FAQ: Günstige SSDs kaufen ohne Reue

SSDs sind momentan besonders günstig zu haben. Doch nicht alle Schnäppchen lohnen sich. In unserer FAQ erfahren Sie, auf was Sie vor dem Kauf achten sollten.

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SSDs als M.2-Kärtchen

(Bild: c't)

Lesezeit: 8 Min.

Zurzeit sind SSDs besonders billig, einige mit 2 Terabyte Kapazität kosten weniger als 80 Euro. Allerdings kann man bei der Schnäppchenjagd auch Gurken erwischen. Daher lohnt es sich, vor dem Kauf auf wichtige Details und Warnzeichen zu achten.

Welche Nachteile haben billige SSDs?

Auf Billig-SSDs sitzen oft etwas ältere Chips, also langsamere Controller und NAND-Flash-Speicherbausteine. Die Controller steuern tendenziell weniger parallele Flash-Kanäle an als bei High-End-SSDs und verzichten auf DRAM-Cache. Viele Billig-SSDs haben noch Controller für PCIe 3.0, zunehmend aber auch für PCIe 4.0 (siehe Glossar). Oft reizen sie aber die damit möglichen Transferraten nicht aus. Bei den meisten PC-Anwendungen spürt man allerdings nicht, ob die SSD nun 2 oder 8 Gigabyte pro Sekunde überträgt.

Wie auf teureren SSDs sitzt auf den meisten Billigheimern entweder Triple-Level-Cell-Flash (TLC) oder langsameres QLC-Flash. Einen Teil davon nutzen die Controller jeweils als Cache, indem sie ihn im flinkeren SLC-Modus (siehe Glossar) betreiben. Durch die langsameren Chips und die simplere Beschaltung sackt die Datentransferrate von Billig-SSDs bei länger andauernden Schreibvorgängen deutlich ab, siehe unten. Bei typischer PC-Nutzung, vor allem als Bürocomputer, spielt dieser Nachteil keine Rolle.

Problematischer kann die bei manchen Billig-SSDs niedrigere garantierte Gesamtschreibleistung sein (Endurance, siehe Glossar), obwohl selbst vergleichsweise niedrige Werte im Bereich von 200 TBW üblicherweise für weit mehr als fünf Jahre PC-Nutzung genügen. Kürzere Garantiefristen sind angesichts der niedrigen Preise ein eher nebensächlicher Nachteil. Störend ist aber fehlender Support bei Firmware und Tools: Für manche Billig-SSDs gibt es niemals Firmware-Updates oder kein komfortables Tool für Firmware-Updates sowie zur Diagnose.

Nachteilig sind auch ungenaue Datenblätter, denen wichtige Parameter fehlen. Damit räumt sich der Hersteller die Möglichkeit ein, unterschiedliche Produkte unter gleichem Namen zu verkaufen. Manche Billigmarken haben zudem keine deutschsprachige Website und nennen keine Support-Ansprechpartner in der EU. Bei Reklamationen ist man dann auf den jeweiligen Händler angewiesen.

Fallen billige SSDs häufiger aus als teurere?

Wir kennen keine belastbaren Zahlen, die darauf hindeuten. Allerdings haben manche Billig-SSDs Einschränkungen, die die Wahrscheinlichkeit für Probleme steigern. Vernachlässigt der Hersteller etwa die Firmware-Pflege, können dort verborgene Schwächen zu Ausfällen führen. Die Kombination verschiedener Controller und Flash-Chips in jeweils relativ geringen Stückzahlen erschwert es dem Hersteller, Serienfehler zu erkennen und die Firmware zu optimieren.

Sind gefälschte SSDs im Umlauf?

Da muss man zwischen internen SSDs (SATA, PCIe) und externen (USB-)SSDs unterscheiden. Letztere tauchen recht häufig als Fälschungen auf Handelsplattformen wie eBay und AliExpress auf. Viele dieser Fälschungen sind aber relativ leicht zu erkennen, weil sie unrealistisch hohe Kapazitäten von mehr als 10 Terabyte haben sollen, jedoch gleichzeitig meistens unter 100 Euro kosten. So billig ist Flash-Speicher dann doch wieder nicht. Passen Sie vor allem auf, wenn der Händler pro TByte Speicherplatz weniger als 40 Euro aufruft.

