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Retro-Corner: Samples mit einem selbstgebauten Amiga-Audio-Digitizer aufnehmen

Carsten Wartmann
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Der Commodore Amiga war der erste Heimcomputer, der problemlos Samples als Hauptsoundquelle benutzen konnte. So entstand der Bedarf, eigene Sounds aufzunehmen.

Nicht nur die damals wegweisende Grafik des Commodore Amiga war der Schlüssel zum Erfolg des C64-Nachfolgers, sondern auch die Musik und die Sound-Effekte, welche die Spiele anreicherten. Im Gegensatz zu seinen Vorläufern und der Konkurrenz war er dank des Amiga Sound-Chips Paula direkt für die Ausgabe von vier Stimmen als digitale 8-Bit-Samples ausgelegt.

Vorbei die Zeit der einfachen Wellenformen und Filterspiele – die Sounds und Instrumente wurden natürlicher und facettenreicher. Natürlich konnte man auch kurze Samples mit einfachen Wellenformen wiedergeben und so die Synthesizer-Sounds der Vorgänger emulieren und dabei noch Speicherplatz sparen.

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Dank seiner musikalischen Fähigkeiten erschuf der Amiga eine ganze Generation von Musikern und Produzenten. Software der Wahl waren die Tracker, mit denen man die Songs mit entsprechenden Samples (bzw. den Instrumenten), der Tonhöhe und Effekten, sozusagen programmieren konnte. Die Hacker dieser Zeit stürzten sich auf diese Art des Programmierens von Musik, jenseits der üblichen Notation. Und auch heutzutage gibt es wieder MIDI-Musikinstrumente, die diese Art der Programmierung von Musik ermöglichen.

 Octamed war einer der beliebtesten Tracker.,

Octamed war einer der beliebtesten Tracker.

Nur ein Problem gab es: Wie bekommt man neue Instrumenten-Samples auf den Amiga? Oder wie konnte man, vom aktuellen Vinyl oder aus dem Radio, Samples der aktuellen Hits gewinnen? Bald gab es Digitizer, die über den Parallelport angeschlossen wurden und auf Analog-Digitalwandler-Chips (A/D-Wandler) basierten. Am Parallelport konnte man mit Mühe die nötigen Sample-Frequenzen von etwa 50kHz bei 8-Bit erreichen, dies war bis auf Weiteres State of the Art.

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Neben den kommerziellen Produkten wurde auch immer weiter getüftelt und Bauanleitungen veröffentlicht, durch Eigenbau konnte man die Ausgaben deutlich senken. Allerdings kosteten die A/D-Wandler-Chips immer noch ca. 30 Deutsche Mark, das erforderte schon Mut, daran zu löten. Der Amiga-Parallelport ist ebenfalls sehr empfindlich und schon durch falsches "Ansehen" konnte man einen der Treiber-Chips (8520 CIA) zerstören. Trotzdem machte ich mich mit einem Schaltplan daran, eine Version mit dem Ferranti ZN427 zu bauen. Ich kann leider nicht mehr genau nachvollziehen, woher ich den Schaltplan hatte. Der Autor hat sich aber augenscheinlich sehr direkt am Datenblatt des Chips orientiert.

Die Lötkünste meines fast 30 Jahre jüngeren Ichs,

Die Lötkünste meines fast 30 Jahre jüngeren Ichs

Der Amiga sendet das Startsignal auf der STROBE-Leitung, die mit WR verbunden ist. Der ZN427 digitalisiert das anliegende Signal dann und benutzt dazu den Takt, den der zweite Chip generiert, ein SN7413-Schmitt-Trigger. Dabei agiert der SN7413 als astabiler Multivibrator und glättet das Taktsignal. Der Amiga liest ein Byte ein und nun kann wieder ein STROBE-Signal generiert werden, welches den Vorgang wiederholt. Über Verzögerungen in dieser Schleife kann man so auch die Samplerate einstellen.

Immerhin hat diese Bastelei funktioniert und ich war auch noch im Jahr 2022 in der Lage, auf meinem Amiga 2000 Samples aufzunehmen und diese zu einem kleinen Song zusammenzustellen. Ausprobiert habe ich meinen Sampler allerdings zuerst an einem Teensy-3.2 Mikrocontroller, um ganz sicher zu sein, dass ich meinen wertvollen Amiga nicht beschädige. Den Code dazu habe ich übrigens von einem Projekt (Download via GitHub) [6], welches einen Amiga-Sampler mit modernen Bauteilen realisiert, da die alten Geräte sehr hohe Liebhaberpreise erzielen.

 Formschönes Metallgehäuse in Hammerschlag-Lack,

Formschönes Metallgehäuse in Hammerschlag-Lack

Immer wieder erstaunt mich der Amiga mit seinen Fähigkeiten und dass er mit seinem heutzutage lächerlichen Prozessor und Speicher innerhalb von wenigen Sekunden in eine grafische Multitasking-Umgebung booten kann.

In unserem Online-Video schnuppern wir etwas Retro-Computer-Luft.

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(caw [8])


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[5] https://www.heise.de/make/
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