PC-Netzteile: Ohne 80Plus-Zertifikat geht nichts

PC-Netzteile sind wieder günstiger zu haben. Die Branche rechnet hier mit einem zwar moderaten aber anhaltenden Trend nach unten. Im Endkundensegment sind Netzteile ab 400 Watt aufwärts gefragt, im Fachhandel dagegen zwischen 300 bis 500 Watt. Das 80Plus-Zertifikat ist ein Muss.

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Von
  • Matthias Parbel
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Die Einhaltung des 80Plus-Zertifikat ist bei Endkunden und Handel eines der wichtigsten Kaufkriterien.

(Bild: Enermax)

Insgesamt zeigt sich die Branche mit der Nachfrage nach PC-Netzteilen zufrieden. Die wenigsten Anbieter erreichen aber die sehr guten Verkaufszahlen aus dem Vorjahr. Nach einem überaus zufriedenstellenden ersten Quartal, in dem sich zum Teil auch eine Hochpreispolitik durchsetzen ließ, verliefen die restlichen Monate etwas schwächer. Im Sommer tendierten die Preise wie bei allen Komponenten nach unten. Nach einem kurzen Aufschwung, kaufen Anwender im vierten Quartal wieder günstiger.

Dies zeigt auch das heise resale Preisradar. Der durchschnittliche Angebotspreis im Online-Handel startet demnach in der KW 48 ab 56,66 Euro netto. Im Vergleich zur Vorwoche entspricht dies einem Verlust von sieben Prozent (60,62 Euro). Am meisten gesucht ist das 500-Watt-Netzteil Cooler Master Silent Pro M500 (VK 60,33 Euro netto), gefolgt vom Be quiet Pure Power 530W. Unter den Top 10 platzieren sich sechs Produkte mit 500 bis 600 Watt. Vier Geräte bewegen sich zwischen 300 und 480 Watt. Die Suchergebnisse spiegeln derzeit das generelle Kaufverhalten wieder.

"Bestseller sind in der Regel günstige Geräte mit wenig Zusatz-Features", erklärt Markus Harbach, Leiter Einkauf bei Wave, gegenüber heise resale. "Diese Netzteile besitzen beispielsweise kein Kabel-Management. Eine 80+ Zertifizierung ist dagegen ein Muss. Netzteile, die dieses Zertifikat nicht besitzen, verkaufen sich erfahrungsgemäß schlechter bis gar nicht."

Nach einigen Preisspitzen Anfang des Jahres, hat sich der durchschnittliche Verkaufspreis für PC-Netzteile auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert.

"Deutsche Anwender bevorzugen einen gesunden Mix aus Preis und Leistung", ergänzt Rene Grau, Technical Marketing Manager bei Cooler Master. "So sehen wir die meistverkauften Wattklassen zwischen 500 und 800 Watt." Wobei sich Endkunden im Nachrüstmarkt an Modellen ab 400 Watt und mehr orientieren. Der Fachhandel kauft dagegen vor allem Modelle zwischen 300 bis 500 Watt.

"Ein gutes Netzteil sollte besonders effizient sein, der Lüfter sehr leise arbeiten, ausreichend Anschlüsse zur Verfügung stellen – modular, und auch bei maximaler Last stabil bleiben", erläutert Björn Schreiber, Product Manager bei PC Cooling, die Anforderungen. Die Kaufkriterien der Kunden sind jedoch meist etwas einfacher gestrickt und beschränken sich vielfach nur auf den Preis. Laut Schreiber wird häufig die Leistung der CPU oder der GPU in den Vordergrund gestellt und das Netzteil vernachlässigt: Was in einigen Fällen schon zu einem Zweitkauf geführt habe, da das vermeintlich billigere Modell doch nicht in der Lage war, den Rechner stabil mit der benötigten Leistung zu versorgen.

"Wichtig ist zunächst, dass das Netzteil auch wirklich die angegebene Leistung erreicht", meint Benjamin Schäfer, PR/Marketing Specialist bei Enermax Deutschland. "Es gibt immer noch gerade im Lowend-Bereich viele Netzteile, die bei 80 Prozent Auslastung abschalten. Außerdem sollte man darauf achten, dass das Netzteil über starke 12-Volt-Schienen verfügt. Sie sind für die Stromversorgung der zentralen Systemkomponenten verantwortlich. Sind sie zu schwach oder arbeiten sie instabil, leidet das gesamte System. Dementsprechend erkennt man minderwertigere Netzteile an den im Vergleich extrem starken 5-Volt- und 3,3-Volt-Leitungen." Diese sind aber für die Stromversorgung des Systems nur noch zweitrangig.

Endkunden kaufen im Durchschnitt vor allem Netzteile mit zirka 500 Watt. 1.000-Watt-Boliden gelten dagegen als Nischenmarkt.

