschallen möchte. Dann steht der streamende Rechner beispielsweise im Arbeitszimmer unterm Dach, die Party findet aber in der Küche und im Wohnzimmer im Erdgeschoss statt. Damit man zum Ändern der Lautstärke oder zur Titelauswahl nicht ins Arbeitszimmer laufen muss, stellt Apple die App Remote zur Verfügung, die das iPhone oder iPad zur Fernbedienung macht. Sie erlaubt nicht nur die Wahl des nächsten Titels, sondern auch das voneinander unabhängige Regeln der Lautstärke jedes Empfängers. Der Vorteil gegenüber dem direkten Streamen vom iOS-Gerät per Musik-App ist, dass der Akku des Mobilgeräts nicht so schnell leer läuft.

Zahlreiche Entwickler bieten Zusatztools an, die Apples Beschränkungen zumindest teilweise aufheben und neue Funktionen implementieren – auch für Googles Mobilgeräte und Windows-PCs (alle Downloads hier).

Vom Android-Smartphone oder -Tablet lassen sich mit der passenden App Audio- und Video-­Inhalte auch im AirPlay-Format streamen. So schickt beispielsweise der kostenlose Double­Twist-Player mit der kostenpflichtigen Erweiterung AirSync (4,99 Euro) Musik und Filme an das Apple TV oder an Geräte, die sich als solches ausgeben. Mit der AirPort-Express-Station oder AirPlay-Lautsprechern kann er als einziger der vorgestellten Kandidaten hingegen nichts anfangen. Außer Film und Musik synchronisiert man mit der App auch Playlisten von iTunes oder vom Windows Media Player zwischen Rechner und Smart­phone. Videos werden dabei in das AirPlay-kompatible Format MP4 konvertiert und stark komprimiert. Auch kompatible Filme unterzieht der Player dieser Schrumpfkur. Das spart zwar Speicherplatz, die Qualität leidet aber sichtbar. Die Videos sind unscharf, Artefakte treten deutlich hervor. Eine Alternative ist uns nicht bekannt

AirServer bohrt den PC zum Apple-TV-Ersatz auf. Auch Spiele,
die iPhone oder iPad als Controller oder Zusatzanzeige nutzen
(hier: Chopper 2), werden unterstützt.

Der Honey-Player (3,49 Euro) zeigt sich bei der Wahl der AirPlay-Empfänger weniger wählerisch und unterstützt auch die AirPort-Express-Station, streamt dafür jedoch nur Musiktitel im WLAN. Anders als DoubleTwist steht ihm keine Software zur Synchronisierung am PC oder Mac zur Seite.

Dank integriertem Browser streamt Twonky Beam (kostenlos) allerlei Audio- und Video-­Inhalte aus dem Internet auf AirPlay-fähige Geräte. Ruft man eine Webseite auf, untersucht der Player im Hintergrund den Content und kennzeichnet Streambares mit einem „Beam“-Button, der durch Antippen die Wiedergabe startet. Wischen von rechts öffnet eine Liste aller verfüg­baren AirPlay-Empfänger.

Zum Steuern des iTunes-Servers greifen Android-Nutzer auf Remote for iTunes (3,99 Euro) zurück. Es bietet ähnliche Funktionen wie Apples Remote-App.

Außer zum Senden lassen sich Android-Smartphones und Tablets auch als Audio-Empfänger nutzen. Ausgediente Geräte erhalten dann beispielsweise eine zweite Chance als günstige Alternative zu Apples AirPort-Express-Station. Alles, was es dazu braucht, sind Apps wie AirBubble (1,49 Euro) oder Android Hifi (1,99 Euro). Obwohl günstiger, kann AirBubble mehr: Es erlaubt dem Anwender die Puffer-Größe für den Audio-Stream einzustellen und lässt sich auf Wunsch beim Einschalten des Smart­phones automatisch starten.

Videos und Fotos nimmt die App AirPlay/DLNA Receiver (Pro) entgegen, die sich auch auf einen HDMI-Stick mit Android installieren lässt und diesen zu einem kostengünstigen Apple-TV-Ersatz macht. Einzig der Dual-Screen-Modus für Spiele und die Bildschirmsynchronisation wollen auch damit nicht klappen.

Apples hauseigene Multicast­DNS-Implementierung Bonjour macht alle beteiligten AirPlay-Geräte auch unter Windows miteinander bekannt. Daher verlangen die im Folgenden vorge­stellten Windows-Anwendungen diese Erweiterung; sie wird bei der iTunes-Installation nachgeladen. Einige Anwendungen verlangen lediglich die Bonjour-Druck-Dienste (siehe c’t-Link), die unabhängig von iTunes installiert werden können. So kann man auch AirPlay nutzen, ohne iTunes installieren zu müssen.

Airfoil for Windows (19 Euro) holt aus AirPlay beim Audio-Streaming mehr heraus. Es bedient AirPlay-Geräte, versorgt aber auch Linux-PCs und Android-Smart­phones mit Audio-Inhalten im drahtlosen Heimnetz, auf dem ein Airfoil-Client läuft. Anders als iTunes funkt Airfoil Töne aus jeder beliebigen Quelle an die Empfänger. So kann man seinen Lieblingsplayer weiterhin verwenden und sich dennoch den AirPlay-Komfort zu Nutze machen.

Airfoil ermöglicht plattformübergreifendes Audio-Streaming.

Ein nettes Feature ist die Funktion „Airfoil Video Player“, die, anders als es der Name ­vermuten lässt, keine Videos streamt, sondern lediglich die Audio-Spur an Airfoil-Empfänger umleitet. So lässt sich das Smartphone zum drahtlosen Empfänger für den Kopfhörer umfunktionieren.

