Notfall-Windows selbst gebacken

Den Wunsch nach einem echten Windows, das direkt von CD startet und bei der Systemreparatur hilft, hat Microsoft bisher nicht erfüllt. Der PE Builder schließt diese Lücke: Mit den Dateien einer normalen Installations-CD gefüttert, brennt er im Handumdrehen das ideale Notfall-Windows. Unsere c't-Edition haben wir mit zwei aktuellen Virenscannern und weiteren Werkzeugen aufgewertet, die Ihnen bei vielen PC-Katastrophen zur Seite stehen.

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Von
  • Karsten Violka

Die gute alte DOS-Diskette diente über viele Jahre hinweg als unverzichtbares Handwerkszeug, mit dem sich Administratoren Zugang zu streikenden PCs verschafften. Mit einem garantiert sauberen Betriebssystem, das allzeit bereit von einem Bootmedium startet, lassen sich im Notfall Daten ins Netzwerk retten, Fehlkonfigurationen beheben und Viren beseitigen.

Microsoft bietet bis heute kein adäquates Rettungsmedium für die aktuellen Windows-Ausgaben an - von der nur eingeschränkt nützlichen Wiederherstellungskonsole, die von den Installations-CDs startet, einmal abgesehen. Die Redmonder haben mit Windows PE (Preinstallation Environment) aber einen würdigen DOS-Erben in der Schublade. Windows PE ist ein Mini-Betriebssystem, das von CD oder DVD startet, keinen virtuellen Speicher einrichtet und die Festplatte des PC unberührt lässt. Es eröffnet bequemen Zugang zum Netzwerk, geht souverän mit moderner Hardware - etwa USB-Speichermedien - um und beschreibt mit Microsofts Treibern mühelos Festplatten, die mit dem Dateisystem NTFS formatiert sind.

Wie der Produktname schon sagt, vermarktet Microsoft das Mini-Windows aber als reine Installationsumgebung. Zielgruppe sind ausschließlich große Firmenkunden und Partner, die Windows automatisiert im Netzwerk installieren möchten. Mit den Remote Installation Services (RIS) booten nackte PCs ohne eigenes Betriebssystem Windows PE direkt von einem Server im Netzwerk, das anschließend ein ausgewachsenes Windows auf der Festplatte nachinstalliert. Endkunden können Windows PE nicht erwerben.

Damit wollte sich der niederländische Entwickler Bart Lagerweij nicht abfinden. Schon im Jahr 2002 stellte er die erste Version seines Werkzeugs PE Builder vor, das aus den Dateien einer normalen Windows-Installations-CD ein bootfähiges PE-System zusammenbaut [1]. Zur Unterscheidung seiner Selbstbau-Variante von Microsofts Original taufte er sie „BartPE“. Technisch unterscheidet sie sich nicht: Die Fähigkeit, von CD zu starten, ist fest im Kernel von Windows XP eingebaut.

Das Mini-Windows gibt sich in der Grundausstattung recht spartanisch. Ohne spezielle Erweiterungen muss man auf die Desktop-Funktionen, den Internet Explorer, den Explorer für die Dateiverwaltung und die meisten bordeigenen Konfigurationswerkzeuge verzichten. Im Unterschied zu Microsofts Original-PE, das lediglich den XP-Kernel startet und seinem Benutzer nur eine schnöde Eingabeaufforderung anbietet, bringt Barts System immerhin ein flexibles Startmenü mit, das schon in der Grundversion viele nützliche Werkzeuge bereitstellt. Die Einschränkungen des Originals, das nur sechs Prozesse gleichzeitig ausführt und nach 24 Stunden den PC neu startet, sind in BartPE nicht wirksam.

Zusätzliche Programme und Funktionen lassen sich mit speziellen PE-Builder-Paketen nachrüsten, die Bart Lagerweij „Plug-ins“ nennt. Der PE Builder arbeitet solche Pakete, die Programmdateien, Menüeinträge und die PE-spezifische Konfigurationen bündeln, auf Wunsch in die CD ein. Mittlerweile bastelt eine große Fangemeinde solche PE-Builder-Plug-ins. Das Modul namens „XPE“ des italienischen Entwicklers Sherpya erweitert das Notfallsystem sogar zu einer beinahe vollständigen Windows-Umgebung inklusive Desktop, Startmenü und Internet Explorer. Wie man solche Module für den PE Builder selbst erstellt, um eigene Werkzeuge auf der CD nachzurüsten, lesen Sie ab Seite 134 in c't 18/05.

