Angetestet: Cortex-M3-Entwicklungsboard

Mit dem EasyMx PRO v7 ARM-Board stellte MikroElektronika ein großzügig ausgestattetes Entwicklungskit für die Stellaris-Controller von TI vor. Wir haben uns das Board einmal genauer angesehen.

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Eine grüne Platine
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Carsten Meyer
Inhaltsverzeichnis

Die serbische Firma MikroElektronika ist seit vielen Jahren im Embedded-Developer-Markt aktiv; vor allem PIC-Freunden sind die großen und mit allerlei Peripherie bestückten Development-Boards ein Begriff. Später kamen Atmel-Controller und mit dem neuen EasyMx PRO v7 auch ARM-Prozessoren hinzu.

Großzügig in Platz und Ausstattung: EasyMx-Board von Mikroelektronika

Trotz "v7" im Produktnamen ist das Stellaris-Board mit dem LM3S9B95-Modul die erste Version aus der ARM-Reihe; es entspricht von der Aufteilung und Bestückung her aber der siebten Auflage der PIC-Boards, deshalb die Namensgebung. Der LM3S9B95 von Texas Instruments ist ein mittelgroßer Cortex-3-Controller mit 256 KByte Flash und 96 KByte RAM, zwei 10-Bit-ADCs, Ethernet-PHY-, USB-, I²C-, SP-I und Audio-IIS-Schnittstellen gleich auf dem Chip, der mit maximal 80 MHz läuft. Er ist auf einem auswechselbaren Prozessormodul untergebracht, Leerplatinen für die meisten der insgesamt rund 300 verschiedenen Stellaris-M3- und M4-Prozessoren sind lieferbar, ebenso zwei bestückte Varianten, die man auch direkt in eigene Projekte integrieren kann.

Der Prozessor ist auf einem auswechselbarem Modul untergebracht. Die Peripherie lässt sich über DIP-Schalter nach Bedarf ankoppeln.

MikroElektronika liefert das "EasyMx PRO v7 for Stellaris ARM" in einem großen, stabilen Schuber mit geradezu liebevoll aufbereiteter Einstiegs-Anleitung (42 Seiten, gedruckt!) und einem wischfest laminierten Schaltplan-Faltblatt. Das übersichtlich aufgebaute, mit 149 Euro sehr preiswerte Board enthält diverse Peripherie, die man bei Embedded-Anwendungen immer wieder benötigt: Ein Farb-LCD mit Touchpanel und 320 x 240 Pixeln (QVGA, 3,5 Zoll), neun 8-Bit-Ports mit insgesamt 72 Tastern und LEDs (die der LM3S9B95 aber nur zum Teil bedienen kann), Ethernet, vier USB-Schnittstellen (davon zwei mit FTDI-Seriell-Wandlern, eine mit Host-Funktion), Micro-SD-Kartenslot, CAN-Bus-Interface, zusätzlich 8 MBit Flash-Speicher und 1 KByte EEPROM sowie zwei mikroBUS-Erweiterungs-Steckplätze für die "Click Boards" genannten Kommunikationsmodule von MikroElektronika (erhältlich mit WiFi, Bluetooth, ZigBee oder auch mit RS-485, ADC, Lichtsensor, DAC, Digitalpoti oder Temperatur-/Feuchte-Sensor).

Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

Ein Schaltregler für 9 bis 32V DC-Eingangsspannung ist ebenfalls auf dem Board untergebracht, alternativ kann es auch über USB versorgt werden. Wichtigster Bestandteil des Boards ist aber der JTAG-Hardware-Debugger und -Programmer mikroProg, untergebracht unter einer kleinen Abschirmhaube. Ein Programm zum Flashen des Controllers liegt bei. Bei der Entwicklungsumgebung kann man sich natürlich eine Open-Source-Toolchain selbst stricken, die eigentliche Stärke des mikroProg, der integrierte Hardware-Debugger, kommt aber erst mit einem der drei verfügbaren Compiler (mikroBASIC, mikroPascal, mikroC) von MikroElektronika zur Geltung.

Die IDEs aller drei Compiler unterscheiden sich nur im Detail.

