Kolumne: PC-Ware und Raiffeisen Informatik - Kampfansage an die Konkurrenz

Die Woche begann mit einem Paukenschlag: Das deutsche Systemhaus PC-Ware läßt sich von der österreichischen Raiffeisen Informatik übernehmen. Für die Firma aus Leipzig respektive seinen Gründer und CEO Dr. Knut Löschke beginnt ein neuer Abschnitt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

PC-Ware-Chef Dr. Knut Löschke freut sich.

(Bild: PC-Ware)

Lieber PC-Ware-Chef Dr. Knut Löschke,

was für ein Wochenstart für alle IT-Handelsinteressierten in Deutschland! Erst die Ankündigung des amerikanischen Retailers Best Buy, im kommenden Jahr den Großangriff auf Europa zu beginnen, und dann die Mitteilung über die geplante freundliche Übernahme der PC-Ware durch das österreichische Unternehmen Raiffeisen Informatik. Denn um nichts anderes handelt es sich schließlich bei der angestrebten Beteiligung von "mindestens 50,1 Prozent". Die Fakten des Deals sind so weit bekannt beziehungsweise nachzulesen. Für PC-Ware und ihre Mitarbeiter ist die Übernahme ein spektakulärer Schritt und so etwas wie der Beginn einer neuen Ära. Denn wenn alles so kommt wie geplant, werden Sie, lieber Herr Dr. Löschke, anschließend nicht mehr der größte Einzelaktionär des Unternehmens sein. Derzeit halten Sie rund 18 Prozent der Anteile. Mit anderen Worten: Das Sagen hat in Zukunft jemand anders. Vielleicht für Sie der Einstieg in den Ausstieg aus dem operativen Geschäft?

Eher am Rande interessant dürfte die Tatsache sein, dass die Raiffeisen Informatik mit rund 440 Millionen Euro Umsatz und etwa 1.300 Mitarbeiter (2007) ein deutliches Stückchen kleiner ist als PC-Ware (Umsatz 2007: 776 Millionen Euro, 1.485 Mitarbeiter).

Auffallend aber ist Ihre Betonung, dass es sich bei der Beteiligung der Österreicher nicht um ein reines Kapitalinvestment, sondern um eine strategische Beteiligung handelt. Wenn ich mich nicht verzählt habe, haben Sie es geschafft, in der Pressemitteilung von gestern das Wort "strategisch" immerhin zehn Mal unterzubringen. (Dafür sucht man das in diesen Fälle früher obligatorische Wort "Synergie" vergebens.) Was diese strategische Was-auch-immer(-Partnerschaft?) für die Unternehmen PC-Ware und Raiffeisen Informatik aber konkret-inhaltlich bedeutet – wie also die Strategie aussehen soll –, wird nicht verraten. Vermutlich besteht darüber in beiden Häusern auch noch gar keine Klarheit. Fest steht lediglich, dass PC-Ware weiterhin "als eigene Marke und eigenständig operierendes Unternehmen agieren" wird. Zumindest steht das ganz fest in Ihrer Mitteilung von gestern.

Was mich aber wirklich fasziniert, ist das Selbstbewusstsein, das Sie aus dem neuen Senior-Partner aus Österreich tanken. Noch vor wenigen Wochen hatten Sie in einem Interview gesagt, PC-Ware solle "einer der führenden Anbieter in Europa werden". Jetzt, im Zusammenhang mit der geplanten Übernahme, lehnen Sie sich ein ganzes Stück weiter aus dem Fenster und erklären, PC-Ware werde sich "zum führenden herstellerunabhängigen ICT-Provider in Europa entwickeln". Aus "einem der führenden" Unternehmen wird binnen Monatsfrist "das führende" Unternehmen. Mit anderen Worten: Was Sie sich nun zum Ziel gesetzt haben, ist die Nummer-1-Position in Europa. Das ist eine klare Kampfansage vor allem an den europäischen Marktführer Computacenter; natürlich auch an ihren deutschen Wettbewerber Bechtle, allerdings hat Bechtle-Chef Ralf Klenk bereits mehrfach betont, dass er sich im Systemhausgeschäft auf die deutschsprachigen Länder beschränken will.

Nun, lieber Herr Dr. Löschke, da haben Sie sich ja ganz schön was vorgenommen. Computacenter hat bereits im vergangenen Jahr konsolidiert fast 3,5 Milliarden Euro umgesetzt. Und während Sie für das Jahr 2009/10 das Erreichen der Umsatzmilliarde ins Visier nehmen, steuert Bechtle für das Jahr 2010 bereits einen Umsatz von zwei Milliarden an. Können Sie verstehen, dass ich sehr gespannt bin, auf welche Weise Sie in einem überschaubaren Zeitraum die Nummer-1-Position einnehmen wollen?

Beste Grüße

Damian Sicking

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