"Frau Müller, wir müssen eine Adhoc-Mitteilung verschicken, der Chef hat gute Laune"

Haben Sie schon mal einen "Gute-Laune-Kurs“ besucht? Nein? Sie sollten darüber nachdenken. Schon allein der Firma wegen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Itelligence-Chef Herbert Vogel,

viele Menschen sind heute gut gelaunt, und der Grund dafür ist nicht der Weltspartag. Nein, das liegt an einfach daran, dass heute Freitag ist und das Wochenende bevor steht. Gute Laune ist etwas Tolles, sowohl für den, der sie hat, als auch für diejenigen, die mit dem gut gelaunten Menschen zu tun haben. Dagegen stelle ich mir die Hölle vor als eine Ansammlung von schlecht gelaunten Menschen auf engem Raum und keine Chance, sich aus dem Staub zu machen.

Itelligence-Chef Herbert Vogel

(Bild: Itelligence)

Wenn es stimmt, was man so mitkriegt, dann gibt es in Deutschland einige Firmen, die meiner Vorstellung einer Hölle ziemlich nahe kommen. Und weil der Fisch immer vom Kopf anfängt zu stinken, liegt dies meistens am Chef. Ich will jetzt nicht schon wieder Chefschelte betreiben, das ist genauso einfach wie langweilig. Aber der Chef – oder sagen wir besser: der direkte Vorgesetzte – ist nun einmal für die Mitarbeiter der wichtigste Mensch in einer Firma, und wenn man da so einen chronischen Miesepeter und Muffelkopp sitzen hat, dann hat man aber mal so richtig Pech. Viele halten das nicht lange aus – wer schmort schon gerne in der Hölle? –, und deshalb ist auch der Vorgesetzte der Kündigungsgrund Nummer 1 in Deutschland.

In einer älteren Ausgabe der Zeitschrift "Harvard Business Manager" habe ich einen Artikel gefunden, in dem es um die "Gefühlslage des Chefs" und die Auswirkungen auf die Mitarbeiter sowie den Erfolg der Firma geht. Was wir alle irgendwie schon immer geahnt haben, wird durch diesen Beitrag bestätigt: Wenn der Chef schlecht drauf ist, geht´s auch mit der Stimmung in der Belegschaft bergab. Und ein chronisch miesepetriger Chef ist nicht nur eine Strafe für seine Mitarbeiter, sondern auch eine Gefahr für den Erfolg des Unternehmens.

Ich darf mal ein paar Sätze aus dem Artikel zitieren: "Die Stimmung und die Verhaltensweise der Führungskraft prägen die emotionale Verfassung und die Verhaltensweise aller anderen Mitarbeiter. Ein cholerischer und rücksichtsloser Chef erzeugt ein schlechtes Klima im Betrieb, was dazu führt, dass er bald von lauter negativ eingestellten und wenig leistungsfähigen Mitarbeitern umgeben ist. Ein inspirierender, integrierender Vorgesetzter hingegen zieht sich Helfer heran, die jede Herausforderung frohgemut in Angriff nehmen. Das letzte Glied der Kette ist Leistung: in Form von Gewinn oder Verlust."

Also gute Laune ist nicht nur ein Segen fürs eigene Befinden, sondern wirkt sich auch noch positiv auf die Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und damit der ganzen Firma aus. Wir alle haben wohl schon die Erfahrung gemacht, dass gute Laune ansteckend ist (schlechte Laune allerdings leider auch). Wäre es da nicht prima, wenn man es schaffen könnte, immer und überall gut gelaunt zu sein? Oder jedenfalls dann, wenn´s drauf ankommt? Klar wäre es prima, aber wie soll das gehen? Vermutlich gar nicht. Deshalb raten manche Experten, Führungskräfte müssten sich von ihren Launen unabhängig machen, also mehr oder weniger auf Launen einfach verzichten. Ich frage mich allerdings, wie das gehen soll. Ich bin da skeptisch. Vielversprechender scheint mir der Ansatz zu versuchen, seine Launen von äußeren Umständen unabhängig zu machen, also zum Beispiel vom schlechten Wetter oder vom Stau auf dem Weg ins Büro oder einfach weil Montag ist. Ich fürchte aber, auch das ist nicht ganz einfach. Aber gut, wenn´s einfach wäre, dann könnt´s ja jeder.

Vielleicht helfen so genannte "Gute-Laune-Kurse", wie sie in Deutschland beispielsweise die Düsseldorferin Evelyn Lethaus anbietet. Sicher ist eins: Wenn gute Laune wirklich so wichtig für die Performance des Unternehmens ist, dann ergeben sich daraus weitreichende Konsequenzen. So sollte dieser Punkt neben der fachlichen Kompetenz des Managements unbedingt in die Basel-2-Kriterienliste zur Kreditvergabe aufgenommen werden. Oder nehmen wir mal an, der griesgrämige Vorstandschef eines börsennotierten Unternehmens, das in eine Schieflage geraten ist, entschließt sich auf Druck der Banken, an einem Gute-Laune-Kurs teilzunehmen. Da wir ja nun wissen, wie wichtig seine Stimmung für den Erfolg der Firma ist, ist die Teilnahme des Chefs an dem "Gute-Laune-Kurs" durchaus ein Faktor, der indirekt auch den Aktienkurs des Unternehmens beeinflussen kann. Daher wäre eine entsprechende Ad-hoc-Mitteilung fällig: "Vorstandschef Dr. Piesepampel nimmt an zweiwöchigem Gute-Laune-Kurs teil." Ich meine, das wäre mal eine Information, die wirklich wichtig wäre.

Beste Grüße und allzeit gute Laune!

Damian Sicking

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