Sonnenschirm fürs Notebook

Viele Notebook-Displays zeigen wegen ihrer spiegelnden Oberfläche eher die Umgebung als den Inhalt – zum Ärger manchen Käufers. Entspiegelungsfolien reduzieren die Reflexionen deutlich.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Florian Müssig
Inhaltsverzeichnis

Manche erfreuen sich an Displays mit glatter Oberfläche, die Spiele, Videos und Fotos in knackigen Farbtönen zeigen; andere verfluchen hingegen die Reflexionen des Umgebungslichts. Es hängt vom Lichteinfall ab, wie sehr die Spiegelung stört. Das Licht eines Fensters oder einer Lampe kann man zu Hause oder im Büro durch geschicktes Platzieren des Notebooks vielleicht noch verringern, ein konzentriertes Arbeiten im Flugzeug oder Zug ist aufgrund der permanent wechselnden Lichtverhältnisse und Bewegungen nahezu unmöglich. Leider hat man als Käufer nur selten die Wahl zwischen matter und glatter Panel-Oberfläche, besonders Consumer-Notebooks haben fast ausschließlich Spiegel-Displays im Deckel.

Wer ein Notebook mit einem solchen Glare-Display – so der Branchenjargon – hat und nicht mit dem Spiegelungen leben will oder kann, für den gibt es nur eine sinnvolle Möglichkeit, die Spiegelungen zu reduzieren: das Aufbringen einer Entspiegelungsfolie. 3M bietet unter dem Markenname Vikuiti die Anti-Reflexionsfolie ARMR-200 zu Preisen zwischen 25 Euro und 60 Euro je nach Größe des zu entspiegelnden Displays an. Für PDA- und Smartphone-Panels haben auch andere Anbieter Folien im Programm (siehe Sonnenfilter), nicht jedoch für die größeren Notebook-Displays.

Die Folie hat eine leicht angeraute Oberfläche, ähnlich wie bei matten Displays, streut das Licht aber nicht so stark. Die eigentlich wirksame Entspiegelung passiert in verschiedenen Schichten mit Schichtdicken unterhalb der Lichtwellenlänge ("Lambda/4-Schicht"). An den verschiedenen Grenzflächen reflektiertes Licht löscht sich durch destruktive Interferenz im Idealfall aus. Da dies pro Schicht nur für einen kleinen Wellenlängenbereich gilt und von der Schichtdicke abhängt, sorgen mehrere Schichten mit unterschiedlicher Dicke für die Auslöschung eines großen Spektralbereichs des Lichts. Genauso funktioniert auch die Entspiegelungssschicht einer Brille.

In der Praxis ist das nicht perfekt – wegen der begrenzte Anzahl der Schichten und der Genauigkeit der Dicke. Wellenlängen im roten Bereich des Spektrums werden besser ausgelöscht als solche im violetten Bereich – daher die Lilafärbung der Reflexionen auf dem behandelten Panel.

Das Aufbringen der selbsthaftenden Folie ist eine schwierige Angelegenheit: Nach dem Säubern des Displays muss die Folie von einer Ecke aus vorsichtig und am Besten mit gleichmäßiger Kraft und Geschwindigkeit angedrückt werden. Eine nur minimal schräg aufgesetzte Folie lässt spiegelnde Bereiche frei, die dann umso mehr stören; zudem stören selbst kleinste unter der Folie eingeschlossene Luftblasen oder Staubpartikel.

Für ein einwandfreies Ergebnis sollte man das Auflaminieren der Folie lieber Spezialisten und deren Maschinen überlassen. Im deutschsprachigen Raum macht das unseres Wissens nur die Aichacher Firma TDComponents. Zwar ist die Folie ARMR-200, die per Adhäsion am Panel haftet, ablösbar und man kann sie deshalb gefahrlos selbst auisprobieren, doch fast immer bleiben Blasen und Staubteilchen störend sichtbar. TDComponents laminiert auch die Variante ARMP-200 von 3M auf Panels. Dieser Folientyp ist nicht im freien Handel erhältlich und klebt fest mit der obersten Panelschicht, dem Polarizer, zusammen. Das Material, das Auflaminieren sowie der Aus- und Einbau des Displays kosten etwa 100 Euro.

Der Ausbau des Panels aus dem Notebookdeckel ist notwendig, um die Folie mit der Laminiermaschine aufbringen zu können. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird die ARMP-200-Folie passend auf den im Panelrahmen sichtbaren Bereich des Displays zugeschnitten, oder die Techniker nehmen den Rahmen des Panels ab und befestigen die (dann etwas größer bemessene) Folie darunter – so sieht man später garantiert keinen Rand mehr. Leider ist die zweite Variante nicht bei allen Panels möglich: Laut TDComponents verklebt der Displayhersteller Hitachi den Rahmen so fest mit seinen Panels, dass ein Abnehmen sehr heikel ist. Bei zwei bis drei von zehn Panels würde die Glasplatte im Panel brechen – Totalschaden.

Das vorbereitete Panel kommt in einen Reinraum, wo ein Techniker die Oberfläche säubert. Für Fingerabdrücke und Staub genügt ein Mikrofasertuch; hartnäckigere Rückstände werden mit Lösungsmitteln und feinen Tüchern entfernt. Sollte der Polarizer beschädigt sein, beispielsweise durch Kratzer, so können die Techniker ihn vor dem Aufbringen der Entspiegelungsfolie komplett abziehen, die darunterliegende Glasschicht von Kleberrückstände befreien und einen neuen aufbringen.

