COS/Tiscon nach dem Verkauf vor ungewissem Schicksal

Die angeschlagene Beteiligungsfirma Arques hat ihre IT-Tochter Tiscon, zu der auch der Distributor COS gehört, an einen in der IT-Branche völlig unbekannten Investor verkauft. Für die Unternehmen der Tiscon-Gruppe heißt es jetzt: Und nun?

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Von
  • Damian Sicking

Lieber soeben von Bord gesprungener COS- und Tiscon-Vorstand Michael Krings,

ich geb´s zu: Ich brauchte eine Weile, um den Verkauf der IT-Beteiligungsgesellschaft Tiscon mit ihren operativen Tochterfirmen COS, Avitos, Primustronix, Chikara und Topedo an den russischen Investor KCK Associates zu verarbeiten und auch ein paar Informationen einzuholen. Zum einen ging es mir natürlich genauso wie den meisten anderen, die mit der IT-Branche zu tun haben: Wer ist KCK Associates und seine deutsche Tochter Greengold? Kennt kein Mensch. Und wirklich viel ist über diese Firmen auch nicht herauszufinden. Was mich ein wenig überrascht hat, ist, dass wir es beim Verkauf der Tiscon AG offenbar mit einer rein finanziellen Transaktion zu tun haben. Der eine Finanzinvestor hat seine Beteiligung an einen anderen Finanzinvestor verkauft. Eine strategische Komponente, eine unternehmerische Vision ist nicht erkennbar – was allerdings auch der Tatsache geschuldet sein kann, dass der neue Eigentümer bisher seine Motive für sich behält.

Branchenurgestein Michael Krings

(Bild: COS)

Enttäuschend muss es jedenfalls aus der Sicht der Mitarbeiter der Tiscon-Tochterunternehmen sein, dass der neue Eigentümer des Konzerns von der IT-Branche und vor allem von der IT-Distribution so viel Ahnung hat wie die Kuh vom Sonntag. Noch bemerkenswerter, um nicht zu sagen sonderbarer ist, dass auch der neue Vorstand bei Tiscon und Vorstandschef bei COS ebenfalls keine Erfahrung in der IT-Branche hat. Der neue starke Mann bei Tiscon heißt Hans Halbach und kommt aus der Automobilindustrie. Er war Partner der Unternehmens- und Personalberatung TT Management Consultants in Butzbach und ist heute in Personalunion außerdem Vorstandsvorsitzender der Greengold AG in Berlin. Ihm steht bei Tiscon allerdings mit Jochen Strack ein erfahrener IT-Distributionsmanager zur Seite; Strack ist seit 1999 bei COS, seit 2002 als CFO. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie die Zukunft für die Unternehmen der Tiscon-Gruppe unter diesen Vorzeichen aussehen wird.

Dass es die Russen zur Bedingung der Übernahme gemacht haben, dass sie anschließend den Vorstandsvorsitzenden stellen, ist vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und finanziellen Situation der Tiscon AG nicht überraschend. Denn sagen wir doch, wie es ist: Tiscon geht es nicht gut. Schon im vergangenen Jahr konnte nur ein Forderungsverzicht der damaligen Muttergesellschaft Arques in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro sowie ein Teilforderungsverzicht der Cosorius AG in Höhe von 1 Millionen Euro Schlimmes verhindern. Und in diesem Jahr brauchte Tiscon von Arques ein Darlehen von insgesamt 2,7 Millionen Euro, unter anderem zur Liquiditätssicherung (Quelle: Tiscon-Geschäftsbericht 2008). Das hatten sich die Arques-Investoren bei ihrem Kauf der Tiscon, bei der der früher COS-Chef Kurt Früh nach wie vor im Aufsichtsrat sitzt, vor drei Jahren sicher ganz anders vorgestellt.

Jedenfalls wird Arques heilfroh sein, dieses Problem von der Backe zu haben. Dass Arques die Beteiligung Tiscon los werden wollte, war ja bekannt und daher keine Überraschung. Überraschend ist vielmehr, wie die Kollegen von Börse-online feststellen, "dass Arques in der jetzigen Situation überhaupt einen Käufer gefunden hat". Die neuen Eigentümer mussten sich dafür aber sicher nicht astronomisch hoch verschulden – wenn überhaupt. Der Börsenwert der Tiscon AG (Konzernumsatz 2008: rund 320 Millionen Euro, Jahresfehlbetrag rund 1,5 Millionen Euro) lag zuletzt bei etwa 3,2 Millionen Euro.

Lieber Herr Krings, Sie gehen nun nach drei Jahren als COS-Chef von Bord. Wie Sie den Kollegen von Channelpartner sagten, tun Sie dies "mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Und: Auch nach 27 Jahren in der IT-Branche haben Sie von ihr noch nicht die Nase voll und freuen sich auf neue Aufgaben. Wie heißt es so schön: In jedem Ende steckt auch ein Anfang. In diesem Sinne: Auf geht’s und alles Gute!

Beste Grüße

Damian Sicking

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