(Bild: PC Cooling)

Darüber hinaus ist es heutzutage natürlich generell unerlässlich, dass Netzteile ökonomisch und effizient arbeiten. "Hier sind die 80Plus-Zertifikate ein Kaufkriterium", sagt Marina Schätzle, Marketing Assistant DACH & SE bei OCZ Technology. "Das Netzteil ist eine leider stiefmütterlich behandelte Komponente. Läuft ein System instabil, wird das Problem in der Regel zuerst bei RAM, Mainboard oder auch der Grafikkarte gesucht. Dass neben einer teuren Grafikkarte und einem 1.000-Euro-Prozessor ein qualitativ minderwertiges Netzteil verbaut ist, das den Ansprüchen des Systems nicht gewachsen ist oder nur eine instabile Versorgung leisten kann, kommt häufig vor und ist oft Ursache für Stabilitätsprobleme", schildert Schätzle ihre Erfahrung aus der Praxis.

Damit sind auch bereits die beiden größten Stromverbraucher im PC identifiziert. "CPUs sind in den letzten zwei Jahren zumindest nicht hungriger geworden, zum Teil sogar sparsamer im Verbrauch", erklärt Schätzle. "Bei Grafikkarten sieht die Lage momentan anders aus." Das traurige Negativbeispiel ist die Geforce GTX 480, die zum Teil über 300 Watt verheizt.

Netzteile mit Kabel-Management sorgen für Ordnung: "Nicht benötigte Kabel stören nicht die Luftzirkulation innerhalb des Systems", meint PC-Cooling-Manager Schreiber. Bei höherwertigen Produkten werden die abnehmbaren Kabelstränge nahezu vorausgesetzt. Das Absatzverhältnis von Netzteilen mit und ohne Kabel-Management beziffert die Branche auf rund 50:50. Kabel-Management ist nach wie vor ein Thema, der große Hype ist jedoch verflogen: "Die Kunden sind nicht mehr bereit wesentlich mehr für dieses Feature zu zahlen, verglichen mit Netzteilen ohne Management", konstatiert Wave-Manager Harbach.

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1.000-Watt-Netzteile werden vor allem für Multigrafikkarten-Systeme benötigt sowie für Rechner, die übertaktet werden sollen. Diese fordern zum Teil hohe Ströme auf der 12-Volt-Leitung, die weniger leistungsstarke Geräte meist nicht bieten können. Wer das Netzteil mit zu geringer Last betreibt, zahlt drauf. "Da grundsätzlich der Wirkungsgrad erst ab 20 Prozent Auslastung des Netzteiles interessant wird, bedeutet dies bei einem 1.000-Watt-Netzteil eine Minimum-Last von 200 Watt", sagt Cooler-Master-Manager Grau. "Liegt der PC im Idle-Mode unter den 200 Watt, wird das mit einer zu hohen Stromrechnung quittiert. Anwender mit Standard-PCs mit einer Grafikkarte sind in der Regel gut mit Netzteilen bis 800 Watt beraten. Meist genügen sogar noch kleinere Modelle. Wird der Rechner nur zum Arbeiten mit Office-Programmen sowie Internet und E-Mail benutzt, genügt eine integrierte Grafik, was die benötigte Netzteilgröße reduziert."

Das Thema Effizienz wird auch die künftige Entwicklung bestimmen. "Denn speziell bei schwacher Auslastung sind noch Verbesserungen möglich", sagt Enermax-Manager Schäfer. "Eine wichtige Rolle wird im kommenden Jahr die neue EU-Verordnung Energy Related Products (ErP) Lot 6 (siehe PDF: EU-Verordnung Nr. 1275/2008) spielen, nach der Computersysteme im Stand-by-Betrieb nicht mehr als ein Watt verbrauchen dürfen. Das Netzteil ist dabei neben dem Mainboard die ausschlaggebende Komponente. Die ErP Lot 6 wird in den kommenden Monaten auch Teil der CE-Zertifizierung und hat damit direkte Auswirkungen auf die Hersteller von Computersystemen und auf Systemintegratoren." Einige wenige Produkte wie das Corsair Builder Series CX430 sind bereits erhältlich. Enermax bringt beispielsweise die ersten Netzteilserien, die die neue EU-Norm unterstützen, Anfang 2011 auf den Markt.

"Der Wettbewerb um Marktanteile wird im kommenden Jahr im Segment der 80-PLUS- und 80-PLUS-Bronze-Netzteile entschieden", erwartet Enermax-Manager Schäfer. Diese Effizienzstufen stellen mittlerweile den Standard und sind mit Verkaufspreisen ab rund 40 Euro relativ günstig zu haben. Während die Hersteller auch 2010 an der Effizienz und dem Wirkungsgrad tüfteln werden, muss der Fachhandel davon ausgehen, dass am Ende weiterhin der günstigste Preis den Kaufausschlag gibt. (map)
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