Infrarot-Retusche abfotografierter Dias
Gute Filmscanner sind eine im Aussterben befindliche Spezies, stattdessen gewinnt das Abfotografieren von Dias an Bedeutung. DSLRs fehlt allerdings eine automatische Staubretusche mangels Infrarotkanal. Wir haben eine Methode entwickelt, wie man Dias inklusive Infrarotkanal abfotografiert und automatisch von Störpartikeln befreit.
- Thomas Gade
Auf vielen Dias und Negativen befinden sich Staub, Fingerabdrücke und Kratzer. Beim gescannten Bild erscheinen sie als dunkle oder helle Artefakte. Die manuelle Retusche solcher Defekte ist ein zeitaufwendiges und mühseliges Unterfangen. Daher wurden schon vor Jahrzehnten Methoden zur Erkennung und automatischen Rekonstruktion defekter Bildstellen als Bestandteil des Scanvorgangs entwickelt. In den späten 1990ern stellte das US-Amerikanische Unternehmen Applied Science Fiction mit Digital ICE (Digital image correction and enhancement) ein damals bahnbrechendes Verfahren vor, das auf die Infrarotabtastung der Vorlage setzt. Inzwischen gibt es zu Digital ICE diverse Alternativen wie beispielsweise iSRD (SilverFast), InfraredClean (VueScan), Magic Touch (Reflecta) und Fare (Canon). Allen ist gemein, dass sie eine gescannte Bilddatei benötigen, für abfotografierte Bilder eigenen sie sich nicht. Wir haben daher ein neues Verfahren entwickelt, welches eine automatische Retusche per Infrarotkanal erstmals auch mit abfotografierten Dias ermöglicht. Hierfür war teils mühselige Grundlagenarbeit erforderlich, denn bisher mangelt es sowohl an geeigneter Hardware als auch an entsprechender Software. In diesem Artikel stellen wir das Verfahren im Detail vor.
Infraroterkennung
Man hatte festgestellt, dass die Farbstoffe der meisten handelsüblichen Farbfilme für Infrarot transparenter sind als Staub und andere Verunreinigungen. Daher werden Vorlagen mit sichtbarem Licht gescannt und zusätzlich mit Infrarot. Dies stellt besondere Anforderungen an die Scanner. Neben den RGB Kanälen für eine digitale Kopie in natürlichen Farben, gibt es einen zusätzlichen Infrarotkanal, in dem die Defekte deutlich dunkler sind als das eigentliche Bild. Dies nutzt man, um Stellen zu markieren, an denen eine Retusche stattfinden soll. Die Scansoftware ersetzt die dunklen Defekte gegen Tonwerte, die der unmittelbaren Umgebung angepasst sind. Digital ICE und entsprechende Verfahren setzen also eine Kombination aus spezieller Hard- und Software voraus, außerdem eignen sich nicht alle Vorlagen für die Infrarotabtastung.
Zu den Vorreitern der Einführung dieser Technik bei Scannern gehört das Unternehmen Nikon. 1998 erschien der Filmscanner Super Coolscan LS-2000 mit Digital ICE auf dem Markt. Er überzeugte auf Anhieb mit hervorragenden Ergebnissen. Die magisch anmutende digitale Reinigung der Bilder, die heute als selbstverständlich betrachtet wird, war damals spektakulär, heute ist sie zumindest bei besseren Filmscannern Standard. Das Verfahren setzt aber geeignete Vorlagen wie E6-Farbias oder C41-Farbnegative voraus. Die Infrarotabtastung funktioniert generell nicht mit herkömmlichen klassischen Schwarz weißfilmen. Grund: Deren Bilder bestehen aus Silberhalogeniden, die Infrarot in ähnlicher Weise wie Staub und Kratzer absorbieren. Ausnahmen bilden chromogene Schwarzweißfilme, die im Farbnegativprozess C 41 entwickelt werden, wie der Ilford XP2 oder Kodak BW400CN. Kodachrome Diafilme sind nur eingeschränkt für die infrarotbasierte Retusche geeignet. Nur wenige Filmscanner wie beispielsweise der Nikon Coolscan 9000 beherrschen dieses Verfahren bei Kodachrome-Dias ohne unerwünschte Fehler zu produzieren.
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