Smarte Steckdosen ohne Hersteller-Cloud betreiben

Die Steuerung per Cloud ist bequem, aber man gibt viele Daten preis. Wir zeigen, welche Modelle auch ohne Cloudverbindung laufen und wie das geht.

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Smarte Steckdosen ohne Hersteller-Cloud betreiben
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Merlin Schumacher
Inhaltsverzeichnis

Ein Kommando im Smart Home hat fast immer einen langen Weg hinter sich: vom Sprachassistenten oder der App aufgenommen, zur Analyse in dessen Cloud geschickt und dort verarbeitet. Dann geht die Reise weiter in die Cloud vom Hersteller des zu steuernden Gerätes und von dort zurück ins intelligente Eigenheim. Viele Daten fließen, damit die nur selten genutzten Spielkonsolen an der smarten Steckdose nicht unnötig Strom verdödeln.

Man kann den Weg aber auch abkürzen: Man tippt einen Knopf an, die Smart-Home-Steuerung sendet per MQTT (oder einem anderen Protokoll) ein Kommando an die Schaltsteckdose. Fertig. Dabei hat kein Byte das Heimnetz verlassen. Damit das klappt, muss man bei den meisten Steckdosen die Firmware austauschen. Das gelingt bei vielen sogar ohne Lötkolben. Manche muss man nur mit der richtigen Software ansteuern, andere sind von der Cloud untrennbar.

In drei der Steckdosen steckt der populäre Mikrocontroller ESP8266 (Avatar AWP08L, Teckin SP22, Sonoff S26F). Die Geräte von Avatar und von Teckin stammen vom OEM-Hersteller Tuya und lassen sich mittels des von c’t bereitgestellten Tools Tuya-Convert mit einer alternativen Firmware bespielen. Neuere Fassungen der Teckin-Steckdose laufen aber nicht mehr mit Tuya-Convert. Daher ist diese eher nicht zu empfehlen. Gelötet werden muss dafür nicht, aber man braucht einen Computer mit WLAN-Modul und Linux.

Die Sonoff S26F verwendet eine andere Firmware. Hier muss man den Lötkolben schwingen, um sie auszutauschen. Das aber selbstverständlich nur, während die Dose vom Stromnetz getrennt ist! Anschließend lässt sich auch die S26F per MQTT in die Hausautomation integrieren.

Tuya-Convert liefert die ESP-Firmware Sonoff-Tasmota mit, weil diese sehr flexibel ist. Die Firmware wurde ursprünglich für die Smart-Home-Produkte von Sonoff entwickelt, die alle auf dem ESP8266 basieren. Daher läuft sie auf den Tuya-Geräten und empfiehlt sich ebenso für die S26F.

Bei den Modellen von TP-Link und D-Link kann man mit entsprechenden Erweiterungen auf deren API zugreifen. Für Node-Red, das den Kern des c’t-Smart-Home bildet, sind das node-red-contrib-tplink-smarthome (Anleitung) und node-red-contrib-dlink-dspw (Anleitung). Bei der Edimax SP-2101W V2 gibt es eine API-Dokumentation für Abfragen per HTTP-Requests. Für die AVM-Dose gibt es mehrere Erweiterungen: node-red-contrib-smartfritz (Anleitung) versteht sich nur auf die DECT-Steckdose. node-red-contrib-fritzapi (Anleitung) kann allerhand AVM Smart-Home-Hardware steuern.

Käufer der Amazon-Steckdose und der PM5 von Vocolinc haben Pech. Sie eignen sich nach unseren Recherchen bislang nicht für cloudfreie Smart-Home-Projekte.


Wer die Steckdosen ohne die Hersteller-Cloud betreibt, bekommt einen echten Bonus: Zukunftssicherheit. Der Smart-Home-Markt wird überrannt von Herstellern, die auch mal mitspielen wollen. Wer weiß aber, wie lange sich die Ambitionen eines Herstellers in diesem Bereich halten? Rentiert sich das Geschäft irgendwann nicht mehr, wird er schon aus ökonomischen Erwägungen die Infrastruktur für einen aufgekündigten Geschäftsbereich abschalten. Zugleich weiß man aber auch nie, wann ein Hersteller sein Produkt oder dessen Software so abändert, dass eine Nutzung ohne Cloud schwer bis unmöglich wird.

Dieser Beitrag stammt aus c't 19/2019. (mls)