Wir sind aber auch schon auf gefälschte SATA-SSDs gestoßen; das waren allerdings No-Name-Produkte, die ein uns unbekannter Händler bei eBay verkaufte. Das Äußere dieser SSDs ähnelte zwar typischen Western-Digital-Produkten, nannte diese Marke aber nicht. Obwohl es also bisher anscheinend keine gefälschten Marken-SSDs gibt, raten wir zu Wachsamkeit. Die Wahrscheinlichkeit, eine Fälschung zu erwischen, ist kleiner, wenn man ein Produkt einer bekannten Marke kauft, etwa eine bereits in c’t konkret getestete SSD. Achten Sie auch darauf, dass es eine Hersteller-Website mit genauen Angaben zum Produkt gibt, möglichst auch ein Datenblatt mit genau zur SSD passenden Typenbezeichnung (also Zahlen-Buchstabenkombination).

Das Datenblatt sollte die wesentlichen Eckdaten nennen, also Kapazität, Schnittstellentyp (SATA 6G, PCIe-Generation), Bauform, zugesicherte Haltbarkeit, Garantiefrist sowie möglichst auch die Geschwindigkeit bei sequenziellen und zufälligen Zugriffen (IOPS).

„Made in Chona“: Diese bei eBay verkaufte No-Name-SSD erwies sich als Fälschung, die statt 1 TByte bloß 110 GByte speichert und sich nur schnarchlahm beschreiben lässt.

Wie interpretiere ich die Angaben zur SSD-Haltbarkeit in TBW (Terabytes Written) und DWPD (Drive Writes per Day)?

Jede einzelne NAND-Flash-Zelle verträgt nur wenige Tausend Schreib- beziehungsweise Löschzyklen. Danach behält sie im besten Fall zwar ihren Dateninhalt, lässt sich aber nicht mehr überschreiben. Durch Fehlerkorrekturfunktionen und gleichmäßige Verteilung der Schreibzugriffe (Wear Leveling) auf die Abermilliarden Zellen sorgen SSD-Controller und -Firmware dafür, dass die SSD lange zuverlässig funktioniert – nach unseren Erfahrungen meistens weit über die TBW-Angabe hinaus. Die DWPD-Angabe ist nur eine andere Formulierung, siehe Glossar.

Ein typisch genutzter Büro-PC schreibt pro Tag weniger als 20 GByte auf die SSD; bei jährlich 225 Arbeitstagen addiert sich das auf gerade mal 4,5 TByte im Jahr. Selbst die zehnfache Belastung sollte eine Billig-SSD mit 240 TBW mehr als fünf Jahre lang durchhalten, aber in diesem Preisbereich findet man selten mehr als drei Jahre Garantie.

Wenn Sie schon wissen, dass Sie extrem viele Daten schreiben wollen, ist eine Billig-SSD die falsche Wahl, vor allem ein Modell ohne Angabe der Endurance. Falls Sie in Ihrem Rechner schon eine SSD haben, können Sie möglicherweise deren Belastung mit einem Auslesetool wie CrystalDiskInfo ermitteln, um Ihren individuellen Bedarf an Schreibleistung einzuschätzen.

Kann die langsamere Datentransferrate mancher SSDs bei langen Schreibvorgängen den PC spürbar einbremsen?

Selten. Praktisch alle SSDs mit TLC- oder QLC-NAND-Flash nutzen einen dynamischen Anteil ihrer Kapazität als schnellen Schreibcache, der häufig als SLC- oder pSLC-Cache bezeichnet wird. Der fasst bei einer relativ leeren SSD manchmal einige 100 Gigabyte, schrumpft aber mit wachsendem Füllstand teils auf weniger als 20 GByte. Ist der Cache voll, zeigt sich die eigentliche Schreibgeschwindigkeit der Flash-Chips und die liegt im Extremfall unter 100 Megabyte/s, also unter der von modernen Festplatten. Der Cache lässt sich hingegen oft mit 2 GByte/s oder sogar deutlich schneller befüllen.

