Blackberry: Wenigstens der Chef ist saniert

Wie stark legt sich ein CEO für die Rettung eines Unternehmens ins Zeug, wenn er für den Verkauf der Firma so viel Geld erhält, dass er nie wieder arbeiten muss? Die Frage geht an Blackberry-Chef Thorsten Heins.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Blackberry-Chef Thorsten Heins,

Blackberry-Chef Thorsten Heins

(Bild: Blackberry)

ist das wirklich wahr, dass Sie im Falle des erfolgreichen Verkaufs von Blackberry einen Bonus oder eine Prämie oder eine Abfindung von 55,6 Millionen Dollar erhalten? Moment, habe ich gerade geschrieben "erfolgreicher Verkauf“? Ein Versehen. Denn "Erfolg“ ist sicherlich eine Vokabel, die im Zusammenhang mit Blackberry momentan völlig fehl am Platze ist. Der Einzige Erfolgreiche in diesem ganzen Szenario sind ja wohl Sie, lieber Herr Heins. Denn Sie wären auf einem Schlag ein sehr reicher Mann und aller finanzieller Sorgen ledig. Im Gegensatz zu dem Unternehmen, für das Sie als CEO seit knapp zwei Jahren Verantwortung tragen, wären Sie grundsaniert.

55,6 Millionen Dollar! In der Geschichte der Menschheit sind schon für weit weniger Geld Banken ausgeraubt, Menschen massakriert und Finanzämter betrogen worden. Die Frage, die ich mir in Ihrem Falle stelle, lieber Herr Heins, ist die: Wie stark legt sich ein Manager für die Rettung eines Unternehmens ins Zeug, wenn er weiß, dass er im Falles eines Verkaufs für den Rest des Lebens ausgesorgt hat und nie wieder einen Finger krumm machen muss? Nicht das wir uns falsch verstehen: Ich behaupte nicht, dass Sie Blackberry absichtlich haben in die Grütze gehen lassen. Vielleicht gibt es ja sogar einen Passus in Ihrem Vertrag, der Ihnen im Fall eines erfolgreichen Turnarounds des Unternehmens eine Prämie von 100 Millionen Dollar oder sogar 200 Millionen Dollar in Aussicht gestellt hat. Durchaus möglich. Aber 55,6 Millionen für den Fall des Scheiterns – das ist schon eine sehr weiche Landung. Ich stelle mir vor, wie das so ist, wenn man abends im Bett liegt und denkt: "Im schlimmsten Fall und wenn alles schief geht, bleiben immer noch 55,6 Millionen.“ Was für ein Schicksal!

Da läuft doch was falsch, lieber Herr Heins. Das geht alles in die falsche Richtung. Ich meine, wenn es einem Manager gelingt, ein Unternehmen grandios zu entwickeln, die Stellung am Markt und im Wettbewerb auszubauen und den Firmenwert zu steigern, dann hat niemand etwas dagegen, wenn er für diese Leistung auch entsprechend belohnt werden. Aber wenn die Firma in die Grütze geht? Auch den Kollegen vom Spiegel ist aufgefallen, dass hier etwas nicht richtig sein kann. Das Nachrichtenmagazin aus Hamburg brachte in der vergangenen Woche einen Artikel in der Printausgabe mit dem Überschrift "Wer versagt, gewinnt“. Ich zitiere mal kurz aus dem Text: "Konzernchefs verdienen viel Geld. Aber manchmal können sie noch mehr verdienen, wenn sie ihr Unternehmen verkaufen, statt es zu sanieren.“ Aktueller Aufhänger für den Spiegel-Artikel: Blackberry-Chef Thorsten Heins und seine milliardenschwere Prämie. Sie, lieber Herr Heins, haben es zwar nicht geschafft, das Unternehmen wieder flott zu machen, aber damit Sie nicht zu sehr an Ihren Qualitäten als Top-Manager zweifeln, erhalten Sie als Trostpflaster einen großen Sack Geld. Das finden die paar tausend ehemaligen Blackberry-Mitarbeiter, die Sie entlassen haben, sicher auch total gerecht und angemessen.

Wobei ich mich frage, ob man Ihnen fairerweise überhaupt einen Vorwurf machen kann, lieber Herr Heins. Eher dann doch den Leuten im Blackberry-Board, die Ihnen einen solchen Bonus vertraglich zugesichert haben. Läßt sich auch als Ausdruck der Verzweiflung interpretieren. Aber gut.

An Ihrem Fall lassen sich beispielhaft die Schwächen des Prinzips der an Zielen orientierten und mit Bonuszahlungen unterlegten Führung ablesen. Bei diesen Modellen der variablen Vergütung ist jeder Mitarbeiter vom Vorstand bis zum Sachbearbeiter zunächst einmal bestrebt, seine Ziele zu erreichen. Dafür legt er sich ins Zeug und macht und tut und rackert sich ab. Denn das wirkt sich direkt auf seinen Kontostand aus. Ob diese Ziele auch aus Unternehmenssicht gut und sinnvoll sind und die Firma weiterbringen, steht dabei auf einem völlig anderen Blatt. Im optimalen Fall ist das so. Aber "optimal“ heißt nun einmal "bestenfalls“, und nicht "in der Regel“. Der Verkauf von Blackberry ist sicherlich nicht der optimale Fall.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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