Best Buy/Carphone-Group: Wie steht´s mit dem Angriff auf MSH ein Jahr danach?

Vor einem Jahr erklärte der Chef der britischen Carphone-Gruppe, Charles Dunstone, er werde dafür sorgen, dass sich das "Gesicht des Elektronik-Einzelhandels in Europa von Grund auf verändern" werde. Bisher hat sich wenig Sichtbares getan.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Carphone- und Best-Buy-Europe-Chef Charles Dunstone,

eigentlich heißt es ja von Ihnen, dass Sie eher ein Mann der leisen Töne sind, aber im vergangenen Jahr lieferten Sie den eindrucksvollen Beweis, dass Sie auch anders können. "Wir werden das Gesicht des Elektronik-Einzelhandels in Europa von Grund auf verändern", kündigten Sie im vergangenen Jahr in einem Zeitungsartikel an. Vor allem in Ingolstadt, dem Sitz der Media-Saturn-Holding (MSH), schrillten die Alarmglocken. Denn der Mann, der da zum Angriff auf den europäischen Marktführer blies, ist nicht irgendwer, sondern der Chef des größten unabhängigen Handy-Einzelhändlers in Großbritannien, der rund 20.000 Mitarbeiter beschäftigt und in ganz Europa 2.400 Shops betreibt.

Carphone-CEO Charles Dunstone

(Bild: Carphone)

Doch damit nicht genug: Angeblich bei einem gemeinsamen Mittagessen mit dem damaligen Chef der größten Elektronik-Kette der USA, Brad Anderson von Best Buy, hatten Sie beschlossen, eine gemeinsame Firma zu gründen, an der jeder einen Anteil von 50 Prozent hält. Und so kam es dann auch. Zum 1. August 2008 ging die Buy Best Buy Europe mit einem Umsatzvolumen von 3,56 Milliarden britischen Pfund an den Start. Die ehemalige Carphone-Tochter in Deutschland, The Phone House in Münster, ist mit ihren rund 250 Outlets heute eine 100-prozentige Tochter der Best Buy Europe Distributions Ltd..

Doch wie steht es heute, ein Jahr nach Ihrer Ankündigung, das Gesicht des Elektronik-Einzelhandels in Europa grundlegend verändern zu wollen, mit Ihrem Angriff auf den Marktführer MSH? Mein Eindruck ist, dass die Welt heute noch nicht wesentlich anders aussieht als vor Jahresfrist. Zumindest hier bei uns in Deutschland. Gut, Ende vergangenen Jahres rasselte auch The-Phone-House-Geschäftsführer Dr. Ralf-Peter Simon laut mit dem Säbel und kündigte an, die Zahl der Outlets innerhalb von zwei Jahren auf 500 Läden verdoppeln zu wollen. Auch das Produktsortiment sollte in Richtung Multimedia, Entertainment und Mobile Kommunikation weiter ausgebaut werden. Zudem starteten die Münsteraner eine große Initiative, um die Anzahl der Franchisenehmer zu vergrößern. Gerade erst vor ein paar Tagen zog Geschäftsführer Simon eine positive Bilanz dieser Aktion und freute sich über 30 neue Franchise-Partner in Deutschland. Bis zum Frühjahr 2010 soll die Zahl der Franchisenehmer auf 80 ansteigen.

Gut, das sind Fortschritte, aber wer mit einem "Big Bang" gerechnet hatte, mit dem Best Buy Europa dem Marktführer MSH Feuer unterm Hintern machen würde, der könnte jetzt durchaus ein klein wenig enttäuscht sein.

Die größte sichtbare Wirkung, die Ihre Ankündigung aus dem vergangenen Jahr gezeigt hat, ist womöglich in München zu bestaunen. Ich meine den größten Media-Markt der Welt mit einer Fläche von rund 10 000 Quadratmetern, was der Größe von zwei Fußballfeldern entspricht. Für mich ist dieser Konsumtempel nicht zuletzt ein Warnsignal der MSH-Bosse aus Ingolstadt an alle möglichen Eindringlinge der Welt: "Wer uns angreifen will, der muss verdammt viel Geld in die Hand nehmen." Erhöhung der Markteintrittbarriere nennt man so etwas wohl und ist nebenbei gesagt ein Bestätigung der These, dass drohende Konkurrenz noch größere Auswirkungen auf das Verhalten eines Marktteilnehmers haben kann als bereits am Markt bestehende Wettbewerber.

Lieber Herr Dunstone, es gibt außer den MSH-Mitarbeitern sicher niemanden in Deutschland, der gegen einen echten, starken Wettbewerber zu den Media-Märkten und Saturns etwas einzuwänden hätte. Weder auf Seiten der Verbraucher noch auf Seiten der Hersteller. Aber die Bretter, die man dafür bohren muss, sind doch sehr, sehr dick.

Beste Grüße

Damian Sicking

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