In der Praxis kommt es jedoch extrem selten vor, dass mehrere Dutzend Gigabyte Daten am Stück geschrieben werden. Stattdessen schreibt das System sehr häufig viel kürzere Datenpakete. Diese verschiebt der SSD-Controller anschließend aus dem SLC-Cache in den normalen Speicherbereich, dann ist der Cache wieder frei. Daher spielt die Dauerschreibleistung einer SSD bei typisch genutzten PCs keine wesentliche Rolle. Klar ist umgekehrt aber auch, dass man keine Billig-SSD kaufen sollte, wenn man darauf häufig sehr große Datenmengen schreiben möchte.

Manche Billig-SSDs wie diese Silicon Power UD85 haben zwar einen PCIe-4.0-Controller, liefern aber nur PCIe-3.0-Geschwindigkeit. Die TLC-NAND-Flash-Chips der UD85 entstammen einer älteren Generation des chinesischen Herstellers YMTC.

Ist es problematisch, dass manche Hersteller SSDs mit gleicher Typenbezeichnung mit unterschiedlichen NAND-Flash-Chips und Controllern bestücken?

Manche Firmen bauen SSDs trotz gleicher Typenbezeichnung je nach Fertigungscharge aus verschiedenen Komponenten zusammen. Es können also NAND-Flash-Chips von unterschiedlichen Zulieferern, mit unterschiedlichen Kapazitäten oder mit unterschiedlichem Aufbau (TLC oder QLC) zum Einsatz kommen und zuweilen sogar verschiedene SSD-Controllerchips mit jeweils anderer Firmware.

Bei unterschiedlich bestückten SSDs erwischt man nur mit Glück performancemäßig identische Produkte. Denn Testergebnisse eines Musters gelten nicht für ein später gekauftes Exemplar. Das kann etwa Datentransferrate, Latenz (IOPS), Leistungsaufnahme, Erhitzung, Kompatibilität und Haltbarkeit betreffen; der Hersteller muss nur für jene Daten geradestehen, die er im Datenblatt genannt hat, das zum Zeitpunkt des Kaufs aktuell war. Prüfen Sie diese Angaben also vor dem Kauf und archivieren Sie sie.

Abkürzung Bedeutung
NAND-Flash nichtflüchtige Halbleiterspeicher mit Not-AND-(NAND-)Verschaltung der Zellen
SLC, MLC, TLC, QLC Flash-Speicherzellen, die unterschiedliche viele Informationen speichern: Single Level Cell (SLC: 1 oder 0 = 1 Bit),
Multi Level (MLC: 2^2 Bit = 4 Zustände), Triple Level (TLC: 2^3 = 8 Zustände), Quadruple Level (QLC: 2^4 = 16 Zustände)
SATA Schnittstelle Serial ATA, seit 2008 als SATA 6G mit 6 Gbit/s für circa 500 MByte/s
PCIe Schnittstelle PCI Express, PCIe 3.0 x4 mit rund 3,9 GByte/s, PCIe 4.0 x4 mit 7,8 GByte/s
M.2 kompaktes Steckmodulformat, M.2 2280 2,2 cm breit und 8 cm lang, meistens mit PCIe x4 beschaltet
TBW, PBW die zugesicherte Haltbarkeit (Endurance) von SSDs wird oft in Terabyte Written (TBW) oder Petabyte Written (PBW)
angegeben, also Menge der insgesamt auf die SSD geschriebenen Daten (manchmal auch Host Writes genannt)
DWPD Drive Writes per Day im Rahmen der Garantiefrist. Beispielrechung für eine 1-TByte-SSD mit 3 Jahren (1095 Tagen)
Garantie, die täglich einmal komplett überschrieben würde: 1 DWPD = 1,095 PBW
IOPS I/O per Second, Anzahl der Datentransfers pro Sekunde bei Zugriff auf zufällig verteile Adressen, oft auf 4-KByte-Blöcken
seq. Read/Write Datentransferrate bei sequenziellem Zugriff auf größere Dateien, Lesen/Schreiben
QD Queue Depth, Anzahl der ausstehenden Zugriffe; maximale IOPS-Werte oft erst bei QD größer 16 erreicht

(anka)