Haben Sie auch Angst vorm Sommerloch?

Der Media-Markt hat ja gerade in München den größten Media-Markt der Welt eröffnet. Zwei Fußballfelder groß! Und das jetzt, wo das Sommerloch vor der Tür steht. Andererseits: Der Fußball macht ja auch gerade Sommerpause.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Media-Saturn-Holding-Chef Roland Weise,

haben Sie auch schon solche Angst vorm diesjährigen Sommerloch? Jedes Jahr dieselbe Frage: Kommt es oder kommt es nicht, und wenn es kommt, wie tief wird es sein? Ich für meinen Teil spüre jetzt schon, wie es näher kommt. Woran ich das merke? An der Nachrichtenlage. Die ist bereits heute so was von mau. Kann natürlich auch an der Krise liegen. Was die Sache natürlich nicht besser macht. Wenn zum ganz normalen Sommerloch in diesem Jahr noch das Krisenloch dazukommt und beide sich zum Krisensommerloch verbinden, dann, ja dann frage ich mich, ob die Eröffnung des größten Media-Marktes der Welt vor einigen Wochen in München vom Timing her wirklich gut gelungen ist. Immerhin hat der Laden 10.000 Quadratmeter Fläche und ist damit so groß wie zwei Fußballfelder. Andererseits: Der Fußball macht ja jetzt auch Sommerpause, also passt es doch wieder irgendwie.

Media-Markt-Kunde Olli Dittrich

(Bild: MSH)

Im Sommer ist es immer so, dass das eine Drittel der Deutschen gerade im Urlaub und also woanders ist. Dem zweiten Drittel ist es zu heiß, und das dritte Drittel hat kein Geld. Wenigstens das mit dem Urlaub kann in diesem Jahr anders sein. Denn wie man hört, sollen viele Leute zu Hause bleiben oder zumindest ihren Urlaub in Deutschland verbringen. Das ist für alle IT-Händler grundsätzlich schon mal eine gute Nachricht. Zumal es ja diesen "Homing"-Trend geben soll. "Homing" – kennen Sie nicht? Das bedeutet, wenn wir schon zu Hause bleiben, dann machen wir es uns hier wenigstens richtig schön und gucken dann auch nicht auf jeden Euro. Schön findet diesen Trend auch der Einzelhandel, der sich davon Mehrumsatz in einer nicht näher bezifferten Größe verspricht (Spielekonsolen, Notebooks, TV-Geräte etc.).

Sicher ist, dass das Wetter auch in diesem Jahr wieder eine mitentscheidende Rolle spielen wird. Wenn es diesen Sommer wieder so heiß werden sollte wie im Jahr 2003, dann Prost Mahlzeit. Statt in den Computershops und Elektronikmärkten lümmelte die verehrte Kundschaft seinerzeit an den Badeseen und in den Freizeitparks herum. Ich erinnere mich noch gut, wie die damalige Retail-Chefin von HP, Regine Stachelhaus, wegen des über Wochen andauernden Supersommer-Wetters schon fast verzweifelt auf schlechteres Wetter wartete.

Überhaupt: Dass das Wetter starke Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Umsätze der Unternehmen hat, steht inzwischen fest. Bei Wikipedia habe ich gerade gelesen, dass weltweit vier Fünftel aller wirtschaftlichen Aktivitäten direkt oder indirekt vom Wetter beeinflusst sein sollen. Mann-oh-Mann, gell? Es gibt sogar eine Homepage "Wetter und Wirtschaft" und eine andere "Wirtschaftswetter", beide sind aber noch sehr ausbaufähig.

Jedenfalls sind die Auswirkungen des Wetters auf die Wirtschaftsleistung enorm. Bei der Hitze zum Beispiel in vielen heißen Ländern – da kann man ja nicht einmal einen einzigen klaren Gedanken fassen. Ich frage mich auch, ob der Niedergang von Karstadt vielleicht indirekt etwas mit dem Wetter zu tun hat.