Zum Test bekamen wir das knapp 200 Euro teure mikroPascal mitgeliefert. Borland-Delphi-Kenner werden sich sofort heimisch fühlen, auch bezüglich der IDE – was nicht ganz von ungefähr kommt, denn die Compiler-IDEs wurden laut Marketing Manager Marko Jovanovic in Delphi geschrieben. Besondere Stärke der Compiler sind die umfangreichen Peripherie-Libraries, die sämtliche Bausteine des Boards und noch einiges mehr abdecken, etwa ein FAT-Dateisystem für den Micro-SD-Kartenslot oder Grafikroutinen für verschiedene LCD-Controller. Wegen der notwendigen Kompatibilität zum mikroC sind viele Library-Routinen aber C-üblich über Pointer parametriert. Einen Software-Simulator, wie ihn beispielsweise das AVRCo-Pascal für Atmel-Controller anbietet, gibt es angesichts der unüberschaubaren Stellaris-Vielfalt nicht.

Eine Demo-Version mit max. 8 KByte Code-Größe kann bei MikroElektronika heruntergeladen werden; die Freischaltung auf vollen Funktionsumfang erfolgt entweder per Key-File oder per USB-Dongle. Der Hardware-Debug-Modus ist fest in der Compiler-IDE integriert, wobei die Auswahl von überwachten Variablen (Watchlist) bei umfangreicheren Projekten etwas unübersichtlich gerät. Ein Projekt-Wizard erleichtert die ersten Schritte bei der Programmierung, auch die keineswegs triviale Initialisierung der unzähligen Konfigurations- und Peripherie-Register des Stellaris-ARM übernimmt komplett der Compiler, solange man für den angedachten Zweck die eingebauten Libraries verwendet.

Visual TFT erleichtert die Gestaltung einer Touchpanel-Bedienoberfläche.

Ebenfalls in unserer Testlieferung enthalten war das "Visual TFT"-Paket für rund 90 Euro, das die Entwicklung von grafischen Bedienoberflachen mit Touchpanel-Unterstützung erleichtern soll. Auch hier ist eine Ähnlichkeit mit dem Delphi-Objektinspektor unverkennbar. Visual TFT erstellt praktisch eine schlüsselfertige Anwendung mit allen notwenigen Libraries, in die man nur noch einziehen muss – sprich: Die Funktions-Forwards bzw. Prototypen müssen noch möbliert werden. Uns gelang es, ein simples Progrämmchen mit grafischer Oberfläche innerhalb einer guten halben Stunde zu erstellen.

Ein allzu luxuriöses Sortiment an Bedienelementen darf man von Visual TFT allerdings nicht erwarten: Es gibt abgerundete und eckige Buttons (sogar mit einem netten Helligkeits-Verlauf) und Kästen, Text-Labels und importierbare Bilder. Schon bei Slidern oder Progress-Balken Fehlanzeige – aber die kann man sich mit wenigen Zeilen Code aus den Button-Primitiven zusammenbasteln. Trotzdem schön, dass man sich um die Touchpanel-Eventbehandlung nicht explizit kümmern muss.

Unsere Freude wurde durch kleinere Reibereien zwischen der IDE und Visual TFT getrübt: Normalerweise merken beide Programme, wenn man im Source-Fenster des jeweiligen "Partners" Änderungen durchführt. Beim Kompilieren führte das auf unserem Windows-7-System aber zu Klemmern und bedrohlichen Warnungen seitens Visual TFT, das sich regelmäßig am Rand eines Absturzes wähnte. Auch schien uns der Source-Editor der IDE bei Drag&Drop-Kopieraktionen und der zeilenweisen Auswahl etwas nervös zu sein.

"mikroMedia for ARM"-Modul

Wer das Board nicht zum Dollar-Kurs in Serbien direkt bestellen will, erhält es beispielsweise beim Distributor Tigal in Österreich. Dort gibt es auch ein weiteres Schmankerl von MikroElektronika: Das 89 Euro teure mikroMedia-Board mit dem Touchpanel-TFT des EasyMx-Boards und dem LM3S9B95-ARM-Controller nebst einiger Peripherie auf einem kompakten Modul mit den Abmessungen 61 × 81 mm, das aus einer einzelnen Lithium-Zelle versorgt werden kann und auch gleich die passende Lade-Elektronik mitbringt. (cm)