Kolumne: 1.000 Milliarden Euro Schaden für die deutsche Wirtschaft durch allerlei Verschiedenes

Produktpiraterie, Ladendiebstahl, Korruption, Verkehrsstau, Fehlzeiten... Das alles und noch viel mehr richtet einen immensen Schaden für die Unternehmen und die gesamte Volkswirtschaft an. Eigentlich müssten wir schon längst pleite sein.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

DIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Wansleben

(Bild: DIHK)

Lieber DIHK -Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Wansleben,

die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg hat eine Broschüre "Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung. So schützen Firmenchefs ihr Unternehmen" herausgebracht, welche man auch von der Homepage herunterladen kann. Die Lektüre dieser Broschüre ist allen Geschäftsführern und Managern dringend zu empfehlen, immerhin entsteht den deutschen Firmen durch Wirtschaftsspionage ein jährlicher Schaden von 20 Milliarden Euro, meinen zumindest Experten.

Apropos Schaden: Den Unternehmen und damit der gesamten Volkswirtschaft in Deutschland könnte es viel besser gehen, hätten wir nicht so viele Schäden, die entweder höhere Umsätze verhindern oder höhere Kosten verursachen. Ich habe mal völlig unsystematisch gesammelt und war selbst erschrocken, welche Summen da zusammenkommen.

Den größten Schaden für die deutschen Unternehmen verursachen die eigenen Mitarbeiter. Vor allem wenn sie demotiviert sind und keinen Bock haben: 245 Milliarden Euro Schaden für die deutsche Wirtschaft. Scheinen wirklich sehr viele zu sein. Doch damit nicht genug. Fehlzeiten aufgrund von Krankheit oder Faulfieber: mehr als 22 Milliarden Euro. Privates Surfen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz: 53 Milliarden Euro. Gerne lädt man sich dann auch mal einen Virus runter oder macht anderen Unsinn: über 4 Milliarden Euro Schaden durch Spam und Viren. Und jetzt das Beste: Unbefriedigendes Sexleben: mehr als 65 Milliarden Euro .

Doch es sind nicht nur die Mitarbeiter, die man auf der Payroll stehen hat, die Probleme machen, es sind auch die Mitarbeiter, die man nicht hat, aber eigentlich bräuchte. Fehlende Fachkräfte sind für einen wirtschaftlichen Schaden von immerhin 20 Milliarden Euro gut.

Wie man weiß, greifen die Mitarbeiter gerne auch mal in die Firmenkasse oder ins Regal: 3,3 Milliarden Euro Schaden durch Ladendiebstähle (inkl. der Nichtmitarbeiter). Den wirtschaftliche Schaden durch Kriminelle überhaupt beziffern einige auf mindestens 6 Milliarden Euro. Doch dabei kann es sich nur um Kleinkriminelle handeln. Denn allein durch Produktpiraterie entsteht der deutschen Wirtschaft ein Schaden von 30 Milliarden Euro, allein schon im Bereich der Maschinen- und Anlagebauer sind es 7 Milliarden Euro.

Doch das ist alles noch nichts gegenüber dem größten Block, dem Hammer, dem "Super-Siemens": Korruption! Allein im Gesundheitswesen sprechen wir hier von einem Schaden in Höhe von 24 Milliarden Euro. Betrachtet man die deutsche Wirtschaft insgesamt, liegt der Schaden je nach Quelle zwischen 50 , 100 und 295 Milliarden Euro. 295 Milliarden Euro! Skandalös, vor allem weil kein einziger Cent davon bei mir gelandet ist.

Damit sind wir natürlich noch nicht am Ende. Jeweils 4 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Schaden bringen Werbeverbote, die Folgen der Finanzkrise allein bei der Bayern-LB sowie die Liechtenstein-Steuerhinterziehungsaffäre ("Zumwinkel"). Ein größerer Brocken ist noch mal der Schaden durch Verkehrsstaus auf deutschen Straßen: 100 Milliarden Euro jährlich. Schäden in Folge von Naturkatastrophen wie der Sturm Kyrill im vergangenen Jahr mit 7 Milliarden Euro seien hier nur erwähnt.

Natürlich erhebt diese Aufstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Viele weitere volkswirtschaftliche Schadensmeldungen sind hier gar nicht aufgeführt (z.B. Streik bei der Lufthansa, Verschwendung von Toilettenpapier in den Betriebswaschräumen, Wartezeiten an Supermarktkassen und vor Umkleidekabinen in Boutiquen, schlechtes Wetter, mangelhaft aufgepumpte Autoreifen, flegelhaftes Benehmen, Urheberabgabe auf Drucker, Disziplinlosigkeit, Verschwendung, halbvolle Busse und Straßenbahnen, nicht leer gegessene Teller, Medikamentenmissbrauch und insgesamt Sucht, Unpünktlichkeit, Krankheit, Tod).

Ich denke, wir kommen alles in allem auf eine glatte Summe von 1.000 Milliarden Euro heraus, die uns, also der der Volkswirtschaft, aus den genannten Gründen und Missständen in der Kasse fehlen. 1.000 Milliarden Euro ist eine ganz hübsche Stange Geld, wenn Sie mich fragen, vor allem angesichts des deutschen Bruttonationaleinkommens von 2.447 Milliarden Euro. Und was tun wir gegen diese volkswirtschaftlichen Schadensverursacher? Oder besser was tun Sie dagegen, lieber Herr Dr. Wansleben? Ich weiß es nicht.

Wollen wir wetten, was die nächste Schadensmeldung ist? Mein Tipp: Der (volks-) wirtschaftliche Schaden aufgrund des Rauchverbots in Gaststätten.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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