Gut gezwitschert

Geschäftlich gut zu twittern ist alles andere als einfach. Wichtig ist es dabei auch, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Immer mehr Unternehmen erkennen im Microblogging-Dienst Twitter einen für sie interessanten Marketingkanal, um Nutzer über Produktneuheiten zu informieren und um einfach mit ihnen in Kontakt zu bleiben. In großen Firmen bilden sich eigene Social Media Groups, die nur noch für Marketing- und PR-Maßnahmen über diese Kanäle zuständig sind. Je mehr Follower man bei Twitter hat, desto größer ist die Reichweite. Bekanntermaßen ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Dies gilt selbstverständlich auch für das Versenden von Tweets durch Unternehmen. Damit fängt es aber schon an: Wann ist ein Tweet geschäftlich und wann nicht? Rein geschäftliches Twittern liegt auf jeden Fall vor, wenn dies aus der Twitter-Adresse eindeutig ersichtlich ist, zum Beispiel bei twitter.com/daimler_news oder in der Twitter-Schreibweise „@daimler_news“.

Geschäftlich sind Tweets auch schon dann, wenn man seinen privaten Twitter-Account häufiger dazu verwendet, eigene Produkte und Dienstleistungen anzupreisen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man locker und in direkter Sprache oder „per Du“ twittert. Denn nach deutschem Recht muss nur ein „Handeln im Wettbewerb zu geschäftlichen Zwecken“ vorliegen, und schon muss man sich auch rechtlich als Unternehmer behandeln lassen. Dann gelten strengere Regeln als für jemanden, der ausschließlich privat twittert. Gerade hier sind die Unternehmen aufgerufen, verbindliche Regeln für ihre Mitarbeiter aus den Marketing- und PR-Abteilungen zu erlassen. Soll etwa nur über geschäftliche Adressen getwittert werden, so muss man dies festlegen – auch zum Schutz der Mitarbeiter vor unangenehmem juristischen Folgen.

Denn häufig mischen Angestellte private und geschäftliche Nutzung, was schnell rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann – etwa, wenn man in seinen Tweets wettbewerbswidrige Äußerungen von sich gibt, Wettbewerber „schlecht macht“ und dergleichen. Immerhin dürften aufgrund der Kürze der Tweets urheberrechtliche Fragen eher selten eine Rolle spielen. Dies gilt allerdings nicht für den Auftritt auf twitter.com selbst. Hier darf man zur Eigendarstellung keine unlizenzierten Fotos und Texte verwenden.

Tweets selbst dürften nur in den seltensten Fällen urheberrechtlich geschützt sein, sodass sie beliebig kopiert und genutzt werden können. Abgesehen von ein paar wirklich kreativen Texten mit maximal 140 Zeichen ist nämlich die für Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe meist nicht erreicht. Die Twitter-AGB sehen zwar vor, dass Inhalte den jeweiligen Nutzern „gehören“. Andererseits fordern sie aber ausdrücklich zur Nutzung von Inhalten anderer Nutzer auf. Erst dadurch werden „Retweets“, also das Weiterverbreiten von Tweets anderer, möglich.

Irrelevant für die rechtliche Bewertung ist die Tatsache, dass die Twitter-Server in den USA stehen. Wer in Deutschland eine rechtswidrige Handlung begeht, haftet nach deutschem Recht und kann vor deutschen Gerichten in Anspruch genommen werden. Das gilt übrigens auch für Ausländer, wenn sie gegenüber Nutzern in Deutschland rechtswidrig handeln. Wo der dafür genutzte Server steht, spielt keine Rolle.

