TrekStor und andere: Insolvenz ist wie Herzinfarkt

Wenn man manche Stimmen hört und manche Zeitungsartikel liest, dann könnte man glauben, eine Insolvenz sei gar nicht so schlimm. Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking sieht das ganz anders.

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Von
  • Damian Sicking

Liebe TrekStor-Geschäftsführer Daniel und Shimon Szmigiel,

ich sag´s ganz offen: Das von Ihnen vor acht Jahren gegründete Unternehmen ist mir sympathisch. Ich finde es klasse, wie Sie den Kampf mit den Weltkonzernen aufgenommen haben und mit attraktiven Produkten und einem frischen Auftritt Ihren Weg gingen. Und dieser Weg war ja durchaus erfolgreich, wie man sagen muss. Und mit besonderen Aktionen wie dem Sponsoring des Box-Weltmeisters Arthur Abraham oder der Verpflichtung von Dieter Bohlen als Werbefigur setzten Sie sich immer wieder positiv in Szene. Umso mehr bedauere ich es, dass Sie jetzt für das Unternehmen Insolvenzantrag stellen mussten.

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Wenn man manche Stimmen hört und manche Zeitungsartikel liest, dann könnte man glauben, eine Insolvenz, das sei sei gar nichts so Schlimmes. "Die Insolvenz ist nicht das Ende" oder "Man kann aus einer Insolvenz auch gestärkt hervorgehen". Es gibt sogar Leute, die empfehlen die Insolvenz als Sanierungsinstrument. Ich sehe das anders: Jede Insolvenz ist schlimm. Eine Insolvenz zeugt von gravierenden, von existenziellen, von lebensbedrohenden Problemen eines Unternehmens. Vor allem ist eine Insolvenz schlimm für die Mitarbeiter und die Gläubiger. Von den Unternehmern, den Gründern gar, ganz zu schweigen.

Die Insolvenz einer Firma ist so etwas wie ein Herzinfarkt. Auch der Herzinfarkt bedeutet meistens nicht das Ende des Lebens, früh genug und fachmännisch behandelt, hat der Patient anschließend gute Aussichten auf Genesung. Und unter der Voraussetzung, dass er später nicht dieselben Fehler macht, die zum Herzinfarkt geführt haben (Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress), kann er sogar ein stolzes Alter erreichen. Ein Herzinfarkt ist auch nicht nur für den Betroffenen schlimm, sondern für sein ganzes Umfeld, die Familie insbesondere, aber auch für den Arbeitgeber, besonders wenn es sich um einen sehr wichtigen Leistungsträger handelt, der schwer zu ersetzen ist und auf den das Unternehmen für mehrere Monate verzichten muss. Also: Der Herzinfakt muss nicht das Ende sein, aber niemand kommt auf den Gedanken, einen Herzinfarkt herunterzuspielen und zu bagatellisieren.

Im Falle einer Unternehmensinsolvenz sind es neben den Mitarbeitern vor allem die Gläubiger, die von der Pleite ihrer Geschäftspartnern betroffen sind. Denn nur allzu oft blicken sie in die Röhre, können ihre Forderungen abschreiben und geraten dadurch nicht selten selbst in Schwierigkeiten. Anfang dieses Monats veröffentlichte das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn erschreckende Fakten zu diesem Thema. Die Bonner Wissenschaftler hatten 15.000 Insolvenzverfahren der Jahre 2002 bis 2007 analysiert und dabei festgestellt, dass in zwei Drittel der Fälle die Gläubiger komplett leer ausgingen. Der Grund: Nach Abzug der Verfahrenskosten und der Bedienung vorrangiger Forderungen waren die Kassen der insolventen Firmen komplett leer. Und selbst wenn noch Masse übrig war, erhielten die Gläubiger im Schnitt lediglich 5,4 Prozent ihrer Forderungen erstattet. "Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Insolvenzrechtsreform ist das eine enttäuschende Bilanz. Die Befriedigungsquote ist nicht höher als zu Zeiten der alten Konkursordnung", zitiert die Süddeutsche Zeitung den stellvertretenden Vorsitzenden der Gläubigerschutzvereinigung Deutschland (GSV), Karheinz Zanthoff.

Ein Grund dafür, dass die Gläubiger häufig leer ausgehen, besteht darin, dass die Insolvenzanträge zu spät gestellt werden. Nach dem Willen des Gesetzes muss der Antrag spätestens drei Wochen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung beim Amtsgericht eingereicht werden. Nach Angaben der GSV halten sich aber 98 Prozent der Unternehmen nicht an diese Vorgabe, wodurch jedes Jahr ein finanzieller Schaden von 30 Milliarden Euro entstehe.

Besser sind die Aussichten für die Gläubiger im Falle eins Insolvenzplanverfahrens. Davon spricht man, wenn das Ziel des Verfahrens darin besteht, das insolvente Unternehmen zu sanieren und anschließend fortzuführen. Nach Angaben des IfM in Bonn liegt die Gläubigerbefriedigungsquote in diesen Fällen bei 60 Prozent. Leider kommt das Planverfahren lediglich bei 1 (!) Prozent der Insolvenzfälle zur Anwendung. Die Gläubigerschutzeinigung Deutschland sieht hierfür den Schwarzen Peter vor allem bei den Insolvenzverwaltern, von denen viele einfach nicht sanierungswillig seien, sondern eine schnelle Liquidation des Unternehmens anstrebten.

Wenn ich die Aussagen des TrekStor-Insolvenzverwalters Dr. Jan Marcus Plathner richtig verstehe, hält er die Aussichten eines Insolvenzplanverfahrens für TrekStor – also die Chance auf eine Sanierung des Unternehmens [-- ] für recht gut. Das wäre eine gute Nachricht. Auch für die Gläubiger.

Beste Grüße und alles Gute!

Damian Sicking

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