Planung addiert zum Zufall den Irrtum

Ein zufälliges Zusammentreffen von unbedeutenden Faktoren kann dazu führen, dass selbst Unternehmen, die keinen besonderen Vorteil anderen gegenüber aufweisen, ihre Konkurrenz überflügeln.

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Von
  • Damian Sicking

Liebe erfolglose Unternehmer,

man glaubt es kaum, aber die ersten Firmen fangen schon wieder mit der Budgetplanung für das kommende Geschäftsjahr an. Und das in dieser unübersichtlichen, viele sagen nebeligen Großwetterlage. Aber wenn diese Firmen – oft deutsche Töchter amerikanischer Konzerne – nicht früh genug anfangen, werden sie aufgrund der vielen Budgetrunden nicht rechtzeitig fertig ("Schulze, die Erbsenzähler und Semmelbröselsortierer aus dem Headquarter sagen, wir müssen die Reisekosten noch weiter nach unten planen.").

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(Bild: Rowohlt-Verlag)

Andere Firmen planen derzeit gar nicht, behaupten sie jedenfalls. Wegen der Krise und des Nebels. Sie haben Recht. Planen ist ohnehin schon schwierig, weil es immer um die Zukunft geht, oder um mit dem Physik-Nobelpreisträger Niels Bohr zu sprechen: "Prediction is difficult – especially of the future." Und auch in unseren deutschen Gefilden weiß man: "Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum." Doch jetzt habe ich gelernt, dass dies nur die halbe Wahrheit ist. Denn richtig ist: Der Zufall ist durch nichts zu ersetzen, nicht einmal durch Irrtum. Also müssen wir neu formulieren: "Planung addiert zum Zufall den Irrtum." Ich bin fest davon überzeugt, dass dies wirklich so ist. So hatte ich zum Beispiel geplant, bis zu meinem 50. Geburtstag so viel Geld zu scheffeln, dass ich mich zur Ruhe setzen und das Leben genießen kann. Nun bin ich gerade 50 geworden, aber zufälligerweise habe ich die Kohle immer noch nicht zusammen. Da hatte ich mich also wohl geirrt.

Bevor ich mich jetzt in den Verästelungen meiner Großhirnrinde noch weiter verlaufe – bestimmt haben Sie sich schon mal gefragt, warum sie schuften und machen und tun und sich den Hintern aufreißen, aber trotzdem nicht auf einen grünen Zweig kommen, Microsoft aber wohl?! Nun, die Antwort ist einfach: Es liegt nicht an Ihnen, es liegt am Zufall. Klingt komisch, ist aber so. Das sagt zumindest der amerikanische Physiker Leonard Mlodinow in seinem gerade erschienenen Buch "Wenn Gott würfelt oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt". Er geht in seinem Buch explizit auf Microsoft ein und den unglaublichen Zufall, der Bill Gates dazu verhalf, das Betriebssystem für IBM zu liefern (S. 269 f.). Reines Glück! Nichts anderes. Mlodinow schreibt dazu: "Ein zufälliges Zusammentreffen von unbedeutenden Faktoren kann dazu führen (...), dass selbst Unternehmen, die keinen besonderen Vorteil anderen gegenüber aufweisen, ihre Konkurrenz überflügeln." (S. 264) Diesen Satz sollten Sie Ihrer Frau unter die Nase reiben, wenn sie Sie wieder einmal als Versager beschimpft. Sie haben einfach kein Glück, und wenn dann auch noch Pech dazukommt...

Wenn die Sache mit dem Zufall stimmt – und ich zweifle keine Sekunde daran –, dann sollten Sie auch Bestseller der Managementliteratur wie "Auf der Suche nach Spitzenleistungen – Was man von den bestgeführten US-Unternehmen lernen kann" (Peters/Waterman) und "Der Weg zu den Besten – Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg" (Collins) mit Vorsicht genießen. Denn jeder Fall ist einzigartig, weil durch Zufall bestimmt. "Diese angeblich so erfolgreichen Unternehmen, anhand derer die Studien ihre Schlüsse ziehen, haben überwiegend einfach nur Glück", schreiben die Autoren des Artikels "Mehr Glück als Verstand" in der Zeitschrift Harvard Business Manager (5/09, S. 14 f.). Die Lektüre dieser Bücher und anderer Best-Practise-Studien ist zwar nicht komplett für die Katz, meinen die Autoren, die Werke sind aber nur in dem Sinne nützlich, wie auch "ein Märchen zum besseren Verständnis des Lebens beiträgt".

Also kann man gar nichts tun, wenn doch alles Zufall ist? Doch, man kann. Denn es ist nicht ALLES Zufall. Talent, Wissen, Engagement, harte Arbeit gehören ebenfalls dazu. Und Hartnäckigkeit. Ein Beispiel: Ob eine Münze, die Sie hoch werfen, auf Kopf oder Zahl landet, ist Zufall. Wie oft Sie diese Münze werfen, dagegen nicht. Das haben Sie in der Hand. Je öfter Sie die Münze in die Luft werfen, desto höher die Chance, dass sie auf der Seite landet, auf die Sie gewettet haben. Mlodinow dazu: "Menschen, die auf welchem Gebiet auch immer erfolgreich sind, gehören fast alle zu einem bestimmten Typ – dem Typ Mensch, der nicht aufgibt." (S. 24) Daher sind wir gut beraten, wenn wir trotz aller Rückschläge und Misserfolge stur und konsequent weitermachen und nicht die Flinte ins Korn werfen. Denn viele Versager und Gescheiterte, sagte einmal Thomas Edison, sind "Menschen, die nicht erkannt haben, wie nahe sie einem Erfolg waren, als sie aufgaben".

Beste Grüße

Damian Sicking

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