HP: Ist das Tal der Tränen endlich durchschritten?

Die gerade veröffentlichen Geschäftsergebnisse zeigen: HP ist noch immer eine Baustelle. Aber es gibt Grund zum Optimismus. Meinen zumindest Investoren und kaufen wieder HP-Aktie. Der Kurs steigt. Ganz anders dagegen IBM: Hier kursiert der Aktienkurs nahe am 52-Wochentief. Dennoch ist IBM an der Börse fast viermal so viel Wert wie HP.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Liebe HP-Chefin Meg Whitman,

HP-Chefin Meg Whitman

HP-Chefin Meg Whitman

(Bild: HP)

man muss schon ein sehr positiv denkender Mensch sein, um in den von Ihnen in der vergangenen Wochen vorgelegten Geschäftsergebnissen etwas Positives zu erkennen. Denn die Zahlen waren alles andere als gut. HP hat zum neunten Mal in Folge Quartalszahlen veröffentlicht, die einen niedrigeren Umsatz als im gleichen Quartal des jeweiligen Vorjahres ausweisen. Gäbe es keine Wechselkursschwankungen, wäre es sogar das zehnte Quartal. Damit befinden Sie sich, wenn man so will, in schlechter Gesellschaft. Denn auch Ihre Kollegin vom Konkurrenten IBM, Ginni Rometty, ist nicht wirklich erfolgreicher. "Seit Ginni Rometty den Chefposten bei IBM übernommen hat, kennt der Umsatz nur eine Richtung: nach unten“, schrieb das Handelsblatt anlässlich der Vorlage der Geschäftszahlen zum dritten Quartal 2013 in seiner Printausgabe. Es war das sechste Quartal in Folge mit einem Umsatzrückgang. Rometty ist seit Januar 2012 an der Spitze von IBM.

Interessant ist die Reaktion der Börse auf die HP-Zahlen in der vergangenen Woche. Die Investoren hatten wohl noch schlechtere Zahlen erwartet und meinten, zumindest eine positive Tendenz erkennen zu können. Daher griffen sie zu und kauften HP-Aktien. Der Kurs ging um rund neun Prozent nach oben. Innerhalb eines Jahres hat sich der Wert des HP-Anteilsscheins damit von 13 auf über 27 Dollar mehr als verdoppelt. Ganz anders dagegen die IBM-Aktie: Nach einem Zwischenhoch von 215 Dollar im April dieses Jahres sackte der Kurs auf ein 52-Wochentief von 172 Dollar, um sich auf aktuell knapp 180 Dollar wieder empor zu kämpfen. Dennoch bleibt festzuhalten: IBM repräsentiert derzeit einen Börsenwert von rund 195 Milliarden Dollar und ist damit fast vier Mal so viel wert wie HP (etwa 50 Milliarden Dollar). Und das, obwohl HP mit rund 112 Milliarden Dollar mehr Umsatz macht als der Konkurrent aus Armonk (104,5 Milliarden Dollar in 2012).

Der Grund für die höhere Unternehmensbewertung wird sofort klar, wenn man auf die Profitabilität der beiden Unternehmen blickt. HP hat im soeben abgelaufenen Geschäftsjahr einen Reingewinn von 5,1 Milliarden Dollar eingefahren. Das entspricht einer Umsatzrendite von 4,6 Prozent. Immerhin! Aber kein Vergleich mit IBM: Bei einem Umsatz von 104,5 Milliarden Dollar schaffte "Big Blue“ im Jahr 2012 einen Überschuss von sage und schreibe 16,6 Milliarden Dollar. Umsatzrendite: 16 Prozent! Dementsprechend fällt auch die Betrachtung in Bezug auf den Gewinn pro Aktie aus: 2,68 Dollar (HP) zu 14,53 Dollar (IBM).

Das macht deutlich, woran HP dringend arbeiten muss: Die Profitabilität muss sich verbessern. Dann hat HP auch wieder die Chance, eine angemessene Börsenbewertung zu erhalten. Denn unter uns: Die 50 Milliarden Dollar, mit denen HP derzeit an der Börse notiert ist, sind trotz des bereits realisierten Anstiegs im Verlaufe dieses Jahres noch immer ein Witz für eine Company wie HP.

Aber es geht nicht nur um Profitabilität: Auch das Leistungsangebot und das Produktsortiment muss stimmen. HP muss in allen Bereichen besser werden und nach meiner Auffassung zwingend auch ein Thema reinholen, das man bisher einfach vermasselt hat: Ich meine den Bereich Smarthones. Smartphones sind ja heute nichts anderes als der persönlichste Personal Computer. Ein Bereich, der enorm wächst und weiter wachsen wird. Ein PC-Anbieter, der hier nichts anbieten kann – wie eben HP – der hat schlechterdings kein vollständiges und wettbewerbsfähiges Produktsortiment. Ich will jetzt nicht mehr auf dem Thema Palm rumreiten. Das ist Geschichte, und Geschichte läßt sich bekanntlich nicht ändern. Aber die Zukunft läßt sich gestalten, und ich bin sehr gespannt, wann HP uns im Bereich Smartphone positiv überraschen wird. Aber diese Überraschung, lieber Frau Whitman, die muss kommen, wenn Sie der PC-Division von HP eine neue Richtung geben wollen. Oder Sie machen es IBM nach und verkaufen diesen Bereich, wie schon vielfach diskutiert. Aber wenn Sie ihn nicht verkaufen, sondern behalten, dann müssen Smartphones her, der persönlichste aller Computer. Ich glaube, Sie selber, liebe Frau Whitman, und andere Führungskräfte im HP-Konzern sehen dies genauso. Jetzt muss nur endlich auch einmal etwas Sichtbares passieren!

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und einen frohen Advent.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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