Wollen iPhone-, iPad- oder Mac-Anwender den Bildschirminhalt anderen zeigen, etwa der Familie im Wohnzimmer, spiegeln sie ihn einfach via Apple TV auf den Fernseher. So lässt sich beispielsweise auch der unter der Zimmerdecke installierte Beamer drahtlos nicht nur für die Film- und Fotowiedergabe nutzen, sondern auch für Präsentationen oder schlicht zum bequemeren gemeinsamen Arbeiten. Windows-User rüsten die Bildschirmsynchronisation per Software nach. AirParrot (8 Euro) nistet sich in der Taskleiste ein und unterstützt 1080p-Mirroring auf das Apple TV 3. Stockt die Wiedergabe, kann der Stream aber auch auf 720p reduziert werden.

Das Open-Source-Tool Shairport rüstet den Windows-Rechner zum AirPlay-Empfänger auf. Es benötigt nur die Bonjour-Druck-Dienste. Shairport arbeitet ressourcenschonend und lief bei all unseren Versuchen zuverlässig.

Die 12 Euro teure Software AirServer ahmt unter Windows und OS X ein Apple TV nach, sodass man iOS-Spiele mit Dual-Screen-Modus oder OS-X-Bildschirminhalte auf den PC streamen kann. Sie kann sogar Dinge, die Apple nie vorgesehen hat: Senden gleichzeitig mehrere Geräte Inhalte – etwa Fotos und Videos – an den PC, stellt er sie nebeneinander dar. Zusätzlich kann man über iTunes gleichzeitig den von AirServer entgegengenommenen Audio-Stream an externe AirPlay-Lautsprecher wei­terleiten.

Senden mehrere Geräte gleichzeitig an AirServer, stellt dieser die Inhalte nebeneinander dar.

Damit AirServer unter Win­dows nach AirPlay-tauglichen Zulieferern lauschen kann, muss man neben iTunes ebenfalls Apples Bonjour Print-Services und obendrein noch DirectX 9c installieren. Zusätzlich ist die Windows-Firewall für eingehenden Datenverkehr über die TCP-Ports 49152 und 7001 sowie die UDP-Ports 6009 und 6010 zu öffnen. Diese erreichen Sie am schnellsten mit dem Befehl wf.msc in der Eingabeaufforderung (Shortcut: Win+r). Legen Sie dann zwei (je eine für UDP und TCP) Regeln an, die Sie AirServer nennen. Anschließend wählen Sie diese via Doppelklick aus und öffnen im Reiter „Protokolle und Ports“ oben genannte Ports. Bestätigen Sie die Einstellungen anschließend mit „Übernehmen“.

Die Erweiterung blendet in der Taskleiste ein Icon ein, über das man die Programm-Einstellungen vornimmt. Darin legt der Anwender beispielsweise ein Passwort fest. Das verhindert, dass ihm jeder im gleichen Netz eingebuchte AirPlay-Client ungefragt Inhalte auf den Monitor oder den Audio-Ausgang schießt.

Apples gelungene Streaming-Technik AirPlay ist mit etwas Eigenleistung auch plattformübergreifend nutzbar. Das kostenlose Shairport ist auf die Audio-Wiedergabe beschränkt und läuft stabil, ganz anders als dessen nicht mehr gepflegte Video-Pendants. Wer bereit ist, ein paar Euros zu investieren, erhält mit AirServer eine Software, die beständig weiterentwickelt wird und den PC in einen Apple-TV-Ersatz verwandelt. Für Audio­phile hingegen, die ihren Rechner gerne Apple-frei halten und beispielsweise via Windows Media Player die AirPort-Express-Sta­tion des WG-Mitbewohners im Wohnzimmer bespielen möchten, ist Airfoil ein gangbarer Kompromiss.

Apple verbaut AirPlay in allen aktuellen Geräten, lizenziert die Technik für das Audio-Streaming aber. So gibt es inzwischen zahlreiche WLAN-Lautsprecher, die sich von iPhone, iPad oder iTunes ansteuern lassen. Diese kosten in der Regel weit mehr als Apples AirPort-Express-Station (100 Euro) oder das Apple TV (110 Euro), mit denen man eine vorhandene HiFi-Anlage und/oder einen Fernseher mit AirPlay-Fähigkeiten versehen kann. Beide haben einen optischen Digital-Audio-Ausgang und einen Ethernet-Port eingebaut. Die AirPort Express fungiert mit ihrer USB-Buchse gleichzeitig als Print-Server und spannt ein WLAN auf, integriert sich in ein bestehendes oder erweitert dieses. Das Apple TV empfängt im Unterschied zur AirPort Express auch Videos, Fotos oder Bildschirminhalte von Mac OS X sowie von geeigneten iOS-Spielen und gibt sie per HDMI an den Fernseher weiter. Es rüstet für wenig Geld eine Medienzentrale im Wohnzimmer nach, mit der man obendrein Filme im iTunes Store oder bei Watch­ever ausleihen kann.

AirPlay ist also ein durchdachtes System, doch wie so oft bei Apple zieht die Einfachheit auch einige Einschränkungen nach sich: So lassen sich von Haus aus andere Dateiformate, die iTunes nicht beherrscht, nicht übertragen. Und iPhone, iPad sowie iPod touch können nur senden, nicht empfangen. Doch diese Grenzen lassen sich sprengen, denn die für die Authentifizierung der AirPlay-Geräte notwendigen Schlüssel und Protokoll-Spezifikationen sind seit geraumer Zeit geknackt (siehe Artikel AirPlay ausreizen in Mac & i Heft 9). (jra)