Also Actebis mit "MORE" auf Profitabilitätskurs

Das Halbjahresergebnis wird als stabil bezeichnet, die Zusammenführung der beiden Distributoren Also und Actebis als schnell und effizient. Trotzdem steht es um die Stimmungslage im Konzern nicht zum Besten. Deutschlandchef Michael Dressen zieht die Konsequenzen: Er geht.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Klaus Hellmich und Ralf Retzko kommen keinen Meter voran. Sie stehen im Stau. Trotzdem geben sie sich zufrieden. Nicht über die Dauerstaus auf den Straßen in Nordrheinwestfalen, sondern über die Zwischenbilanz der Also Actebis Holding AG. „Das Halbjahresergebnis zeigt das die neue Also Actebis stabil unterwegs ist“, sagt CEO Hellmich beim Telefonat mit heise resale. Und Finanzchef (CFO) Retzko, auf der Rückfahrt von der Medienkonferenz zur Halbjahresbilanz in Zürich, sekundiert: "Der Umsatz liegt mit 2,8 Milliarden Euro, auf Vorjahresniveau“ Um vergleichbare Zahlen zu bekommen, muss kumuliert werden. Denn im Vorjahr waren Also und Actebis noch zwei getrennte Broadline-Distributoren, seit Februar sind sie dabei sich zu vereinigen. Klar, gibt Retzko zu, dass der ausgewiesene Gewinn unter Vorjahr liegt. „Dies resultiert aus Einmalkosten für die Integration von Deutschland und Norwegen“, begründet der CFO. So bilanzierte der Konzern fürs erste Halbjahr einen vergleichbaren Konzerngewinn von 15,9 Millionen Euro (Vorjahr 16,6 Millionen) bei einem Ebitda von 41,9 Millionen Euro. Werden die Sonderfaktoren ausgeklammert, verbleiben für den Gewinn vor Zinsen, Gewinn und Abschreibungen, 36,2 Millionen Euro (Vorjahr kumuliert 39,3 Millionen).

Auf die Gewinn- und Verlustsituation in den einzelnen Landesgesellschaften gehen die beiden Manager nicht ein. Nur so viel: In Zentraleuropa (Deutschland, Schweiz, Frankreich, Niederlande und Österreich) setzte der Konzern knapp 2,17 Milliarden Euro um, in Nord-Osteuropa (Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, Estland. Lettland und Litauen) 739 Millionen Euro.

Prognose: Flaues Weihnachtsgeschäft

Als uneinheitlich bezeichnet Hellmich den Geschäftsverlauf in den zurückliegenden Monaten. Während im Firmenkundengeschäft die Erwartungen des Distributors durchaus erfüllt wurden, hinkt das Consumergeschäft, also vor allem der Absatz im Retail, deutlich hinter den Erwartungen. Damit steht Also Actebis allerdings nicht allein auf weiter Flur. Die Distribution klagt im Allgemeinen über ein flaues Consumergeschäft. Zwar, so Hellmich, „zeigt die Wirtschaft in Deutschland ein robustes Wachstum an dem wir im Geschäftskundenbereich auch teilnehmen, was das Consumergeschäft in unserer Branche angeht, da sieht es völlig anders aus“. Jetzt müsse und könne das Geschäftskundengeschäft die ausbleibenden Umsätze kompensieren. Auf die Frage nach den Aussichten für die kommenden Monate geben sich Hellmich und Retzko wenig optimistisch. „Im Consumergeschäft bin ich pessimistisch. Ich erwarte kein starkes Weihnachtsgeschäft. Außerdem werden die Preiskämpfe weiter anhalten“, sagt der CEO.

