Die 0-Euro-Antenne

Miese Datenraten im Gäste-WC und bester Empfang für den Hacker vor der Haustür - die Antennen an WLAN-Access-Points sorgen oft nicht für die gewünschte Funkabdeckung. Eine Antenne, die Abhilfe schafft, lässt sich in einer halben Stunde zusammenstecken.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Johannes Endres
Inhaltsverzeichnis

Lange galt die Dosenantenne als einfachstes und billigstes Selbstbau-Design für den WLAN-Richtfunk mit Hausmitteln. Doch eine ähnlich gute Richtwirkung lässt sich auch ohne Kenntnisse in Metallverarbeitung mit einer Hand voll Trockenabfälle erreichen. Da die Bastelantenne einfach auf die vorhandene Stummelantenne des Access Points gesteckt wird, passt sie immer. Allerdings eignet sich die Billigvariante anders als das Dosenmodell nicht zur Außenmontage für eine Richtfunkstrecke.

Die Bauform der Billigantenne heißt Yagi-Uda. Wer an die alte Fernsehantenne auf dem Dach denkt, hat ein Exemplar dieses Typs vor Augen. Sie besteht aus einer Reihe von leitenden Elementen, die gegeneinander isoliert parallel zueinander stehen. Die Kunst liegt in der Anpassung von Länge und Abstand der Elemente an die Funkfrequenz.

Für WLAN im 2,4-GHz-Band fällt die Antenne so klein aus, dass man sie mit etwas Draht und einem Stück Styropor aufbauen kann und dann einfach über die vorhandene Antenne des Access Points stülpt. Davon profitieren Geräte, die gemäß 802.11b und 802.11g kommunizieren.

Wenn Basisstation und Notebook nach dem Entwurf zum Standard 802.11n funken, bringt die Aufstülpantenne wenig. Denn 11n benutzt immer mehrere Antennen gleichzeitig, um ein optimales Signal zu kombinieren. Die dabei verwendeten Algorithmen sind auf die verbauten Antennen abgestimmt. Wenn jedoch der 11n-AP nur 11g-Geräte ans Netz anbindet, profitieren sie vom Selbstbau. Dann sollte man jedoch fest den 11g-Modus einstellen.

Die im Abschnitt Aufbau aufgeführten Maße der Antenne hat der Funkamateur Bodo Woyde (DL7AFB) für 802.11g/b im 2,4-GHz-Band mit einer Antennen-Simulations-Software ermittelt. 802.11a funkt im 5-GHz-Band und braucht daher eine komplett anders bemessene Antenne.

Yagi-Uda-Antennen aus originellen Materialien (8 Bilder)

Wer einen Pinsel zu Schanden gepinselt hat, kann aus dem Stiel immernoch eine WLAN-Antenne bauen.

Das nötige Werkzeug ist normalerweise im Haushalt vorhanden: ein Seitenschneider, eine Abisolierzange, eine Metallfeile, ein Stift, eine Schere, ein scharfes Messer und etwas Dünnes, Spitzes; eine sehr dünne Ahle, ein Uhrmacherschraubendreher oder eine Stopfnadel tun gute Dienste, eine Stricknadel ist zu dick.

Die Baumaterialien liegen meist auch herum. Da ist zunächst ein mindestens 15 cm langer Rest Elektroinstallationskabel mit massiven Kupferadern; geflochtene Litze taugt nicht. Üblich sind 0,75 mm2 Querschnitt, was einem Durchmesser von knapp 1 mm entspricht. Für diese Dicke gelten die Elementlängen in der folgenden Tabelle:

Maße der 2,4-GHz-Antenne
Länge Abstand
50 mm 122 mm
51 mm 88 mm
51,5 mm 57 mm
52 mm 31 mm
53 mm 9 mm
60 mm -25 mm

Aber auch etwas dickere Leitungen eignen sich: Für Draht mit 1,5 mm2 (Durchmesser 1,4 mm) müssen die Elemente jeweils 1 mm kürzer ausfallen, für 2,5-mm2-Draht (Durchmesser 2 mm) um 2 mm kürzer. Es muss nicht unbedingt die Kupfer-Seele aus einem Kabel sein, jedes andere gut leitende, steife und massive Material geht auch: Schweißdraht, lange Nägel oder Gewindestangen. Allerdings müssten für die optimale Verstärkung die Maße auch an das Material angepasst werden. Für einen ersten Versuch mit herumliegenden Teilen muss man den Aufwand aber nicht treiben.

