Kolumne: Dürfen Mitarbeiter Fehler machen? Ein Top-Arbeitgeber sagt: Sie müssen!

Vergangene Woche ist der TK-Infrastrukturanbieter Huber + Suhner bereits zum dritten Mal in Folge als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet worden. Sogar die Bild berichtete. Offenbar eine klasse Firma. Nur die Sache mit den Fehlern, die gibt zu denken.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Huber + Suhner-Chef Georg Mattis,

am Freitag vergangener Woche zeichnete Ex-Bundeswirtschaftsminister und Ex-SPD-Politiker Wolfgang Clement die besten Arbeitgeber Deutschlands aus. In der Kategorie "Mittelstand" zählt Ihr Unternehmen, die Huber + Suhner GmbH aus Taufkirchen bei München, zu den Preisträgern. Zum wiederholten Male bereits, denn auch in den Jahren 2008 und 2007 erhielten Sie dieses Prädikat.

Zum Gesamtsieg hat es für Sie allerdings nicht gereicht. Den holte sich Softwarehersteller CAS AG aus Karlsuhe. Aber dennoch: Herzlichen Glückwunsch. Sicher haben Sie sich gefreut. Und als dann auch noch am vergangenen Samstag die Bild in ihrer München-Ausgabe über ihren Triumph berichtete (Schlagzeile: "Das sind Münchens beste Firmen-Chefs"), war das schöne Wochenende gesichert. Auf der Homepage des Ausrichters des Top-Job-Wettbewerbs kann man nachlesen, warum Huber + Suhner diese Auszeichnung erhalten hat. Klingt alles ganz toll, bis auf zwei Sachen: Zum einen wird der "authentische Führungstil" gelobt. Zum Thema "Authentizität von Führungskräften" will ich an dieser Stelle nur sagen, dass ich das für völlig überschätzt und teilweise sogar gefährlich halte, und verweise gerne auf meinen Beitrag, den ich vor Kurzem an dieser Stelle veröffentlicht habe. Der zweite Punkt, der mir in der Begründung negativ aufgefallen ist, ist die Sache mit den Fehlern. Dort heißt es, dass bei Huber + Suhner Fehler erlaubt seien. In dem Zeitungsartikel der Bild werden Sie sogar mit dem Satz zitiert: "Fehler müssen sein, weil man daraus lernt."

Das ist so ein Satz, den man immer wieder hört, wenn Firmenchefs erzählen, warum es so toll ist, in ihrem Unternehmen zu arbeiten. Aber das ist Mumpitz. Finde ich jedenfalls. Aus Sicht mancher Mitarbeiter ist es vielleicht prima, in einem Betrieb zu arbeiten, in dem Fehler ausdrücklich erlaubt sind. Aber ich glaube, dass die Kollegen, die die Fehler der anderen immer wieder ausbügeln müssen, dies gar nicht so prima finden. Und dann stellt sich die weitere Frage: Wie finden Ihre Kunden das? Finden Ihre Kunden das auch toll, dass bei Ihnen Fehler erlaubt sind? Gibt ihnen das ein gutes Gefühl, dass Sie der richtige Partner sind?

Und, lieber Herr Mattis, was heißt denn hier: "Fehler müssen sein"? Das ist doch Quatsch mit Soße. Fehler müssen vor allem eins: vermieden werden. Stellen Sie sich vor, Huber + Suhner wäre kein Anbieter von TK-Infrastrukturlösungen, sondern ein Krankenhaus. Möchten Sie in einer Klinik auf dem OP-Tisch liegen, wenn dort Fehler ausdrücklich erlaubt und vom Chef sogar gewünscht sind? Das würde mich doch sehr wundern. Es gibt nur einen Bereich, wo Fehler – im Sinne von Versuch und Irrtum – erlaubt sind und eine Berechtigung haben: in der Abteilung "Forschung & Entwicklung". Was aber nicht sein darf, ist, dass die ganze Firma "Forschung & Entwicklung" ist.

Und noch etwas: Wollen Sie wirklich, dass junge Menschen sich bei Ihnen bewerben, weil sie bei Ihnen Fehler machen dürfen? So nach dem früheren Jägermeister-Werbeslogan "Ich arbeite so gerne bei Huber & Suhner, weil man hier Fehler machen darf". Ich bin nicht sicher, ob Sie auf diese Weise wirklich immer die Spitzennachwuchskräfte bekommen, die Sie für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens benötigen.

Beste Grüße

Damian Sicking

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