"Ey, haste mal ´ne Million?"

Was macht eigentlich Vobis-Gründer Theo Lieven außer Klavier spielen, Porsche fahren und sein Geld zählen? Nun, nachdem er seinen Doktor gemacht hat, arbeitet er nun an seiner Habilitation und spricht noch immer sehr schnell. Zum Beispiel über das Thema Unternehmensgründung.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Auch als Buchautor tritt Lieven in Erscheinung

Lieber Vobis-Gründer Theo Lieven,

kürzlich saß ich in launiger Runde mit ein paar Leuten aus der IT-Branche zusammen und wir sprachen unter anderem über die Veränderungen im IT-Handel. Irgendwann kamen wir auf die Firma Vobis zu sprechen und jemand fragte mich, was eigentlich der Gründer und spätere Vorstandsvorsitzende Theo Lieven heute so mache. Alle guckten mich an, ich weiß auch nicht, warum die Leute immer meinen, die Journalisten wüssten am besten Bescheid. Dies ist jedenfalls ein Irrglaube. So musste ich gestehen, dass ich nicht den blassesten Schimmer habe, was Sie heute so treiben. Aber nachdem die Frage im Raum stand, wollte ich es natürlich selbst wissen und habe am nächsten Tag ein wenig recherchiert.

Da kamen interessante Dinge zum Vorschein. Sie, der damals sein Mathematik-Studium abgebrochen hatte, um zusammen mit dem Kollegen Rainer Fraling Mitte der 1970er Jahre das Unternehmen Vobis zu gründen, haben sich nach dem Verkauf des Unternehmens 20 Jahre später nicht etwa auf die faule Haut gelegt. Das können Sie ja gar nicht. Dass Sie als passionierter und talentierter Pianist mit einigen Größen der Szene hier und da Konzerte gegeben, einen CD-Laden in Berlin eröffnet und nach kurzer Zeit wieder geschlossen sowie ein Buch geschrieben haben und ansonsten ihr Geld verwalten, das war mir noch bewusst. Neu war mir hingegen, dass sie nicht nur ein BWL- und VWL-Studium an der Fernuni-Hagen erfolgreich absolviert und sogar eine Promotion hinterhergeschoben haben (Titel der Doktorarbeit: "Markenpersönlichkeit und Mitarbeiterverhalten in Kundentelefonaten"). Also von jetzt an nur noch "Dr. Theo Lieven". Respekt! Doch damit war Ihr Ehrgeiz noch nicht gestillt. Seit vergangenem Jahr schreiben Sie an der Universität St. Gallen in der Schweiz auch noch Ihre Habilitationsarbeit, welche, wenn man Glück hat, anschließend zum Professorentitel führt. Ich bin beeindruckt.

Dass Sie, lieber Herr Dr. Lieven, aber trotzdem weit entfernt davon sind, zu einem humorlosen und verknöcherten Professor zu mutieren, konnte ich zu meiner eigenen Beruhigung einem Video entnehmen, das auf dem Unternehmertag 2009 am Tegernsee entstanden war. Es ist zwar mit etwas über drei Minuten Länge recht kurz, aber weil sie noch immer ganz schön schnell sprechen, haben Sie eine Menge Wörter untergebracht.

Also in diesem kurzen Video aus dem vergangenen Jahr (man erinnert sich: es war Krise) sagen Sie ein paar grundsätzliche Dinge zum Thema Firmengründung. Ihre Kernaussage: Wer eine gute Idee hat, der soll einfach anfangen, unabhängig von der gesamtwirtschaftliche Weltlage. Als Sie damals mit Fraling die Firma Vobis gegründet hatten, waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund der Ölkrise auch nicht berauschend. Genauso blöd sei es allerdings, betonen Sie, nur aus dem Grunde ein Unternehmen zu gründen, weil die Wirtschaft gerade boomt, so wie damals Ende der 1990er Jahre in der New Economy. 90 Prozent der Gründungen seien Schrott gewesen, weil keine tragfähige Idee dahinter stand. Wichtig sei auch, dass man nicht gleich am Anfang schon den Weltmarkt im Blick habe, sondern mit geringem Kapitaleinsatz einfach in einem überschaubaren Rahmen anfange und erst mal versuche, das erforderliche Investment selbst aufzubringen. Heute sei es ja modern geworden, mit einem durchgestylten Businessplan irgendwo anzuklopfen und zu fragen "Ey, hast du mal ´ne Million?" Hat natürlich keiner. Die Businesspläne werden Ihrer Meinung nach auch total überbewertet. Da werde im ersten Kapitel erst mal der Weltmarkt beleuchtet und im zweiten Kapitel erläutert, welche Rolle man darin spielen wolle. Was für ein Quatsch!

Lieber Herr Dr. Lieven, das alles klingt so erfrischend und unverkrampft. So wie damals, als ich das eine oder andere Interview mit Ihnen führen durfte, das Sie regelmäßig mit der Bemerkung "Bitte stellen Sie nur Fragen, auf die ich mit `Ja´ oder `Nein´ antworten kann" begonnen und mit dem Satz "Schreiben Sie, was Sie wollen, Hauptsache viel" beendeten. Es ist wirklich schade, dass man Sie in der Branche gar nicht mehr sieht. Wenn ich den Herstellern und Distributoren, die in den kommenden Wochen und Monaten ihre Hausmessen für ihre Handelspartner durchführen werden, einen Tipp geben sollte, wie sie ihr Programm noch aufwerten könnten, dann würde ich Ihnen empfehlen: "Versucht, den Lieven zu bekommen!" Für einen Vortrag oder, vielleicht besser noch, ein knackig frisches Interview. Ich bin sicher, der Laden wäre rappelvoll. Zwar konnten viele IT-Händler Sie damals überhaupt nicht leiden, weil sie der Ansicht waren, Vobis würde die Preise und die Margen kaputt machen. Aber der eine Teil der damaligen Händler dürfte heute Geschichte sein, und der andere Teil hat Ihnen sicher vergeben.

In diesem Sinne: Würde mich freuen, wenn wir uns auf der einen oder anderen Veranstaltung sehen.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Theo Lieven.

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