Der Träger besteht aus einem rund 20 cm langen Styropor-Stück mit zwei leidlich parallelen Längsseiten und wenigen Zentimetern Kantenlänge. So ein Abschnitt lässt sich zum Beispiel aus den Styro-Einsätzen der Transportverpackung von Hardware schneiden. Je feiner die Kügelchen im Material, desto leichter lassen sich die Elemente parallel montieren. Da es dabei aber nicht auf extreme Präzision ankommt, sollten Sie sich nicht zu lange mit dem Wühlen in Gelben Säcken aufhalten.

Die 0-Euro-Antenne: Aufbau (11 Bilder)

Die wenigen Materialien liegen normalerweise im Haushalt herum: Ein Rest Installationskabel, etwas Styropor, lösemittelfreier Kleber, Millimeterpapier.

Außer Styropor eignen sich auch andere elektrisch isolierende, leichte und formstabile Werkstoffe, beispielsweise Wellpappe, Balsa-Holz oder dicke Trinkhalme. Leicht sollte das Material sein, damit die Antenne des AP unter der Last der Aufsteckergänzung nicht am Gelenk umknickt.

Ferner sind einige Tropfen Klebstoff vonnöten. Die meisten Kleber enthalten jedoch Lösungsmittel, die Styropor angreifen. Sie müssen aber nicht zum teuren Spezialkleber greifen, der ökologisch korrekte Universalkleber aus dem Kindergarten reicht ebenso wie einfacher Holzleim.

Ein Stück Millimeterpapier hilft enorm, die Yagi-Elemente exakt zu fertigen und in Position zu bringen. Wer mit anderem Messzeug auf weniger als einen halben Millimeter genau messen kann, braucht aber nicht zum Papierladen zu laufen oder selbst zu drucken.

Legen Sie zuerst die Kupferdrähte aus dem Kabelrest frei. Mit Isolierung sind ihre Übertragungseigenschaften anders (dielektrische Konstante) und vor allem fällt das Abmessen schwerer. Nun schneiden Sie sechs Stücke ab, die jeweils etwas länger sind als in der Tabelle aufgeführt, und biegen sie möglichst gerade. Eine geringe Restwelligkeit darf bleiben, aber kein Knick.

Nun begradigen Sie mit der Feile beide Enden und bringen die Abschnitte schrittweise auf die richtigen Längen. Damit das weiche Kupfer beim Feilen nicht abknickt, fassen sie den Draht möglichst nahe am Ende und ziehen ihn über die Feile. Messen Sie das Element häufig am Millimeterpapier nach, denn vom weichen Kupfer schmirgelt man schnell zu viel ab.

Nun markieren Sie auf einem Streifen Millimeterpapier die Positionen der Elemente gemäß der Tabelle. Der Nullpunkt, an dem das Werk später auf die Antenne des AP gesteckt wird, sollte dabei auf der Kreuzung zweier dicker Linien liegen. Den Papierstreifen kleben Sie auf den Styropor-Stab. Mit der Ahle bohren Sie vorsichtig und möglichst gerade an den Markierungen die Löcher vor. Es stört nicht, wenn das Austrittsloch etwas fransig gerät. Das Loch für die Originalantenne weiten Sie so auf, dass die Yagi-Antenne später fest steckt. Die Mitte dieses Lochs soll exakt an der Markierung bleiben.

Nun kleben Sie die Kupferelemente mit je einem Tropfen Kleber in die Löcher ein und so richten sie so aus, dass sie auf beiden Seiten gleich weit überstehen – Augenmaß genügt, Messen schadet nicht.

Wesentlich wichtiger ist, dass die Styropor-Yagi an der richtigen Stelle auf der Antenne des AP sitzt: Die Mitte der Elemente muss auf einer Höhe mit der Mitte der ursprünglichen Antenne liegen. Die ist jedoch nicht ganz einfach zu treffen, wie die Röntgenbilder von AP-Antennen in unserer Bilderstrecke zeigen. Darauf erscheint Metall besonders hell. Die Antenne besteht jeweils aus einer dicken Hülse, aus der ein dünnerer Draht heraussteht. Die Mitte der Antenne ist der Übergang zwischen diesen beiden Elementen.

Die Lage der integrierten Antennen (5 Bilder)

Die Mitte der AP-Antenne ist der Übergang zwischen der dicken Hülse unten und dem Draht. Die Metallelemente der Selbstbauantenne sollen oben und unten gleich weit überstehen.

