Kampagne von Ex-Mitarbeitern?

11 von 12 Markengesellschaften, so betont Nemtschek-Vorstand Kurt Dobitsch, bringen seit Jahren tolle Leistungen. Nur eine, die Allplan, stagniert seit Jahren trotz Rekordinvestitionen. Schuld daran sind die ehemaligen Manager, davon ist der Vorstandsvorsitzende überzeugt.

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Von
  • Georg Schnurer

Sehr geehrter Herr Sicking,

freundlicherweise wurde mir Ihre Kolumne vom 16. September 2013 auf „Heise Online“ weitergeleitet. Aufmachung und Titelzeile haben mich an das Jahr 1991 erinnert. Zu meiner Berufung in das europäische Führungsteam von Compaq, hatten Sie mir damals in einem Artikel jegliche Fähigkeiten für die Position abgesprochen, obwohl Sie mich gar nicht kannten. Ich habe einen wesentlichen Anteil dazu beigetragen, dass Compaq vom Sanierungsfall zum globalen Markführer wurde.

Dass Sie mich nun schon zu Lebzeiten zum "Helden der 90iger Jahre" machen, ehrt mich. Ich leite daraus nur das Recht ab, den Inhalt Ihrer Kolumne zu differenzieren und zu versachlichen. Das ist dringend erforderlich, zumal Sie einräumen, dass Sie „Nemetschek“ kaum kennen. Ich nehme an, dass Sie die Informationen aus einer Kampagne von Ex-Mitarbeitern gegen meine Person nehmen.

Die Nemetschek Struktur umfasst die Holding (AG) und 12 weitgehend selbstständige Markengesellschaften. Damit kann schon erklärt werden, mit welchen Leistungen der Aufsichtsrat – ich bin nur einer von 3 Mitgliedern und als Vorsitzender die Schnittstelle zu Vorstand und Öffentlichkeit – seit längerer Zeit unzufrieden ist. Fakt ist, dass 11 Markengesellschaften seit Jahren tolle Leistungen erbringen. Und diese sind es, die den Erfolg der Nemetschek AG ausmachen. Deren Manager, mehr als 40 an der Zahl, sind im Schnitt seit mehr als 15 Jahren bei ihren Gesellschaften für innovative Produkte, gutes Umsatz- und Ertragswachstum sowie hohe Kundenzufriedenheit verantwortlich. Kündigungen und Abgänge gibt es dort praktisch nicht.

Nur eine Markengesellschaft, Allplan – unternehmerische Wurzel der Nemetschek Gruppe und CAD-Marktführer bis 2008 –, stagniert seit vielen Jahren im gleichen Markt (AECO) trotz Rekordinvestitionen. Nach Beurteilung des Aufsichtsrats waren die Manager, die langjährig diese Firma geführt haben, dafür verantwortlich. Nicht der Aufsichtsrat und schon gar nicht die Mitarbeiter (welche unter dieser schlechten Führung und den ausgebliebenen Erfolgen erkennbar "gelitten" haben). Letztere schätzt der Aufsichtsrat durchaus sehr.

Die Verantwortung des Aufsichtsrats ist, in derartigen Situationen zu handeln. In wenigen Tagen wird das komplett neue Allplan-Managementteam, bestehend aus 5 Managern, vollständig sein und mit vollstem Vertrauen und Unterstützung des Aufsichtsrats die Neuausrichtung dieser Markengesellschaft in den nächsten Jahren erfolgreich durchführen.

Natürlich tragen die ehemaligen Vorstände, denen Sie in Ihrer Kolumne umfangreiches Verständnis entgegenbringen (aus meiner Sicht fragwürdig), die finale Verantwortung. Aber nicht nur dies, sondern Einiges mehr und in der Kampagne bedauerlicherweise mit falschen Informationen begründet, erfordert dringend eine Versachlichung. Dabei fasse ich bereits öffentlich kommunizierte Fakten, die bislang leider nicht so in der Presse wiedergegeben wurden, zusammen.

