Liebe am Arbeitsplatz und die arbeitsrechtlichen Folgen

Bei nahezu jedem vierten Deutschen hat es zwischen Kantine und Kopierer schon einmal gefunkt. Kein Wunder, verbringt man doch mit den Kollegen die meiste Zeit. Doch Liebe am Arbeitsplatz kann auch arbeitsrechtliche Folgen haben.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Büro ist auch eine Partnerbörse: Jeder vierte Deutsche hatte schon mal eine Beziehung im Kollegenkreis. Jeder zehnte Arbeitnehmer hat deswegen allerdings auch schon seinen Job gewechselt. Zwar sind solche Beziehungen heutzutage kein Tabu mehr, aber bleiben in vielen Betrieben dennoch problematisch. Welche Folgen eine Liaison im Kollegenkreis haben kann und welche arbeitsrechtlichen Regeln gelten, erklärt Rechtsanwalt Alexander Bredereck im Interview.

Eine aktuelle StepStone-Umfrage hat ergeben, dass 23 Prozent der Arbeitnehmer/innen schon mal eine Beziehung im Kollegenkreis hatten. Sind Beziehungen unter Kollegen denn aus arbeitsrechtlicher Sicht erlaubt?

Alexander Bredereck: Selbstverständlich. Der Arbeitgeber kauft mit dem Arbeitslohn nur die Arbeitskraft des Arbeitnehmers, nicht aber sein Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit.

Alexander Bredereck arbeitet seit 1999 als Rechtsanwalt und seit 2005 als Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bredereck Willkomm Rechtsanwälte in Berlin. Er ist Vorstand der Verbraucher- zentrale Brandenburg e.V. sowie Mitglied im Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. und Mitglied im Arbeitskreis Arbeitsrecht im Berliner Anwaltsverein e.V. Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Fachanwalt für Arbeitsrecht ist die Vertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Kündigungsschutzprozessen.

Trotzdem gibt es Arbeitgeber, die offen kommunizieren, dass sie eine Beziehung unter Kollegen nicht wünschen und im Falle eines Falles sogar mit Versetzung oder Kündigung drohen. Wie sind solche "Verbote" einzuschätzen?

Bredereck: Solche Verbote sind ganz klar unwirksam. Allerdings: In der Praxis erlebe ich häufig, dass gerade bei Personen mit herausgehobener Verantwortung auf Umwegen – zum Beispiel über angeblich betriebsbedingt notwendige Kündigungen oder über Mobbing, beziehungsweise Bossing – eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses angestrebt wird.

Und wie verhält es sich mit der Aufforderung, etwaige Beziehungen zu einem Kollegen oder einer Kollegin sofort zu melden? Darf ein Arbeitgeber diese Informationspflicht fordern?

Bredereck: Nein. Aber in der Praxis kommen solche Forderungen vor und es gibt Arbeitnehmer, die sich daran halten.

Darf ein Arbeitgeber denn eingreifen, falls sich aus der Beziehung Spannungen am Arbeitsplatz, beispielsweise durch mögliche Interessenkonflikte, ergeben?

Bredereck: Wenn beispielsweise der Leiter der Personalabteilung ein Verhältnis mit einer untergeordneten Mitarbeiterin hat, werden die jeweiligen Kollegen schnell eine Bevorzugung argwöhnen. Das kann ja sogar berechtigt sein.

Natürlich wird ein Arbeitgeber dann eingreifen. Er wird es schwer haben, hier mit einer wirksamen Kündigung zu reagieren. Oft werden die oben beschriebenen Methoden angewandt.

Wenn die Betroffenen gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen, kann der Arbeitgeber natürlich mit den üblichen Instrumentarien, also Abmahnung und im Extremfall auch Kündigung vorgehen.

Was ist den betroffenen Paaren denn zu empfehlen? Sollen Sie ihr Verhältnis offen legen?

Bredereck: Das kann man nicht so generell beantworten. Der alte Satz "ehrlich währt am längsten", gilt in diesen Fällen nicht immer. Meiner Erfahrung nach gehen Arbeitsverhältnisse in solchen Fällen schon gelegentlich ihrem baldigen Ende entgegen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)