Frage: Wer ist die wichtigste Person in einer Firma? Antwort: Bärbel Schmidt!

Was Bärbel Schmidt bei Actebis geschafft hat, hatte ihr damals kaum jemand zugetraut. Jetzt geht sie von Bord. Ihr Nachfolger heißt Uwe Neumeier und kommt - wie damals Schmidt selbst - von HP. Er tritt ein schweres Erbe an.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Der neue Mann an der Actebis-Spitze: Uwe Neumeier

(Bild: Actebis)

Lieber designierter Actebis-Geschäftsführer Uwe Neumeier,

wer ist die wichtigste Person in einer Firma? Ganz klar: Der Mann oder die Frau an der Spitze. Der beste Beweis für diesen Satz hat einen Namen, und der lautet Bärbel Schmidt. Als Schmidt im Januar 2004 in das Management der Actebis-Gruppe einzog und als Geschäftsführerin die operative Verantwortung für die Gesellschaften in Deutschland und Österreich übernahm, runzelten viele Branchenkenner mehr als skeptisch die Stirn. Denn die damals 46-jährige Managerin war zwar bekannt für ihr ungeheures Temperament, ihre niemals endende Energie und ihre unendliche Arbeitswut, aber nach mehr als 20-jähriger Tätigkeit bei HP (zuletzt als Geschäftsführerin) trauten ihr viele die Aufgabe, einen Distributor zu führen, nicht wirklich zu. Eine kolossale Fehleinschätzung, wie sich schon bald zeigen sollte. Denn Schmidt räumte im Actebis-Firmengebäude nicht nur im metaphorischen Sinn kräftig auf. So schob sie zum Beispiel ihren Schreibtisch – ein Novum in Soest – mitten in das Mannschaftquartier hinein und pflegte auf diese Weise den kurzen Kontakt zu ihren Leuten.

Wenn ich mich richtig erinnere, brauchten die Actebis-Mitarbeiter eine Weile, um sich an das Tempo, die Dynamik, das Temperament und auch die direkte Ansprache ihrer neuen Chefin zu gewöhnen. Es wäre übertrieben zu sagen, dass Schmidt nur Fans bei Actebis hatte. Zumindest am Anfang. Aber wer sie kennt, weiß, dass sie dies auch nicht als ihre Aufgabe ansieht. Schmidt ist sozusagen die Verkörperung der Redensart "Wer nicht fordert, der nicht fördert". Denn sie fordert, und das nicht zu knapp. Wer von den Actebis-Mitarbeitern dann überfordert war oder sich überfordert fühlte, wer auch ihr Tempo nicht mitgehen konnte oder wollte, der hatte schlechte Karten und tat besser daran, sich einen anderen Job zu suchen. Einige Mitarbeiter, auch aus dem Management, haben dann das Unternehmen verlassen. Aber der sich schon bald einstellende Erfolg gab Schmidt recht. Die Kunden aus dem Handel entdeckten Actebis neu, den Herstellern machte es wieder Spaß, mit dem Distributor aus Soest zusammenzuarbeiten, und selbst die Wettbewerber zollten der kleinen großen Dame da oben im Westfälischen Respekt. Schmidt war auch immer für Überraschungen gut. So kam es vor, dass sie einen Besucher zur Mittagszeit mit einer Riesenportion Kartoffelpuffer (heißen dort oben übrigens "Reibeplätzchen") mit Apfelmus überraschte, weil sie gehört hatte, dass es sich um die Lieblingsspeise des Besuchers handelt. Der war natürlich begeistert. Es war dann nur eine logische Konsequenz, dass sich die Zahlen in der Bilanz wieder nach oben entwickelten. Heute steht Actebis weitaus besser da als zu Beginn von Schmidts Amtszeit.

Dass sie nun Ende September ausscheidet, ist zweifelsohne ein Verlust für das Unternehmen. Actebis selbst gibt keinen Grund für ihren Weggang an. Aber viele wissen, dass Schmidt vor einiger Zeit eine schwere Operation hatte, von der sie sich nun gründlich erholen will. Das braucht einfach seine Zeit. Auch hier hat Schmidt wieder Verantwortung für das Unternehmen übernommen und den Chefsessel frei gemacht. Denn weil auch sie weiß, dass der wichtigste Mensch in einer Firma der Mann oder die Frau an der Spitze ist, ist ihr klar, dass die stärkste Actebis-Operationseinheit nicht lange kopflos bleiben darf. Aus diesem Grund übernehmen Sie, lieber Herr Neumeier, ab Oktober die Geschäftsführung von Actebis Deutschland und Österreich.

Ich kann nur sagen: Viel Glück! Sie treten ein schweres Erbe an. Wie man weiß, ist Frau Schmidt nicht die längste und hat bestimmt auch nicht die größten Füße, aber trotzdem werden Sie sich anstrengen müssen, um in die Schuhe hineinzupassen, die sie Ihnen hinterlässt. Trotzdem sollte man nicht noch einmal den Fehler machen, den neuen Actebis-Geschäftsführer zu unterschätzen. Es gibt Parallelen zu Ihrer Vorgängerin: Auch Sie haben Ihre Karriere nicht in der Distribution gemacht, und auch Sie kommen von HP, wo Sie zuletzt als Country Manager Germany ProCurve die Verantwortung für das Netzwerkgeschäft sowie das Solution Business hatten. Es hat den Anschein, dass es schlechtere Voraussetzungen gibt, um als Geschäftsführer in der Distribution erfolgreich zu sein.

Lieber Herr Neumeier, wir sind gespannt, wie Sie sich in der Distributionslandschaft bewegen werden.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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