Ein Klassiker des Internetrechts ist die Linkhaftung, die auch vor Twitter nicht haltmacht. Da Tweets häufig Links enthalten, ist an sich klar, dass hierfür die allgemeinen Haftungsgrundsätze gelten. Entscheidend für die Frage einer juristischen Inanspruchnahme ist, ob man sich einen Inhalt einer verlinkten Webseite zu eigen macht oder nicht. Im ersteren Fall trägt man eindeutig die Verantwortung dafür und kann bei rechtswidrigen Inhalten auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Dass aber auch schon das Setzen eines Links auf „rechtswidrige Software“ im Rahmen eines journalistisch-redaktionell gehaltenen Presseartikels eine Haftung auslösen kann, bekam der Heise-Verlag zu spüren. Vorsicht ist also ebenfalls in diesem Bereich angebracht.

Genau festlegen wer was darf

Eindeutige Regeln und Vorgaben für Mitarbeiter sind auch aus anderen Gründen erforderlich. Sie erleichtern es einem Arbeitgeber, rechtliche Schritte gegen einen Mitarbeiter einzuleiten, der sich nicht an diese Vorgaben hält. So ist beispielsweise eindeutig zu regeln, wer Twitter-Accounts im Namen des Unternehmens anlegen und wer die entsprechenden Passwörter kennen darf. Verletzungen dieser Vorgaben können das Arbeitsverhältnis gefährden. Auch wer geschäftlich twittert und dabei Rechte von Konkurrenten oder sonstigen Personen mindestens fahrlässig verletzt, muss sich auf arbeitsrechtliche Konsequenzen gefasst machen. Je klarer und eindeutiger das Twittern durch den Chef geregelt ist, desto leichter wird ihm im Einzelfall eine Abmahnung oder sogar Kündigung möglich sein.

Ein weiterer Kanal für Indiskretionen

Unternehmen und Projekte nutzen Twitter gerne, um ihre Neuigkeiten schnell im Internet zu verbreiten – hier das Antispam-Projekt der iX.

Nicht zuletzt gilt natürlich auch hier, dass kein Mitarbeiter geheime Informationen und Interna twittern darf. Das klingt so einfach und ist doch so schwer. Twitter ist ein schnelles Medium, bei dem häufig (zu) wenig Zeit vor dem Absenden einer Nachricht bleibt, wirklich über ihren Inhalt nachzudenken. Da passiert es schnell, dass die falschen Informationen nach außen gelangen. Juristischer Ärger könnte folgen, denn ein Tweet ist, wenn er einmal veröffentlicht ist, zwar noch zu bearbeiten oder zu löschen, aus diversen Caches oder Suchmaschinen wird er vermutlich aber nicht mehr zu entfernen sein. Und eine Information, die einmal bekannt ist oder womöglich über Retweets und andere Kanäle die Runde macht, kann nicht mehr zurückgenommen werden.

Gleich, ob sie Twitter für sich geschäftlich nutzen wollen oder nicht, müssen Unternehmen immer häufiger feststellen, dass „ihre“ Twitter-Adresse schon von einem Dritten registriert ist. Zum Glück helfen aber auch hier die allgemeinen Marken- und Namensrechte. Allerdings kann ihre Durchsetzung im Zweifel problematisch sein. Zum einen kann man sich direkt an den Support von Twitter wenden. Da Twitter ein US-amerikanisches Unternehmen ist, muss man seine Rechte dort geltend machen. Konkret heißt das, man muss in Deutschland gegen den Dienstanbieter vorgehen sowie eine Gerichtsentscheidung übersetzen und diese in den USA zustellen lassen.

Zum anderen gibt es weitere Hürden: Gegen Unternehmen, die einem einen Twitter-Account-Namen weggeschnappt haben, muss man unter Umständen ebenfalls im Ausland vorgehen. Hat eine Privatperson einen Twitter-Namen registriert und nutzt sie diesen ausschließlich zu privaten Zwecken, hilft das Markenrecht nicht weiter, um dagegen vorzugehen. Denn nach §§ 14 und 15 Markengesetz ist für einen Anspruch gegen den „Benutzer“ der Marke erforderlich, dass dieser „im geschäftlichen Verkehr“ handelt. Bei einer Privatperson ist das nur der Fall, wenn sie wie beschrieben den privaten Account geschäftlich nutzt.