Nach 6 Jahren Vorstandstätigkeit hat Herr Homolka, bis dato Alleinvorstand, 2011 erkannt, dass er auf Vorstandsebene Unterstützung braucht, um ein globales Softwareunternehmen erfolgreich zu führen. Auf seinen Wunsch hin wurde mit Herrn Lüdke ein weiterer Vorstand berufen. Diese Personalie war, wie bereits vom Aufsichtsrat mehrmals erklärt, ein Fehler. Herr Lüdke wurde im Oktober 2012 fristlos entlassen. Begründung: Zahlreiche Missachtungen sowie Verletzungen der Geschäftsordnung und ordentlicher Geschäftsführung.

In der Hauptversammlung wurde er deshalb mit 99,69% der Aktionärsstimmen auch nicht entlastet. Nebenbemerkung: Der Aufsichtsrat wurde entlastet. Und im Jahr zuvor wurde der Aufsichtsrat und in erfolgter Einzelabstimmung meine Person mit 99,52% für 5 weitere Jahre wiedergewählt. Aktionäre und Investoren (im Übrigen auch die Mitarbeiter) wünschen sich eben einen aktiven Aufsichtsrat, schlechte Manager natürlich weniger.

Frau Dreilich war die von Herrn Lüdke vorgeschlagene und geforderte Wunschkandidatin für die Funktion des Finanzvorstands, nachdem Herr Homolka ausschied. Die Entlassung von Herrn Lüdke hatte Frau Dreilich zum Anlass genommen, die Funktion des Alleinvorstands der Nemetschek AG ultimativ zu fordern. Der Aufsichtsrat hat dem entsprochen. Aus Respekt gegenüber der Person Frau Dreilich und im Hinblick auf ihren weiteren beruflichen Werdegang werde ich keine Details kommunizieren, sondern nur auf Ihre Frage, was mit "chronischer Untätigkeit" gemeint ist, antworten. Der Aufsichtsrat schätzt, dass der berufene Interimsvorstand noch einige Monate tätig sein muss, um die unerledigten Themen und Projekte zu bearbeiten und abzuschließen.

Sie haben Recht, Erfolg ist relativ. Nur hat mir meine langjährige unternehmerische Tätigkeit und Erfahrung schon das Urteilsvermögen verschafft, Machbares von Träumen zu unterscheiden. Der ehemalige Vorstand hat das Jahr 2012 mit einem Ertragsrückgang von 11% bei stabilen Marktverhältnissen abgeschlossen. Auch die Analysten und Investoren haben bei Bekanntgabe des Q2/2013 festgestellt, dass die eigenen, niedrigen Vorstandsprognosen verfehlt wurden.

Fazit: Mit meiner persönlichen Antwort an Sie sowie den Fakten (von den Verfassern von Artikeln zu „Nemetschek“ leider zuletzt ignoriert), möchte ich nur meiner Verantwortung dem Unternehmen, den Aktionären und Investoren, Kunden und Mitarbeitern gerecht werden. Es geht nicht um meine Person. Wie Sie schreiben, war ich Ihr "Held" in den 90iger Jahren, habe in den verschiedenen Aufsichtsratsfunktionen zum Erfolg zahlreicher Firmen beigetragen, mit der Bechtle AG und der United Internet AG aus Mittelstandsfirmen sogar Milliardenunternehmen geschaffen.

Die vorgenannten Personen und Institutionen bei Nemetschek haben Anrecht auf eine sachliche Berichterstattung, auch in Form einer Kolumne. Die wenigen Ex-Mitarbeiter sollten nicht noch eine Plattform finden, wo sie nach ihren Fehlleistungen dem Unternehmen möglicherweise weiteren Schaden zufügen.

Mit dem neuen Allplan-Managementteam, welches schon seit Kurzem erfolgreich tätig ist, und einem neuen Team von mindestens 3 Vorständen, welche wir in Kürze benennen und berufen werden, hat die Nemetschek Gruppe wieder exzellente Führungskompetenz in allen Einheiten. Damit ist ein solides Ergebniswachstum sichergestellt sowie auch der Erfolg der Gruppe in den globalen Märkten.

Freundliche Grüße
Kurt Dobitsch
Vorsitzender des Aufsichtsrats
der Nemetscheck AG (gs)