Und dann das Biowetter! Biowetter klingt ja zunächst einmal gut, so wie Bio-Fleisch, Bio-Eier oder Bio-Sprit. Der Unterschied ist aber, dass das Biowetter meistens schlecht ist. Gemeint ist damit nichts anderes als Wetterfühligkeit und wetterbedingte Befindlichkeitsschwankungen. Untersuchungen haben ergeben, dass mindestens jeder dritte Deutsche auf Wetterreize reagiert, Frauen tendenziell mehr als Männer. Vielleicht kennen Sie das auch, lieber Herr Weise: Es gibt Tage, da stehen wir morgens auf und fühlen uns schon schlapp, antriebslos und übersichtlich gut gelaunt. Selbst wenn die Sonne scheint. Auch der Kreislauf macht Schwierigkeiten. Und wir haben keine wirkliche Erklärung dafür. Ich bin dann immer fest davon überzeugt, dass es am Wetter liegt. Nehmen Sie doch nur den Biowetterbericht von gestern: "Die wechselhafte Witterung macht Menschen mit einem empfindlichen Kreislauf schwer zu schaffen. Blutdruckschwankungen können mit Kreislaufstörungen einhergehen und von Kopfschmerzen und Migräne begleitet werden. Husten und Schnupfen breiten sich aus. Auch Rheumatiker sind durch das Wetter benachteiligt." Klingt doch mehr nach Krankenhaus als nach Handelshaus, kein Wunder, dass bei solch einem Biowetter nicht nur die Menschen, sondern auch die Einzelhandelsumsätze leiden.

Wer so unterm Biowetter leidet wie oben beschrieben, der geht nicht hin und kauft einen PC oder ein Notebook. Der schlappt einfach zu Hause rum und tut sich leid. Da können Sie gar nichts machen, lieber Herr Weise, und wenn Sie noch so viele Prospekte verschicken. Spannend für Psychologen ist natürlich der Fall, wenn ein vom miesen Biowetter gepeinigter und daher schlecht gelaunter Konsument doch mal in Ihren Laden kommt (weil zum Beispiel sein Notebook den Geist aufgegeben hat und er ein neues braucht) und dort auf einen ebenfalls unter dem Biowetter leidenden Verkäufer trifft. Was passiert dann?

Immer mehr Unternehmen erkennen die Bedeutung des Wetters für ihre Geschäfte. Und zwar nicht nur Biergartenbetreiber, Bauern und Bootsverleiher. Für Ikea zum Beispiel ist die Wetterprognose ein wichtiges Instrument für die Personaleinsatzplanung – bei schönem Wetter kommen weniger Kunden und man braucht daher auch weniger Personal. Oder nehmen Sie den Deutschen Wetterdienst (DWD). Der hat spezielle Leistungen und Angebote für alle möglichen Wirtschaftsunternehmen bis hin zu Industrie und Gewerbe.

Lieber Herr Weise, vielleicht kommen wir in diesem Jahr sommerlochtechnisch gesehen doch noch mit einem blauen Auge davon. Zum einen bleiben, wie gesagt, angeblich mehr Verbraucher in unseren heimischen Gefilden als sonst. Und zum anderen sind die Wetteraussichten für den Sommer ziemlich schlecht, was aus Handelssicht "ziemlich gut" bedeutet. Die Langfristprognose (komisch, ich dachte langfristig wären wir alle tot?!) des Wetterportals Donnerwetter.de lautet: "Wir gehen von einem sehr wechselhaften Sommer 2009 aus. Nach unserer Donnerwetter.de-Langfristprognose rechnen wir in den kommenden Monaten mit ständig wechselnden Tief- und Hochdruckgebieten, die kräftige Schauer und Gewitter auslösen werden. Immer wieder wird heiße Luft durch kältere abgelöst, sodass es in der Atmosphäre ordentlich brodelt."

Über das Biowetter in den kommenden Wochen und Monaten allerdings liegen keine Prognosen vor. Bestimmt ist es schlecht.

Beste Grüße

Damian Sicking

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