Urteil zur Verjährung von Haftungsansprüchen

Geschäftsführer haften für Steuerschulden. Allerdings kann das Finanzamt seine Forderungen auch nur in einem bestimmten Zeitrahmen eintreigen.

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Von
  • Marzena Sicking

Der Geschäftsführer einer Firma kann für nicht gezahlte Steuern vom Finanzamt haftbar gemacht werden. Darüber, wie lange er dafür in Anspruch genommen werden kann, stritten das Finanzamt und die Ex-Geschäftsführer einer Firma vor dem Finanzgericht Münster (Urteil vom 23.5.2012, Az.: 11K 2525/09K).

Das Ehepaar war zu jeweils 50 Prozent an der Firma beteiligt und als vertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Die Geschäfte liefen nicht gut und die Firma ging pleite, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wurde 2001 vom Amtsgericht Münster mangels Masse abgelehnt. Die Gesellschaft wurde aufgelöst.

Zwischenzeitlich hatte die Firma aber noch Besuch von der Steuerfahndung bekommen. Die stellte unter anderem fest, dass die Gesellschafter in den Jahren 1991 bis 1995 von Kunden zusätzliche Zahlungen außerhalb der Kaufpreisvereinbarungen erhalten hatten. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass sie ihre Mitarbeiter zum Teil "schwarz" bezahlt hatten. Und die Haushälterin, die im Privathaushalt der beiden arbeitete, lief ebenfalls auf die GmbH. Unter anderem hatte das eine nachträgliche und deutlich höhere Festsetzung der Steuern für die Jahre 1991 bis 1995 zur Folge. Es wurde ein Haftungsbescheid gegen die ehemaligen Geschäftsführer erlassen.

Die GmbH bzw. die Geschäftsführer wollten die Nachzahlung aber nicht leisten, der Fall landete vor Gericht. Zur Begründung führte der ehemalige Geschäftsführer aus, dass es an einer Pflichtverletzung fehle und dass er aus diesem Grund für den Steuerausfall nicht verantwortlich sei. Die Steuererklärungen seien umfassend und vollständig abgegeben worden. Außerdem seien die Fristen, in denen das Finanzamt eine Haftung hätte fordern können, abgelaufen.

Im letzten Punkt stimmten die Richter zu. Zwar sahen sie sehr wohl Pflichtverletzungen und damit die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Haftungsbescheids gegenüber der ehemaligen Geschäftsführung, doch eben auch die Fehler des Finanzamts. Denn der Haftungsbescheid sei viel zu spät ergangen, die Haftungsansprüche zu besagtem Zeitpunkt durch Verjährung erloschen.

Nach § 47 AO erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen nach § 37 Abs. 1 AO auch der Haftungsanspruch gehört, u.a. durch Verjährung nach den §§ 169 bis 171 AO, also auch durch den Ablauf der Fristsetzungsfrist, so die Richter. Die Festsetzung des Haftungsanspruchs ist also nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist – die grundsätzlich vier Jahre beträgt – abgelaufen ist.

Entscheidend für den Beginn der Festsetzungsfrist sind demnach die Abgabe von unrichtigen Steuererklärungen zu den gesetzlichen Zeitpunkten und die Nichtzahlung der Steuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten. Tatsächliche Fälligkeit und Schadenseintritt gehören nicht dazu. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass den Geschäftsführern Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde. Zwar beträgt die Festsetzungsfrist in bei Steuerhinterziehung 10 Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung 5 Jahre und in den Fällen des § 71 AO 10 Jahre. Doch ein Haftungsbescheid auf Grundlage dieser Vorschriften war nicht erteilt worden, das Finanzamt hatte die haftungsfrage auf § 69 Satz 1 AO gestützt und damit auf das falsche Pferd bzw. den falschen Paragrafen gesetzt. (gs)
(masi)