Bei Videokonferenzen steht seit über zehn Jahren der Durchbruch unmittelbar bevor

Wann haben Sie eigentlich Ihre letzte Videokonferenz geführt? Sehen Sie? Und bei den meisten Ihrer Kunden ist es genauso. Dabei sagen die Marktforscher seit vielen, vielen Jahren eine gigantische Nachfrage voraus.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Damian Sicking

Die super Umsätze mit Videokonferenzhardware lassen auf sich warten.

(Bild: Tandberg/Cisco)

Liebe Anbieter von Videokonferenzsystemen,

seit Jahren, ach was heißt seit Jahren, seit Jahrenden versuchen Sie zusammen mit Marktforschern, PR-Agenturen und anderen Non-Profit-Organisationen, den Marktdurchbruch von Videokonferenzlösungen herbeizureden. Mit bescheidenem Erfolg. Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Berlecon Research im Auftrag des Personaldienstleisters Hays setzen zwar immerhin 80 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum sogenannte "Collaboration-Tools" wie Web- und Videoconferencing ein, intensiv genutzt aber werden diese nur von 39 Prozent der Firmen. Nach einer anderen Studie liegt der Umsatz, den die Anbieter von Videokonferenzprodukten in ganz Europa im vergangenen Jahr erzielten, bei knapp 520 Millionen Dollar. Also jetzt mal unter uns: Das sind doch Peanuts, oder nicht?

Wenn es einen Preis gäbe für die Firma, die sich mit der größten Ausdauer und Hartnäckigkeit für das Anpreisen der Videokonferenztechnik einsetzt, dann kann es nur einen Sieger geben: das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Frost & Sullivan. Seit mindestens zehn, eher seit 15 Jahren steht nach der Prognose von Frost & Sullivan der Durchbruch bei Videokonferenzen unmittelbar bevor, man muss quasi stündlich damit rechnen. Zahlreiche Fachjournalisten und andere Marktbeobachter amüsieren sich schon seit langem darüber. Denn der Markt weigert sich hartnäckig, den Prognosen der Marktforscher zu folgen und entwickelt sich stattdessen so, wie es ihm selbst gefällt. Und da sieht es für die Anbieter von Videokonferenztechnik gar nicht so gut aus, zumindest nicht so gut, wie die Auguren à la Frost & Sullivan versprechen.

Jetzt lehnt sich das Marktforschungsunternehmen erneut weit aus dem Fenster und kündigt an, dass sich die Umsätze mit Videokonferenztechnik in Europa bis zum Jahr 2016 auf über 1,4 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln sollen. Die Gründe für dieses enorme Wachstum sind dieselben, die seit Jahr und Tag genannt werden: Weil die Unternehmen bei den Reisekosten sparen müssen oder wollen, andererseits aber die Kommunikation nicht leiden darf, entdecken und nutzen immer mehr Firmen die tollen Möglichkeiten der Videokonferenztechnik. Klingt in der Theorie gut und richtig, in der Praxis aber handeln die meisten Firmen seit Jahren anders. Es spricht wenig dafür, dass dies in Zukunft anders sein wird. Ironischerweise veröffentlichte ausgerechnet der Videokonferenzanbieter Polycom gerade eine Studie, der zufolge ein Viertel der befragten Manager angab, in diesem Jahr sogar noch mehr geschäftlich zu verreisen als zuvor. Warum Polycom dieses Ergebnis veröffentlichte? Tja, das frage ich mich auch.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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