Cancom-Chef Weinmann: "Jetzt gilt es, den Kopf über Wasser zu halten"

Nach den beiden spektakuären Übernahmen von Sysdat und Home of Hardware im vergangenen Jahr blicken zur Zeit viele gespannt auf die Cancom AG in Jettingen-Scheppach. Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking hat den Vorstandschef Klaus Weinmann besucht.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Cancom-Chef Klaus Weinmann,

es ist nicht die Zeit für große Ziele. Es kommt heute vielmehr darauf an, den Kopf über Wasser zu halten und die Krise so gut es eben geht zu überstehen. Wer jetzt glaubt, durch Preiserhöhungen seine Marge verbessern zu können, der ignoriert die Realität. Das sagten Sie, lieber Herr Weinmann, gestern bei meinem Besuch in Ihrer Firmenzentrale in Jettingen-Scheppach mit einem freundlichen Gruß an Hewlett-Packard in Böblingen. Wenn Ihr Unternehmen, das Systemhaus Cancom AG, voraussichtlich Ende kommender Woche die Ergebnisse für das erste Quartal 2009 herausgibt, dann werden Sie auch keine Rekordgewinne verkünden. Woher sollten diese auch kommen? Derzeit. Nein, jetzt und voraussichtlich in den kommenden zwei Jahren heißt es durchhalten, auf die Kosten achten, sich durch die eine oder andere Übernahme verstärken, um anschließend, wenn es wieder los geht, gut aufgestellt zu sein.

Cancom-Chef Klaus Weinmann

(Bild: Cancom)

Das erste Quartal lief für den Cancom-Konzern alles in allem so lala. Auf organischer und vergleichbarer Basis zum Vorjahreszeitraum (also vor allem ohne die Akquisitionen aus dem vergangenen Jahr Sysdat und HOH Home of Hardware) liegen die Umsätze rund fünf Prozent unter Vorjahr. Inklusive Sysdat und HOH werden Sie natürlich eine Umsatzsteigerung zeigen. Der Gewinn wird um etwa ein Drittel niedriger ausfallen (Q1/08: 1,6 Millionen Euro). Vermutlich werden die Analysten und Journalisten anschließend Aufsätze und Artikel schreiben, in denen die Wörter "Gewinneinbruch" und "Verschlechterung der Umsatzrendite" vorkommen. Früher, sagten Sie, hätten Sie sich furchtbar über solche Meldungen geärgert. Inzwischen, nach zehn Jahren Börsenerfahrung, sind Sie abgeklärter, vielleicht auch abgebrühter. Außerdem, fügten Sie hinzu, seien Sie reifer geworden; Sie werden in diesem Jahr 40. Sie haben Cancom im Alter von 23 Jahren gegründet.

Kann man sagen: Was die Analysten und die anderen Schlaumeier über Cancom schreiben, interessiert Sie nicht? Nein, das wäre übertrieben. Aber richtig ist: Die Analysten können derzeit schreiben, was sie wollen, auf den Cancom-Aktienkurs hat dies keine großen Auswirkungen. Der liegt seit Monaten bei 1,80 Euro, mal ein bisschen darüber, mal ein bisschen darunter. Interessanterweise interessieren Sie sich auch nicht sonderlich für den Cancom-Gewinn. Halt, auch das ist so nicht richtig. Man muss es so formulieren, dass Sie sich momentan mehr darauf konzentrieren, keine Verluste zu schreiben (Stichwort: Kurzarbeit), als den Gewinn zu maximieren. Es ist nicht die Zeit für Rekordgewinne, also bringt es nichts, danach zu streben. Das kommt wieder, keine Frage. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

In diesem Jahr liegt ein Schwerpunkt bei Cancom auf der Integration der beiden großen Akquisitionen aus dem Vorjahr, Sysdat und HOH. Mit der Entwicklung von Sysdat sind Sie bislang gut zufrieden, sagten Sie, der Hardware-Umsatz (in erster Linie IBM) lag im ersten Quartal zwar um rund zehn Prozent unter Vorjahr, aber der Dienstleistungsumsatz lag dafür darüber. Die Kölner haben zur Zeit noch damit zu tun, sich an die Quartalsdenke eines börsennotierten Unternehmens zu gewöhnen. "Wir haben diesen Quartalsdruck", sagten Sie, "aber ich sehe das inzwischen positiv, denn dadurch sind wir gezwungen, jedes Quartal gut zu sein."

Was läßt sich derzeit verkaufen? Virtualisierung, na klar. "Hier haben wir eine Auslastung von über 100 Prozent." Und Apple. "Apple ist ein Phänomen", sagten Sie. Im Projektgeschäft läuft grundsätzlich alles, was dem Kunden einen Return on Investment innerhalb eines Jahres bringt. Das können Sie natürlich nicht garantieren, aber plausibilisieren. Und wenn Sie diesen Plausibilitätsnachweis erbringen können, dann revanchiert sich der Kunde mit einem Auftrag.

Wie immer das Jahr 2009 ausfallen wird, über eins sind Sie sich heute schon sicher: Cancom wird für 2009 einen Umsatzanstieg ausweisen. Warum? Weil Sie in diesem Jahr die 2008er Akquisitionen Sysdat (rund 75 Millionen Euro Umsatz) und HOH (30 bis 40 Millionen) erstmalig für das ganze Jahr konsolidieren. Im vergangenen Jahr lag der Cancom-Umsatz bei rund 346 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2012 wollen Sie die Umsatzmilliarde erreichen. Dieses ambitionierte Ziel wird nur durch weitere Akquisitionen zu erreichen sein. Ich bin sehr gespannt, welche Unternehmen Sie noch unter das Cancom-Dach holen werden.

Beste Grüße

Damian Sicking

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