Lenovo: mehr Mercedes und weniger Porsche

Von allen großen PC-Herstellern ist Lenovo gegenwärtig am besten in Form. Auf dem Partner-Kickoff vergangene Woche in Stuttgart ließ dann auch das deutsche Management die Muskeln spielen. "Posen“ ist allerdings nicht die Stärke von Geschäftsführer Bernhard Fauser & Co. Aber am Ende des Tages kommt es darauf auch nicht an.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Lenovo-Geschäftsführer Bernhard Fauser,

Lenovo-Geschäftsführer Bernhard Fauser

(Bild: Lenovo)

ein Kickoff-Meeting ist nach allgemeinem Verständnis die "Auftaktveranstaltung für ein größeres Projekt, die ein gemeinsames Verständnis der bevorstehenden Aufgabe herbeiführen soll und der Teambildung dient“. Auch das "Lenovo Channel Kick-Off 2012“ am Donnerstag vergangener Woche in der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart konnte man als Auftaktveranstaltung für ein größeres Projekt betrachten – das Projekt "Marktführerschaft“ nämlich. Dazu später mehr.

Wer wie ich in seinem Leben schon an zahlreichen Kickoff-Veranstaltungen von IT-Herstellern teilgenommen hat, der weiß, was ihn für gewöhnlich erwartet: Eine Mischung aus Information und Entertainment, ein bisschen Tschakka und ein wenig Trullala, dann noch gegenseitiges Umarmen und Wertschätzen und Brüderschaft trinken. So ein Kickoff, das erinnert mich immer an den legendären Nummer-1-Hit "Sieben Tage lang“ der niederländischen Band BOTS aus den 70er Jahren. Dort heißt es:

"Dann wollen wir schaffen,
s
ieben Tage lang,
dann wollen wir schaffen,
komm fass an!
Und das wird keine Plackerei,
wir schaffen zusammen,
sieben Tage lang,
ja schaffen zusammen, nicht allein.
(…)
Dann kriegt der Frust uns nicht mehr klein,
wir halten zusammen,
keiner kämpft allein,
wir gehen zusammen,
nicht allein.
(...)
Was wollen wir trinken,
sieben Tage lang,
was wollen wir trinken, nicht allein?
Es wird genug für alle sein,
wir trinken zusammen,
roll das Fass mal rein,
wir trinken zusammen, nicht allein."

Getrunken wird auf so einem Kickoff zwar in der Regel keine sieben Tage lang, wie in dem Lied der BOTS, aber ein paar Liter Wein und Bier verdunsten bei diesen Veranstaltungen immer.

Wer allerdings mit der Erwartungshaltung auf eine Show-Veranstaltung zum Lenovo-Kickoff anreiste, der wurde enttäuscht. Lenovo mag es lieber gediegener und serös. Gut, so ein Kickoff muss ja auch zum Veranstalter passen. Und so ein lautes und knallbuntes Event, das passt nun einmal nicht zu dem gediegenen und seriösen Anbieter Lenovo (nebenbei gesagt: diese Gediegenheit in der Erbsubstanz – IBM läßt grüßen – ist vielleicht auch der Grund, weshalb sich Lenovo so schwer im Consumermarkt tut, zumindest hier in Deutschland).

Der Tschakka- und Hurra-Faktor war auf der Lenovo-Veranstaltung nicht einmal rudimentär vorhanden. Dazu passt auch das Erscheinungsbild von Einladern und Eingeladenen: fast nur schwarze Anzüge, viele davon mit Schlips (dabei war in der Einladung eigens als Dresscode "Business Casual“ angegeben – da fragt man sich, was dann bei Lenovo "Business“ ist, also ohne "Casual“). Insofern war auch das Mercedes-Benz-Stadion gut gewählt. Lenovo und Mercedes passen vom Image her eben doch besser zusammen als Lenovo und Porsche, um einen anderen Automobilhersteller mit Sitz in Stuttgart zu nehmen.

Wie auch immer: Auch das Lenovo-Kickoff-Meeting in Stuttgart war, wie gesagt, die "Auftaktveranstaltung für ein größeres Projekt“. Und dieses Projekt heißt: Marktführerschaft auch in Deutschland! Ihr frisch gebackener SMB-Chef Robert Pasquier – er hatte Anfang vergangenen Jahres die Leitung der westeuropäischen Channelpartner-Organisation übernommen und ist seit Anfang April dieses Jahres Executive Director Head of SMB – sagte in seiner Rede, dass Lenovo im PC-Bereich bereits ganz dicht an den Marktführer HP herangekommen sei. Erklärtes Ziel: HP in diesem Jahr vom Thron zu stoßen. Dazu soll der SMB-Bereich ganz massiv beitragen. Um 35 Prozent will Pasquier ("Ich bin wieder zurück. Jetzt können wir richtig Gas geben!“) die Umsätze im SMB-Bereich in diesem Jahr steigern und damit den Marktanteil um 2,2 Punkte auf 8,7 Prozent ausweiten.

Auch Sie selber, lieber Herr Fauser, äußerten sich ja auf die Ihnen eigene kämpferische Art. "Wir hatten in den vergangenen Quartalen einen extrem guten Lauf, und ich gehe davon aus, dass das auch so bleibt“, sagten Sie, wenn ich meine Notizen richtig lesen kann. Übrigens: Die Branchengerüchte, dass Headhunter für Sie einen Nachfolger suchen, scheinen wirklich nur Gerüchte zu sein. Also in diesem Fall zwar Rauch, aber kein Feuer.

Lieber Herr Fauser, ich habe schon an unterhaltsameren und lebendigeren Kickoff-Meetings teilgenommen. Aber letzten Endes zählt etwas anderes: Nämlich was vor und nach der Veranstaltung passiert. Und zwar nicht nur sieben, sondern 364 Tage lang.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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