Kolumne: Prominente Verstärkung für LG?

Uli Kemp (48) ist im wahrsten Sinne ein Schwergewicht in der IT-Branche. Der ehemalige HP- und FSC-Manager war Anfang dieses Jahres überraschend bei T-Systems ausgeschieden. Jetzt soll er bei LG in Willich unterschrieben haben.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Branchenschwergewicht Uli Kemp

(Bild: T-Systems)

Lieber Ex-T-Systems, Ex-FSC und Ex-HP-Manager Uli Kemp,

nach Ihrem überraschenden Ausstieg bei T-Systems Anfang dieses Jahres sagten Sie, Sie wollten nun "erst einmal drei Monate Pause machen". Das waren aber drei sehr lange Monate, denn jetzt haben wir November, und Uli Kemp ist immer noch nicht wieder aufgetaucht. Doch die Zeit des Füße-Hochlegens nähert sich dem Ende: Sie werden, wenn meine Informationen stimmen – und ich habe wenig Zweifel daran –, bald das Management von LG in Willich verstärken. Natürlich habe ich dort nachgefragt, aber man wollte sich nicht dazu äußern. Die einzige Bemerkung, die ich meinem Ansprechpartner aus der Nase ziehen konnte, war, dass das Management "bald" komplett sein werde.

Wieso "bald komplett"? Ich dachte, das wäre schon längst der Fall. Hatte LG nicht am 12. Februar 2008 unter der Überschrift "LG komplettiert Führungsmannschaft" froh und stolz verkündet, dass "sämtliche vakante Spitzenpositionen besetzt" seien? Und Stefan Tiefenthal, der damals den Job von Luc Graré als Direktor Information System Products (ISP) übernommen hatte – Graré war zum Commercial Director befördert worden und in dieser Funktion übergreifend für die Bereiche ISP, Braune und Weiße Ware sowie Klimageräte verantwortlich – ist noch immer an Bord. Graré ebenfalls. Stellt sich also die Frage, welche Position LG für einen Top-Manager wie Uli Kemp noch zu bieten hat.

LG ist ein Unternehmen, das neben der IT noch die Geschäftsfelder TV, Audio, Mobiltelefone, Video, Hausgeräte ("Weiße Ware"), Klimageräte und Hotel-TV im Portfolio hat. Wenn man nun Uli Kemp und LG "matcht", dann bleiben doch einige Bereich übrig, die Sie, lieber Herr Kemp, zumindest aufgrund Ihrer bisherigen Tätigkeiten nicht ausfüllen. Sie sind ein Mann der IT-Branche, Sie begannen 1988 bei HP Deutschland und stiegen die Karriereleiter bis zum Leiter des PC-Geschäfts hoch. Im Jahr 2001 folgten Sie Ihrem ehemaligen Chef Bernd Bischoff und gingen als Senior Vice President und Deutschland-Geschäftsführer zu Fujitsu Siemens. Zum 1. Januar 2005 wechselten Sie zur Telekom-Tochter T-Systems, wo Sie als Mitglied der Geschäftsführung die Verantwortung für das Geschäft mit dem Mittelstand übernahmen. Sie sind also nicht nur ein IT-Mann, sondern auch noch ein BtB-Mann. Die Kunden auf Anwenderseite, mit denen Sie zu tun hatten, waren zur Hauptsache Geschäftskunden. Retail- und Consumer-Business – also wesentliche Geschäftsfelder von LG – ist etwas, was Sie erst noch lernen müssen.

Aber vielleicht haben sich die LG-Leute für Sie ja hauptsächlich wegen Ihrer Managementkompetenz entschieden. Und klar, Sie kennen die Vertriebswege, sie sprechen die Sprache der Vertriebspartner und vor allem: Sie haben Dampf. Wenn Sie sich etwas vorgenommen haben, dann lassen Sie sich nicht so schnell aufhalten. Sie sind bekannt für Ihren enormen persönlichen Einsatz, den Sie bringen. Insofern denke ich, dass Sie für ein Unternehmen, das bislang Schwierigkeiten hatte, die eigentlich vorhandenen Potenziale zu nutzen, eine hervorragende Besetzung sind.

Es gibt Leute, die sagen, dass ein Manager, der länger als maximal drei Monate "draußen" ist, nicht mehr zu gebrauchen ist. Warum das so sein soll, habe ich bis heute nicht verstanden (irgendwas mit Kontakten, die angeblich so schnell verloren gehen, und dem Müßiggang, der aller Laster Anfang sein soll und so). Ich glaube auch nicht, dass das richtig ist. Natürlich kann es sein, dass ein Manager, der nach vielen Jahren Stress, Kampf, Hektik, Druck und Ärger in einer Auszeit merkt, dass es auch ganz schön sein kann, nicht um 4:30 Uhr aus dem Bett zu kriechen, um den "Pyjama-Bomber" um 7:10 Uhr nach Düsseldorf zu bekommen. Dass es auch seinen Reiz hat, wenn man nicht über Budgets und Forecats, Abnahmemengen und Zielverfehlungen streiten muss. Aber genauso gibt es den Manager, der ein paar Wochen oder Monate Auszeit nutzt, um seinen Akku wieder aufzuladen und dann darauf brennt, sich mit neuer Energie und frischem Schwung erneut ins Tagesgeschäft zu stürzen und etwas zu gestalten und zu bewegen. Kommt halt immer darauf an. Ich denke nur, es wäre fahrlässig, einen Top-Manager abzuschreiben und auf ihn zu verzichten, einzig und allein aus dem Grunde, dass er ein paar Monate nicht in der Tretmühle geschuftet hat.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, lieber Herr Kemp, gutes Gelingen bei Ihrer neuen Aufgabe, wie immer die auch aussieht.

Beste Grüße

Damian Sicking

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