Stefan Engel: In diesem Jahr keine Lenovo-Smartphones in Deutschland
Zwar hat Lenovo-Chef Yang Yuanqing kürzlich den Einstieg seines Unternehmens in den europäischen Smartphone-Markt angekündigt, in Deutschland ist damit aber nicht so bald zu rechnen. Das sagte Zentraleuropa-Manager Stefan Engel im Gespräch mit heise resale. Es sei denn, es passiert noch etwas.
Auf der CES Anfang dieses Jahres in Las Vegas hatte Lenovo-Chef Yang Yuanqing zwar angekündigt, auch in Europa eigene Smartphones anbieten zu werden, einen konkreten Zeitraum, ein Datum gar, nannte er jedoch nicht. Wie Lenovos Zentraleuropachef Stefan Engel jetzt im Gespräch mit heise resale sagte, werden mögliche Interessenten in Deutschland allerdings noch ein Weilchen auf die Lenovo-Smartphones warten müssen. "Stand heute haben wir nicht geplant, in den nächsten zwölf Monaten Smartphones auf dem deutschen Markt anzubieten", sagte Engel. Man habe es hier mit einem "extrem kompetitiven Markt" zu tun, auf dem sich "schon andere Anbieter eine blutige Nase geholt" hätten. Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Lenovo eigene Smartphones nach Deutschland bringe, sei die Partnerschaft mit einem der großen Telekom-Anbieter.
Derzeit testet Lenovo die Akzeptanz eigener Smartphones in Russland. Eine große Nummer in diesem Segment sind die Chinesen auf dem Heimatmarkt. Hier bewegt sich Lenovos Marktanteil bei rund 45 Prozent, damit liegt das Unternehmen weit vor Apple und Samsung. Wie unglaublich groß der chinesische Markt ist, verdeutlichen diese Zahlen: "Lenovo ist weltweit die Nummer 5 im Smartphone-Markt, aber 98 Prozent des Geschäfts in diesem Bereich machen wir in China", erzählt Europa-Manager Engel unter Berufung auf Marktzahlen von Canalys.
Vor kurzem hatte Lenovos Finanzchef Wong Wai Ming mit einer Äußerung für Schlagzeilen gesorgt, wonach Lenovo an einer Übernahme des gestrauchelten Smartphone-Anbieters Blackberry (vormals RIM) interessiert sei. Zwar wurde die Aussage recht schnell relativiert, es bleibt aber dabei, dass die Chinesen nach geeigneten Übernahmekandidaten Ausschau halten. Sollte es in dieser Hinsicht in den kommenden Monaten zu einem Vollzug kommen, dann ist auch ein früherer Einstieg von Lenovo in den deutschen Smartphone-Markt möglich.
Eile aber ist nicht geboten. Zumindest nicht, wenn man das Stammgeschäft der Chinesen in Deutschland betrachtet. Denn die PCs und Notebooks von Lenovo verkaufen sich gut. "Ich bin mit dem Geschäftsjahr zufrieden", sagt Zentraleuropachef Engel. "Wir sind im vergangenen Jahr deutlich gewachsen, und das in schrumpfenden Märkten. Und wir sind profitabel gewachsen", unterstreicht er. Allein im vierten Quartal des vergangenen Jahres legte Lenovo beim Absatz über alle Formfaktoren über 10 Prozent auf rund 578.000 verkaufte Einheiten zu (Quelle: IDC). Das bedeute Platz 1 mit einem Marktanteil von 16,2 Prozent. Besonders beachtlich dabei: Der Gesamtmarkt brach in Q4/12 um 15 Prozent ein. Zulegen konnte außer Lenovo nur noch Samsung, dafür aber kräftig, nämlich um fast 30 Prozent. Alle anderen Hersteller in den Top-10 mussten teils kräftige Absatzrückgänge melden.
Besonders stark fiel mit einem Plus von knapp 30 Prozent Lenovos Wachstum im Consumer-Segment aus. Auch hier liegen die Chinesen auf Platz 1, vor den Verfolgern Asus, Acer und Hewlett-Packard, die alle schlechtere Zahlen als im vergleichbaren Vorjahresquartal ausweisen mussten. Während Lenovos Notebook-Geschäft brummte (+ 17 Prozent; Notebook-Absatz im vierten Quartal gesamt: - 21 Prozent), ist bei Desktops noch Luft nach oben. Bei den Tischrechnern musste Lenovo sogar einen leichten Rückgang hinnehmen (- 2 Prozent) und liegt hinter HP und Fujitsu, die beide deutlich zulegen konnten, auf Rang 3. Kein Wunder, dass Engel damit nicht zufrieden ist: "Da haben wir unser Potenzial noch nicht ausgeschöpft", sagt er.
Warum ist es wichtig, die Nummer 1 zu sein? Als Marktführer tut man sich im Marketing leichter. außerdem geht es ums Prestige, sagt Engel. Und: "Die Goldmedaille lässt man sich gerne um den Hals hängen."
Nachdem das Geschäft im B2B-Bereich im vergangenen Jahr deutlich hinter den Erfolgen im Consumer-Business zurückblieb, will Engel in diesem Jahr auch bei den Geschäftskunden wieder wachsen. Hier spielen auch die Server eine Rolle, bei denen im Mai/Juni eine komplett neue Generation auf den Markt kommen soll. Auch die im vergangenen Jahr eingegangene Geschäftsfreundschaft mit EMC/Iomega soll in diesem Jahr eine gute Ernte bringen. Weiteres Potenzial im Geschäftskundensegment sieht Engel im Tablet-Markt, vor allem mit Windows-8-Geräten. "Die Geräte lassen sich deutlich besser in die Microsoft-basierten IT-Landschaften einbinden als andere Systeme. Aus diesem Grunde verzeichnen wir hier auch eine große Nachfrage", berichtet der Lenovo-Manager. Weil Windows-7-Tablets aufgrund der Microsoft-Lizenzgebühr tendenziell etwas teurer seien als Android-Systeme, werden sich nach Ansicht von Engel die Tablets mit dem Microsoft-Betriebssystem im Consumer-Umfeld eher schwer tun.
Gerne verweist der Manager, der im vergangenen Jahr von Wettbewerber Acer zu Lenovo wechselte, in diesem Zusammenhang auf Zahlen des Marktforschungsunternehmens Canalys, denen zufolge Lenovo nach Apple und HP der drittgrößte Tablet-Anbieter der Welt ist, noch vor Samsung. (map)