Die wahren Helden der IT-Branche

Die wahren Helden der IT-Branche sind die Inhaber der kleinen Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Menschen, für die sich kein Journalist interessiert und die nie für fette Schlagzeilen sorgen. Sie machen einfach ihren Job, und zwar so gut wie möglich.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Liebe Helden der IT-Branche,

zwei Personalien sorgten in der vergangenen Woche für Diskussionen in der Branche. Zum einen Heiko Meyers (HP) Wechsel in die Europa-Organisation des Unternehmens, und zum anderen Simone Frömmings Wechsel von Tech Data zu T-Systems. Die Fakten sind ja soweit bekannt, daher an dieser Stelle nur noch ein paar kommentierende Ergänzungen dazu.

Bei den HP-Partnern kommt die personelle Veränderung an der Spitze der IPG-Organisation von Hewlett-Packard nicht sonderlich gut an. Nicht dass sie etwas gegen Meyers Nachfolgerin, die Amerikanerin Jaimi Cyrus, hätten. Die wenigsten von ihnen dürften die neue IPG-Chefin kennen. Nein, die Partner hätten sich von HP einfach ein wenig mehr personelle Konstanz in dieser wichtigen Position gewünscht. Meyer war erst seit drei Jahren im Amt und die Partner hatten sich gerade erst an ihn gewöhnt. Nun müssen sie sich wieder auf einen anderen Ansprechpartner einstellen. Man fängt quasi wieder bei Null an. Antrittsbesuch, gegenseitiges Beschnuppern, Vertrauen aufbauen – das dauert. Und was die Sache nicht besser macht: Eine personelle Neubesetzung in dieser exponierten Position bedeutet häufig auch ein neues Partnerprogramm. Kurzum: Die HP-Partner sind nur mäßig begeistert, dass sie sich wieder auf jemand Neuen und dessen Ideen einstellen müssen.

Vorher: HP-Manager Heiko Meyer

(Bild: HP)

Nachher: HP-Managerin Jaimi Cyrus

(Bild: HP)

Etwas Positives hat der Personalwechsel bei HP aber auf jeden Fall: In optischer Hinsicht ist Jaimi Cyrus eine klare Verbesserung. Ich vermute, das wird sogar Heiko Meyer neidlos eingestehen.

Dass Simone Frömming Tech Data den Rücken kehren würde, hatte so mancher Branchenkenner seit einiger Zeit erwartet, spätestens nachdem Azlan-Chef Marc Müller die Vertriebsgeschäftsführung bei Tech Data übernommen hatte. Dass Frömming bei T-Systems landen würde, war sicherlich eine Überraschung. Einerseits. Andererseits aber auch nicht. Denn eine Frau mit solchen Voraussetzungen und einer Biographie wie Simone Frömming kann sich heute die Jobs ja wirklich aussuchen. Frömming hatte Wirtschaftswissenschaften und Maschinenbau studiert und anschließend Karriere bei IBM, Ixos und Oracle gemacht, bevor sie vor vier Jahren zu Tech Data kam. (Sie ist also genau genommen gar kein klassisches Distributionsgewächs.) Dass sie eine Frau ist, ist heute auch kein Nachteil mehr, im Gegenteil. Vor allem der Telekom-Konzern, zu dem T-Systems gehört, hatte sich in Gestalt des Personalvorstands Thomas Sattelberger weit aus dem Fenster gelehnt und schon im vergangenen Jahr erklärt, den Frauenanteil im Management massiv erhöhen zu wollen. Da kommt jemand wie Simone Frömming natürlich gerade recht. Eine Quotenfrau ist sie deshalb aber sicher nicht.

Im Gegensatz zu HP-Geschäftsführer Heiko Meyer gibt es für Simone Frömming bei Tech Data noch keinen Nachfolger bzw. keine Nachfolgerin. Man suche, heißt es dazu aus der Kistlerhofstraße in München.

Ich musste bei diesen beiden prominenten Personalwechseln der vergangenen Woche an einen Text denken, den ich schon vor Jahren einmal geschrieben hatte, vor so vielen Jahren, dass ich ihn in keinem Archiv mehr finden konnte. Das Thema ist allerdings noch so aktuell wie eh und je. In den Zeitungen und Online-Nachrichtenseiten lesen wir immer nur über Top-Manager und deren Wechsel von einem Top-Unternehmen zum anderen. Wenn man sich die entsprechenden Pressemitteilungen durchliest, dann bekommt man oft den Eindruck, dass es sich bei diesen Personen um wahre Supermänner und Superfrauen handelt. Das liegt vor allem an den Superlativen, mit denen diese Menschen bedacht werden. Was die alles können, was die alles schon gemacht haben, welche Erfolge sie schon errungen haben, der Wahnsinn! Dass man für dieselben Personen ein paar Jahre später, wenn sie das Unternehmen wieder verlassen, kaum noch ein Dankeschön“ übrig hat, ist die andere Seite der Medaille.

Ich fand schon immer, dass die wahren Helden der IT-Branche diejenigen sind, die nicht für die fetten Schlagzeilen sorgen, ja die nicht einmal in den Zeitungen und den Online-Medien auftauchen. Es sind die Inhaber kleiner Handels- und Dienstleistungsunternehmen, für die sich kein Journalist interessiert. Menschen, die sozusagen im Schatten der Großkonzerne und Marktführer leben. Unternehmer, die sich Tag für Tag und Jahr um Jahr mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, Dienstleistern, dem Finanzamt und dem sonstigen Gedöns herumschlagen. Klaglos? Nein, das nicht, das wäre sicherlich auch zu viel verlangt. Aber pflichtbewusst, verantwortungsvoll, unaufgeregt, konstant und verlässlich. Sie sind nicht nicht die Superstars und Prominenten, die sich auf den Empfängen der Branche treffen, die zur Eröffnungsfeier der CeBIT eingeladen werden und die auf Kongressen ihre Wichtigkeit zur Schau tragen. Sie sind nur dies: die wahren Helden der IT-Branche.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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