Naturschutzbund - Kinderschutzbund - Fachhändlerschutzbund?

Kürzlich forderte ein IT-Fachhändler öffentlich, "dass die Politik den stationären Handel schützt". Deutlicher kann man sich selbst kein Armutszeugnis ausstellen, findet heise-resale-Kolumnist Damian Sicking.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Fachhändler aus Rheinland-Pfalz,

vor kurzem verstiegen Sie sich zu der öffentlichen Forderung, "dass die Politik den stationären Handel schützt". Was für ein Unsinn! Deutlicher kann man sich selbst wohl kein Armutszeugnis ausstellen. Man kann Ihre Forderung auch so formulieren: "Ich bin allein nicht fähig, in dieser grausamen Welt zu überleben. Ich bin so schwach und hilflos, dass ich den Schutz des Staates brauche." Lieber Fachhändler aus Rheinland-Pfalz, ein Händler, der so laut danach plärrt, dass der Staat ihn unter seine Fittiche nimmt, der hat nur noch an einem Ort seinen verdienten Platz: im Museum.

Dass wir uns nicht missverstehen: Niemand behauptet, dass das Leben eines Händlers einfach und ein einziges Honigschlecken ist. Aber das war es noch nie. Was sich natürlich permanent ändert, sind die Herausforderungen, mit denen er zu kämpfen hat. Und wie heißt es doch so schön und richtig: "Wenn es einfach wäre, dann könnte es ja jeder." Das wollen Sie doch sicher auch nicht. Ein erfolgreicher IT-Händler zu sein, ist heute eine überaus anspruchsvolle Tätigkeit. Und darüber sollte man durchaus auch froh sein: Denn es erhöht die Markteintrittsbarriere für potenzielle neue Konkurrenten. Auch im IT-Handel gilt: Qualität kommt von Qual.

Sie kennen sicher diesen Spruch:

"Wer nichts wird, wird Wirt.

Wem auch dies noch nicht gelungen, der macht in Versicherungen."

Wollen Sie etwa noch eine dritte Zeile, die vielleicht so lautet:

"Und wer auch dies nicht schafft auf Erden, kann immer noch Computerhändler werden."

Wollen Sie das, lieber Fachhändler aus Rheinland-Pfalz? Was ist Ihnen lieber, dass man Mitleid mit Ihnen hat oder Respekt vor Ihrer Leistung? Mitleid bekommt man geschenkt, Respekt muss man sich verdienen.

Natürlich gibt es Fälle, in denen der Staat schützend die Hand über jemanden oder etwas halten muss. Immer dann und dort, wo sich die Betroffenen nicht selbst helfen können. Nicht weil sie zu dumm oder zu bequem sind, sondern weil es ihnen grundsätzlich nicht möglich ist. Die Natur zum Beispiel, die kann sich nicht wehren, die muss der Staat schützen. Oder Kinder. Aber IT-Fachhändler???? Es gibt den Naturschutzbund, es gibt den Kinderschutzbund, wollen Sie jetzt den "Fachhändlerschutzbund"? Das kann nicht Ihr Ernst sein.

Und wie, bitteschön, sollte denn dieser Schutz des stationären IT-Fachhändlers durch Vater Staat konkret aussehen? Abschaffung des Wettbewerbs? Höchsteinkaufspreise für den stationären IT-Händler in der Distribution? Mindestverkaufspreise für IT-Produkte bei Amazon und anderen E-Tailern? Steuerbefreiung für alle stationären IT-Fachhändler?

Lieber Fachhändler aus Rheinland-Pfalz, bald haben wir ja wieder die Möglichkeit, unsere Volksvertreter zu wählen. Ich habe bis heute viele Wahlversprechen und Absichtsbekundungen gehört. Das Versprechen, den stationären IT-Fachhandel unter staatlichen Schutz zu stellen, war nicht darunter. Und das ist auch gut so.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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