Wer kein Röntgengerät zur Hand hat, muss durch die Wirkung herausfinden, wie die korrekte Position ist. Dazu stellt man das Notebook dort auf, wo ohne Zusatzantenne die WLAN-Versorgung besonders schlecht ist. Normalerweise zeigt die zum WLAN-Adapter gelieferte Software die Signalstärke an. Die grünen Balken im zuständigen Windows-Dialog eignen sich nicht, da sie zu langsam reagieren und kleine Veränderungen nicht darstellen.

Die Freeware WLAN-Info zeigt die Signalstärke für die optimale Montage an.

Besser funktioniert die Freeware WLAN-Info, die die Signalstärke nicht nur als Balken anzeigt, sondern wahlweise auch mit unterschiedlich hohen Signaltönen zu Gehör bringt. WiFiSiStr ist ebenfalls Freeware, setzt jedoch das .NET-Framework voraus. Für eine sinnvolle Anzeige in WiFiSiStr muss das Notebook ins WLAN eingebucht sein.

Beide Programme zeigen die Signalstärke als negative dB-Werte an, wobei 0 dBm 1 mW entsprechen. Bei der Optimierung geht es also darum, möglichst nahe bei Null liegende dB-Werte zu erreichen.

Verschieben Sie dazu Ihr Werk auf der AP-Antenne nach und nach, bis die beste Signalstärke erreicht ist. Anschließend drehen Sie die Antenne ebenfalls anhand der Signalstärkeanzeige in die richtige Richtung. An Verbesserungen von einzelnen dB sollte man dabei nicht zu lange herumexperimentieren, da die Signalstärke ohnehin in dieser Größenordnung schwankt.

Wer beim Optimieren nicht wie Grobi in der Sesamstraße zwischen dem Rechner und dem AP hin- und herwetzen möchte, gibt den Notebook-Bildschirm per Remote Desktop oder VNC über das Netzwerk frei. Mit einem zweiten Rechner in der Nähe des AP lassen sich die Verbesserungen dann ganz bequem beobachten.

Wenn Sie die Antenne optimal auf den Balkon ausgerichtet haben, darunter aber die WLAN-Versorgung des etwas querab liegenden Wohnzimmers leidet, richtet die Yagi eventuell zu stark. Das Wohnzimmer liegt dann außerhalb des ungefähr keulenförmigen Bereichs optimaler Versorgung. Falls Sie keine Antennenausrichtung finden, in der beide Zimmer gut versorgt sind, können Sie das vorderste (am weitesten von der AP-Antenne entfernte) Element aus der Antenne entfernen. Sie wird dadurch etwas schlechter, bekommt also eine geringere Richtwirkung. Allerdings sinkt natürlich auch die Signalstärke in der Vorzugsrichtung.

Wenn ein 11g-AP mehrere Antennen hat, spielt es keine Rolle, auf welche Sie die Styropor-Yagi stecken, denn das Funkmodul nutzt automatisch die mit der besten Verbindung. Diese Diversity genanten Funktion muss dafür eventuell im AP eingeschltet werden. Bei einem 11n-AP im 11g-Modus müssen Sie ebenfalls durch Probieren herausfinden, welche der Antennen überhaupt aktiv ist.

Da die Antenne beim Senden und Empfangen auf Seiten des AP wirkt, ist eine zweite am Notebook nur in Extremfällen hilfreich. Außerdem ist es hier noch schwieriger, die integrierte Antenne am Rand des Displays zu finden und die Selbstbau-Yagi korrekt darüber anzubringen.

Theoretisch beträgt der Gewinn der Antenne gut 11 dBi, durch die nicht perfekte Fertigung gehen davon ungefähr 2 dB ab. Die Stummelantenne des AP bringt in der Regel rund 2 dBi, sodass ihr gegenüber ungefähr 7 dB Gewinn bleiben. Das kann dazu führen, dass die gesamte abgestrahlte Leistung über dem Erlaubten liegt. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, sollte man also im AP die Sendeleistung auf ein Fünftel reduzieren. Da auch die Hersteller die erlaubten 100 mW EIRP abgestrahlter Leistung normalerweise nicht ausreizen, bleiben Sie wahrscheinlich auch mit einer Reduktion auf 25% legal.

Die zuständige Bundesnetzagentur schickt zwar nicht von sich aus Messtrupps los, um die Einhaltung des Grenzwerts zu kontrollieren. Doch wer mit einem zu starken Sender andere Netze stört, begeht nicht nur Funk-Vandalisums. Der Gestörte kann die Regulierungsbehörde zur Hilfe rufen und die kann den Störer wegen einer Ordnungswidrigkeit ein schmerzhaftes Bußgeld aufbrummen, das die Freude an der Antenne aus kostenlosen Materialien arg trüben dürfte. (je/c't) ()