Auf der Heft-CD finden Sie unsere aufgebohrte c't-Edition der aktuellen Version 3.1.5 des PE Builder, die wir in Zusammenarbeit mit Bart Lagerweij und dem PE-Spezialisten Markus Debus entwickelt haben. Die Heft-CD selbst ist nicht bootfähig, Sie benötigen einen CD-Brenner und eine Installations-CD von Windows XP, um ein vorkonfiguriertes Notfall-Windows herzustellen.

Die c't-Edition bringt bereits viele wertvolle Programme mit, die wir sorgfältig getestet und integriert haben. Unser Ziel war es, ein Rettungssystem zusammenzustellen, mit dem Sie PCs perfekt von Viren, Spyware und anderen Schädlingen befreien. Mit an Bord sind die aktuellen Virenscanner AVK 2005 und Bitdefender 8. Damit die Scanner auch die jüngsten Schädlinge aufspüren, können Sie ihre Virensignaturen via Internet auffrischen. Das Notfall-Windows kann über einen Netzwerkrouter Verbindung aufnehmen oder selbst per DSL eine DFÜ-Verbindung aufbauen. Das funktioniert sogar mit manchen ISDN-Karten und internen Analogmodems, die einen Chipsatz von SmartLink verwenden.

Für Ausflüge ins WWW steht der Web-Browser Firefox bereit. Selbst wenn der verunglückte PC gar nicht mehr von der Festplatte bootet, können Sie sich so Hilfestellungen ergooglen und Informationen über gefundene Schädlinge einholen. Auch das E-Mail-Konto beim Web-Mailer bleibt im Notfall erreichbar.

Werbe-Trojaner und Dialer beseitigt die PE-Version von Spybot Search & Destroy. Dessen Autor Patrick Kolla hat für unser Projekt noch ein zusätzliches Tool entwickelt: Mit dem RegAlyzer können Sie vom Rettungssystem aus konfigurieren, welche Programme und Dienste das auf Platte installierte Windows automatisch starten darf. Ab Seite 130 in c't 18/05 zeigen wir, wie Sie einen befallenen PC mit den Werkzeugen des Notfall-Windows entwanzen.

Weil BartPE beim Start von sich aus nichts auf die Festplatten schreibt, eignet es sich sehr gut für die Rettung von Daten. Von der Boot-CD aus haben Sie Zugriff auf sämtliche Dateien der angeschlossenen Laufwerke. Zwar beachtet auch BartPE die im NTFS-Dateisystem hinterlegten Zugriffsberechtigungen - das Live-Windows greift aber stets mit den umfassenden Rechten des Systemkontos darauf zu. Alle Dateien können Sie leicht etwa auf einer externen USB-Festplatte oder im Netzwerk sichern. Die Brennsoftware DeepBurner steht zum Beschreiben von CDs oder DVDs bereit.

Mit zwei Datenrettungswerkzeugen stellen Sie versehentlich gelöschte Dateien wieder her oder reanimieren die Daten einer nicht mehr lesbaren Festplatte: Das leistungsfähige Easy Recovery ist in der Lite-Version vertreten, die als Einschränkung nur 25 Dateien in einem Arbeitsgang wiederherstellt. Das kostenlose FileRecovery des Datenretters Convar ist in vollem Umfang nutzbar. Die Rettungs-CD enthält außerdem die Imager-Software Drive Snapshot, mit der Sie den aktuellen Inhalt einer Windows-Partition als Notfallkonserve in Image-Dateien sichern können [2].

[1] Karsten Violka, Henk de Jong, Windows XP live auf CD, Die ultimative Rettungs-CD mit Windows PE, c't 2/04, S. 180

[2] Karsten Violka, Notfallkonserven, Vier Festplatten-Imager im Praxistest, c't 2/05, S. 170

http://ct.de/0518122

"Windows von CD"
Weitere Artikel zum Thema Windows von CD finden Sie in der c't 18/2005:
PE Builder c't-Edition S. 122
Software-Schädlinge löschen S. 130
Zusätzliche Programme integrieren S. 134

(kav)