Bitkom und die versteckte Umsatzwarnung

Man kann dem Branchenvebrand Bitkom ja Vieles nachsagen, aber sicher nicht Miesepetrigkeit. Im Gegenteil. Der Bitkom strotzt vor Optimismus und guter Laune. Vor allem, wenn es um die Situation der Branche geht. Da ist immer alles prima, selbst wenn es gerade einmal nicht so gut läuft.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Bitkom-Geschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder,

Bitkom-Geschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder

(Bild: Bitkom)

ich mag den Bitkom. Ganz ehrlich. Vor allem dieser vermutlich in der Bitkom-DNA verwurzelten Optimismus und diese grundsätzlich positive Weltsicht nötigt mit immer wieder Respekt und Bewunderung ab. "Heute regnet´s? Hey Mann, bleib cool, schon morgen scheint wieder die Sonne.“ Genau das ist die Art und Weise, wie unser Branchenverband aus Berlin die Welt betrachtet. Ich find´s großartig und bin sogar ein bisschen neidisch. Davon hätte ich auch gerne was.

Jetzt wieder ein schönes Beispiel für den gute Lilalaune-Bitkom. In der vergangenen Woche veröffentlichte der Verband eine Presseinformation mit der viel versprechenden und sehr positiven Überschrift "Deutscher ITK-Markt nimmt 2014 Fahrt auf.“ Na, denkt der Leser, das ist ja mal wieder eine gute Nachricht, und freut sich, dass alles so gut läuft in der Branche. Doch Vorsicht! Es läuft eben doch nicht alles so schön in der Branche. Zumindest jetzt nicht. Es läuft sogar deutlich schlechter, als der Bitkom noch vor kurzem erwartet hatte. Dazu muss man den Text aus Berlin allerdings genau lesen. Dann nämlich entpuppt sich die vermeintliche Schönwettermeldung als versteckte Umsatzwarnung. Der Bitkom kassiert seine Umsatzprognose aus dem Frühjahr, als er für 2013 noch einen Umsatzanstieg der Branche um 1,4 Prozent vorhergesagt hat. Während andere Branchenverbände angesichts einer solch erheblichen Abweichung von der Prognose die Alarmglocken schlagen würden, bleibt der Bitkom ganz locker. Er sieht es positiv. Andere würden vielleicht sagen, dass der Umsatz stagniert (negativ), für den Bitkom bleibt er dagegen "stabil“ (positiv). Außerdem erinnert er bei dieser Gelegenheit daran, dass im vergangenen Jahr schließlich ein "Rekordwert“ erzielt worden sei. Als ob das von irgendeiner Relevanz sei. Wenn beispielsweise der Deutschland-Geschäftsführer einer koreanischen Firma seinen Vorgesetzten im fernen Headquarter erklären würde, dass der Umsatz in diesem Jahr leider nicht gestiegen, aber immerhin auf dem Rekordwert des Vorjahres "stabil“ geblieben sei, dann kann er sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen neuen Job suchen.

Lieber Herr Dr. Rohleder, da können Sie direkt froh sein, dass Sie keinen südkoreanischen Chef haben. Obwohl: Wenn die Umsätze der Branche momentan stagnieren, oh Pardon, ich meine natürlich: "stabil“ bleiben, dann ist das ja nicht Ihre Schuld. Dafür kann man ja nicht Sie verantwortlich machen. Wie Sie allerdings darauf kommen, dass im kommenden Jahr die Umsätze wieder steigen sollen, und dann auch gleich um 1,6 Prozent, das ist mir auch nach mehrmaliger sorgfältiger Lektüre der Bitkom-Presseinfo schleierhaft. Womöglich mit Hilfe irgendeiner brandneuen Big-Data-Software?

Aber egal, wichtig ist, dass morgen schon wieder die Sonne scheint, auch wenn der Himmel über der IT-Branche in Deutschland heute wider Erwarten etwas bedeckt ist. In dieser positiven Sichtweise ist der Bitkom übrigens nach meiner Beobachtung einzigartig in Deutschland. Denn die Verbände anderer Branchen verbreiten regelmäßig trübe Aussichten und malen die Situation der Mitgliedsbetriebe in dunklen Farben; immer dann nämlich, wenn wieder Tarifverhandlungen anstehen. Da ist der Bitkom aus einem anderen Holz geschnitzt: Immer positiv, immer gut drauf. Ja, die IT-Branche, die ist halt etwas Besonderes. Wenn es da mal nicht so läuft, dann nur aus dem Grund, weil sie Anlauf nimmt, um wieder neue Rekordmarken zu erzielen.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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