Das derart vorbereitete Panel kommt auf den Laminiertisch; die zuvor zurechtgeschnittene Folie wird mit Klebestreifen an einem Ende fixiert und über eine Rolle an einer Zugvorrichtung befestigt. Nach einer weiteren Reinigung der Paneloberfläche mit Druckluft entfernt der Techniker die untere Schutzschicht der Entspiegelungsfolie; die Laminierungsmaschine drückt sie mit der haftenden Seite gleichmäßig auf das Panel. Beim zweiten Walzvorgang in Gegenrichtung zieht die Maschine die obere Schutzschicht ab. Sollten sich beim Laminieren trotz maschineller Unterstützung Lufteinschlüsse unter der Entspiegelungsfolie bilden, kann der Techniker sie jetzt noch entfernen und mit einer neuen Folie von vorne beginnen – nach wenigen Tagen klebt sie so fest am Polarizer, dass ein Abziehen diesen mit abreißen würde.

Abschließend baut ein Techniker das Panel wieder zusammen (sofern der Panelrahmen entfernt wurde), setzt es in den Notebookdeckel ein und verbindet es wieder mit den Daten- und Stromkabeln. Nach einem Funktionstest ist der Umbau abgeschlossen; er dauert insgesamt weniger als eine Stunde.

Wir haben das 13,3-Zoll-Notebook Satellite Pro U300, das Toshiba mit einem glatten Panel verkauft, von TDComponents mit einer ARMP-200-Folie entspiegeln lassen und das Panel vor und nach der Entspiegelung im Labor gemessen. Der subjektive Eindruck der Entspiegelungsfolie überzeugt: Wo vorher Lampen oder Fenster im Hintergrund deutlich zu erkennen waren, sieht man danach lediglich lilafarbene, leicht verschwommene, deutlich dunklere Lichtflecke. Eine starke Streuung des einfallenden Lichts und damit verbunden ein komplettes Verschwinden von Strukturen, wie es bei Panels mit von Haus aus matter Oberfläche vorkommt, leistet die Anti-Reflexionsfolie von 3M allerdings nicht.

Sie schluckt etwa ein bis drei Prozent an Helligkeit, je nach darunter liegendem Polarizer. Die meisten Notebook-Panels leuchten mit 100 bis 200 cd/m²; der Helligkeitsverlust beträgt also nur wenige Candela. Das liegt im Rahmen der Mess- und Blickgenauigkeit: War es vorher hell genug, ist es das auch nach dem Aufbringen der Folie noch. Der Kontrast verschlechterte sich beim Testnotebook von vorher 541:1 auf 505:1 mit ARMP-200, doch auch dieser Unterschied ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Auf den dargestellten Farbraum hatte die Anti-Reflexionsfolie keine Auswirkungen; die Koordinaten der Grundfarben im Farbraum blieben identisch.

Damit spricht von technischer Seite nichts gegen das Laminieren der Anti-Reflexionsfolie auf ein Notebook-Panel, allerdings riskiert man den Verlust der Hersteller-Garantie. Wir haben bei einigen Notebook-Herstellern nachgefragt, ob das Aufbringen der Anti-Reflexionsfolie die Garantie verwirkt. Einheitliche Antwort: Da TDComponents kein offizieller Reparaturpartner sei, könne man nach dem Ausbau des Panels keine Garantie mehr darauf gewähren. TDComponents kennt das Problem und tauscht bei einem Defekt in der Garantiezeit das Panel im Rahmen einer eigenen Kulanz aus.

Ob man mit der Laminierung nur den Garantieanspruch auf ein neues Panel oder auf sämtliche Komponenten des Notebooks verliert, hängt vom Hersteller ab. Apple lehnt beispielsweise die Garantie für Produkte und Teile ab, die ohne schriftliche Erlaubnis geändert wurden – ob das Panel nun als Teil gilt oder mit der Laminierung das Gesamtprodukt Notebook verändert wurde, konnte uns Apple nicht mitteilen. Dell sagt klipp und klar, dass durch das Laminieren der Service-Anspruch verloren geht, da das Unternehmen davon ausgehen muss, dass beim unautorisierten Umbau mitunter andere Komponenten in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Hersteller MSI zeigte Interesse an der ihm bislang unbekannten Dienstleistung und wollte versuchen, TDComponents als offiziellen Partner anerkennen zu lassen; bislang verliert man aber auch bei MSI die Garantieansprüche.

Toshiba teilte hingegen mit, dass man lediglich für Mängel, die auf den Panelausbau oder die Laminierung zurückzuführen sind, die Garantie verweigere – andere Fälle seien davon nicht betroffen. Ähnliche Antworten kamen von Asus, Fujitsu Siemens und Lenovo. Wie das in der Praxis bei diesen Herstellern aussehen dürfte, sagt Asus ganz unverblümt: Ob ein Garantiefall vorliegt, entscheidet der Support-Mitarbeiter von Fall zu Fall. Mit anderen Worten: ein Restrisiko bleibt, den Beteuerungen der Hersteller zum Trotz. (mue) (ll)