MORE: Programm zur Profitabilitätssteigerung

Entsprechend dieser konjunkturellen Vorgaben erwartet laut Retzko der Konzern einen Ebitda von 85 bis 95 Millionen Euro. Dies entspricht einem Konzerngewinn von etwa 22 bis 28 Millionen Euro. Mittelfristig hat sich das Managementteam um den Abgesandten des Hauptfinanziers (51 Prozent), Droege Group, und Also Actebis COO, Gustavo Möller-Hergt, eine Ebitda-Erhöhung von 20 bis 30 Prozent auf etwa 130 Millionen Euro auf die Fahne geschrieben. Um diesem Ziel möglichst schnell nahe zu kommen, hat man das Programm „MORE“ aus der Taufe gehoben. Hinter dem Kürzel More stehen Maintain, Optimize, Reinvent und Enhance. Oder einfacher ausgedrückt: Sicherung des bestehenden Geschäftes, Operative Exzellenz und Realisierung von Synergien, Profitabilitätssteigerung durch Erweiterung von Produktportfolio, Kundensegmente und Services sowie Akquisition in Regionen und/oder Spezialanbieter. Mit der More-Strategie, so Hellmich, sei man bereits auf gutem Weg. „Die Halbjahresergebnisse bestätigen unsere Maintain Maßnahmen.“ Beispiele für Enhance: Dabei habe das Management vor allem den Wandel vom Transactionsgeschäft zum Channel Development im Blick. „Wir wollen nicht vom Gleichen mehr, sondern das serviceorientierte Geschäft nach vorn bringen.“ Ein Beispiel dafür könnten neue Vermarktungsstrategien im Cloud-Umfeld sein. Ein weiteres Beispiel sei das Thema Logistik. Während sie mittlerweile in Norwegen angepasst sei, würde in Deutschland bis zum Jahresende die IT-Infrastruktur von Also und Actebis vereinheitlich.

Regionen: Ländergesellschaften neu geordnet

Als Also und Actebis noch getrennt waren, gab es mit den jeweiligen Ländergesellschaften zwar auch immer mal wieder Ärger, aber die Ordnung stimmte. Das hat sich mit dem Merger grundlegend geändert. Beispielsweise gab es in Norwegen und Deutschland in einigen Bereichen sehr viele Überschneidungen. Das, so Hellmich, sei jetzt begradigt. Dass dies nicht ohne Personalabbau vor sich ging, erwähnt er nur auf Nachfrage. Natürlich, so Hellmich, seien Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut worden. Doch nur dort, wo dies unvermeidbar gewesen sei. Das betrifft vor allem auch die Zuordnung der Kompetenzen bei den Produkten. Also und damit der Standort Straubing ist zwar nach wie vor für den Value-Bereich zuständig, doch dafür sind viele wichtige Absatzfelder in Soest zentralisiert. So unter anderem das HP-Geschäft. Oder auch NT plus. Zwar sitzt die TK-Unit noch immer in Osnabrück, doch die Musik spielt in der Actebis-Zentrale in Soest. Dort gibt man sich mit der geschäftlichen Entwicklung recht zufrieden, trotz Marktschwächen im TK-Umfeld.

Unruhe: Unter der Decke brodelt es

Trotz aller Beschwichtigungen, bei Also Actebis ist längst nicht alles in Butter. Da hilft es auch nicht, wenn Hellmich betont, dass „wir eine sehr, sehr motivierte Mannschaft haben“. Dagegen sprechen nicht nur die Abgänge der vergangenen Monate auf allen Unternehmensebenen, wobei der Konzern keine genauen Zahlen über den Stellenabbau veröffentlicht. Auch jetzt liegt noch manches im Argen. Bestes Beispiel die Präsentation der Halbjahresbilanz am Donnerstag dieser Woche. In exakt acht Zeilen von zwölf Seiten wird darauf hingewiesen, dass Michael Dressen, verantwortlich für Deutschland und Österreich sowie Mitglied in der Konzernleitung, seine Funktionen abgibt (Heise reseale vom 28.7.). Dass dies nicht überraschend kommt, war dem Management sicherlich schon länger klar. Zumindest seit dem Damian Sicking am 27. Juni in seiner wöchentlichen Kolumne auf heise resale dies feststellte. Nachfolger für Dressen wird nun in Personalunion Gustavo Möller-Hergt. Der mit Stolz berichten lässt, dass nun die Konzerleitung von ursprünglich neun auf sieben Manager reduziert worden ist. Denn auch der Verantwortliche der Region Baltikum, Laisvunas Butkus, wird Ende September den Konzern verlassen. Und dann? Hellmich und Retzko mittlerweile wieder staufrei auf Fahrt, wiegeln ab, wenn sie danach gefragt werden, warum Kunden und Hersteller häufig Ansprechpartner oder Kompetenzen im Unternehmen vermissen. Die Kundenzufriedenheit, so heißt es, stehe im Vordergrund. Für die Gruppe bleibt zu hoffen, dass dies auch beim Haupteigentümer Droege Group so gesehen wird und die richtige Balance zwischen Profitabilität und Kunden- beziehungsweise Lieferanten-Beziehung gehalten wird. Entsteht da ein Ungleichgewicht, dann wird das fatale Folgen haben. Dann wird die Gleichung von COO und Mathematikprofessor Gustavo Möller-Hergt, eins und eins gleich vier, nicht aufgehen. Unabhängig davon, das es mit Gleichungen so eine Sache ist: Sie können wahr und oder auch falsch sein. (gs)