Kolumne: Warum Tech Data mit Brightstar zwar gescheitert ist, aber vielleicht trotzdem nicht versagt hat.

Wenn das Tech-Data-Management alles getan hat, um der TK-Tochter Brightstar zum Erfolg zu verhelfen, braucht es sich nach dem Scheitern keine Asche übers Haupt zu streuen. Wenn das Management alles getan hat ...

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Liebe Tech-Data-Geschäftsführer,

Brightstar-Geschäftsführer Michael Moeller geht zurück nach Dänemark.

(Bild: Tech Data)

Anfang dieser Woche meldete CRN-online: "Brightstar-Modell bei Tech Data Deutschland gescheitert." Der erst im vergangenen Jahr gegründete Telekommunikationsdistributor Brightstar, ein Joint Venture zwischen Tech Data und dem amerikanische TK-Distributor Brightstar, macht zu. Geschäftsführer Michael Moeller, der erst im Dezember vergangenen Jahres sein Büro im Tech-Data-Gebäude in München bezogen hatte, geht zurück nach Dänemark und will sich mit einer Unternehmensberatung selbstständig machen. Nach dem ebenfalls nicht erfolgreichen Ausflug in die Unterhaltungselektronik-Branche vor wenigen Jahren ist die vorerst fehlgeschlagene Diversifizierung in Richtung TK bereits der zweite Rückschlag für Tech Data beim Ausbau der Wettbewerbsposition.

Dabei waren die Erwartungen so hoch. Im Frühjahr 2007 träumte der damalige Tech-Data-Geschäftsführer Klaus Schlichtherle davon, dass Brightstar innerhalb von zwei Jahren einen Marktanteil in Deutschland von zehn Prozent und mehr erreichen könnte. Doch es kam ganz anders.

Der wesentliche Grund für das Scheitern von Brightstar in Deutschland liegt darin, dass die Firma als Startup in den Markt gehen musste. Zwar konnte das Unternehmen auf die große Kundendatenbank von Tech Data zugreifen, doch dabei handelt es sich im Wesentlichen um IT-Händler und -Systemhäuser. Und die interessierten – und interessieren sich auch heute noch – zum großen Teil nicht für Themen aus dem Bereich Telekommunikation. Gleichzeitig fehlte Brightstar der Zugang zu den TK-Händlern, die für das Grundrauschen hätten sorgen müssen. Entweder kannten die Münchener diese Händler nicht oder diese waren bereits in den Händen der etablierten Distributionsspezialisten wie Komsa und NT-Plus. Und Brightstar war hierzulande ein Nobody, kaum jemand kannte das Unternehmen. Warum also wechseln?

Wie beim Thema Zusammenwachsen von IT und Unterhaltungselektronik (UE) unterschätzt die Branche auch beim Thema Zusammenwachsen (Konvergenz!) von IT und TK den Konservativismus des Handels und vor allem des Verbauchers. Es geht nicht so schnell, wie die Industrie sich dies wünscht. Auch Komsa und NT-Plus können ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, mit dem Thema TK bei den IT-Händlern vorzudringen. Hier braucht man einen langen Atem. Wer wie die TK-Distributoren nicht auf eine angestammte Basis, die TK-Händler, bauen und von hier aus kontinuierlich die IT-Händler bearbeiten kann, dem droht, die Puste auszugehen. Der Newcomer Brightstar hatte in Deutschland diese Basis nicht. Mit anderen Worten: Brightstar ist einfach die Zeit davongelaufen.

Liebe Tech-Data-Geschäftsführer, jetzt haben natürlich wieder diejenigen Branchenvertreter Oberwasser, die sich über Tech Data die Mäuler zerreissen. "Ein Nagel mehr für den Sarg des Unternehmens" und solche Sprüche sind wieder zu hören. Gut, man muss sagen, wirklich viel scheint Tech Data in den vergangenen Jahren in Deutschland nicht gelungen zu sein, vom reinen Überleben einmal abgesehen. Aber trotzdem ist die Häme, die nun wieder über Sie ausgeschüttet wird, unangebracht und schäbig.

Denn Sie haben es versucht. Sie haben ein neues Thema angepackt. Es war nicht von vornherein aussichtslos. Es gab eine Chance auf den Erfolg. Wenn Sie alles – wirklich alles – getan haben, um das Thema zum Fliegen zu bringen, dann können Sie mit breiter Brust und erhobenem Haupt ihren Kritikern entgegentreten. Denn dann sind Sie mit Brightstar in Deutschland zwar gescheitert, Sie haben aber trotzdem nicht versagt. Wer etwas versucht, etwas unternimmt, sich einer Herausforderung stellt und dann scheitert, obwohl er alles getan hat, der hat nicht versagt. Egal ob es sich um ein Unternehmen oder ein Individuum handelt. Versagt aber hat immer und auf jeden Fall derjenige, der aus Angst vor einem möglichen Scheitern erst gar nichts unternimmt.

Das Scheitern gehört dazu. Nicht alles, was man versucht, kann gelingen. Es gibt weltweit nur einen Menschen, bei dem alles zu Gold wird, was er anpackt: Franz Beckenbauer. ;-)

Mit den besten Grüßen

Damian Sicking ()