In dem Fall helfen nur namensrechtliche Ansprüche, deren Durchsetzung in den USA oder anderswo aber deutlich mehr Schwierigkeiten bereitet, als dies in Europa der Fall ist. Im Einzelfall ist man gut bedient, wenn der Twitter-Support auf entsprechende Anfrage reagiert und die betreffenden Account-Namen an den Rechteinhaber überträgt. Sonst bleibt einem nur der zeitraubende und kostspielige Gang zu den staatlichen Gerichten, um gegen Twitter oder andere Nutzer vorzugehen. Letztlich gilt bei Twitter-Namen: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Die leidige Impressumsfrage

Seit einiger Zeit diskutieren Juristen darüber, ob ein Unternehmensauftritt auf Twitter auch mit einem Impressum versehen sein muss. Die Antwort lautet: ja. Denn es macht nun mal rechtlich keinen Unterschied, ob man eine Webseite geschäftlich nutzt oder dafür Twitter einsetzt. Allerdings muss man das Impressum nicht in den einzelnen Tweet pressen, denn das geht auf 140 Zeichen nun wirklich nicht, wenn man bedenkt, welche Angaben zwingend sind.

Auf das Impressum sollte aber zumindest im eigenen Profil auf der Twitter-Webseite verlinkt werden. Da gesetzlich erforderlich ist, dass das Impressum „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten“ ist, bietet sich ein entsprechend gekennzeichneter Link im Feld „Bio“ oder im Feld „Web“ des jeweiligen Twitter-Profils an. Um Zweifel zu vermeiden, sollte das Unternehmen den Link eindeutig als „Impressum“ kennzeichnen, zumindest in der URL selbst.

Schließlich muss man sich auch an die rechtlichen Vorgaben von Twitter selbst halten. Diese stehen in den unter twitter.com abrufbaren „Terms of Service“, leider nur englischsprachig. Nur wer unter Zustimmung zu diesen AGB mit Twitter einen Vertrag eingeht, darf die Dienstleistungen nutzen. Gleich zu Beginn wird klargestellt, dass man für seine auf und über Twitter verbreiteten Inhalte selbst verantwortlich ist. Ein Allgemeinplatz nach deutschem Recht.

Twitter behält sich vor, seine Leistungen jederzeit zu verändern. Das sollte man wissen, bevor man große Investitionen in den Aufbau entsprechender Abteilungen steckt. Der Dienstanbieter behält sich auch vor, Inhalte jederzeit zu löschen. Dies gilt insbesondere bei Verstößen gegen die „Twitter Rules“, die sich ebenfalls auf der Homepage befinden. Wer gegen den Anbieter gerichtlich vorgehen will, muss sich an die Gerichte im kalifornischen San Francisco wenden. Denn dort ist der Sitz des Unternehmens und nach den AGB gilt das dortige Recht.

Fazit

Twittern bedeutet für Unternehmen Chance und Risiko zugleich. Hier gelten juristische Rahmenbedingungen, die man beachten sollte. Das gilt insbesondere für die Inhalte von Tweets. Aber auch an das zwingend vorgeschriebene Impressum sollten Unternehmen denken. Wer seine Mitarbeiter zum Twittern von geschäftlichen Informationen einsetzt oder die Nutzung des Dienstes sogar verbieten will, sollte ihnen klare und eindeutige Regeln an die Hand geben, um juristischen Ärger möglichst bereits im Vorfeld zu vermeiden. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich die ersten Gerichte in Deutschland mit Rechtsverletzungen über Twitter zu beschäftigen haben. Dass hier Auseinandersetzungen auch auf die Arbeitsgerichte zukommen, steht zu befürchten.

Tobias Haar, LL.M., ist Syndikusanwalt und Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT-Recht. (gs)