Verpackungskünstler

Im Idealfall reisen Produkte im Versandhandel nur in eine Richtung: Vom Händler zum zufriedenen Kunden. In der realen Welt muss so manch verkaufte Ware aber auch den Rückweg antreten - kreativ verpackt von König Kunde.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Das Leben als Versandhändler könnte so schön einfach sein: Der Kunde bestellt, bezahlt und wird beliefert. Der nächste Kundenkontakt erfolgt dann in Form einer weiteren Bestellung. Na ja, schön wärs. Oft genug meldet sich der Käufer aus anderen Gründen schneller wieder, als dem Händler lieb ist. Mal will er von seinem gesetzlich verbrieften Rückgaberecht Gebrauch machen, mal ist das Produkt defekt angekommen oder nach einiger Zeit kaputt gegangen. Dann muss die Ware zurück zum Händler.

Die meisten Kunden verwenden zur Rücksendung die Originalkartons. Wenn das beauftragte Transportunternehmen jetzt noch pfleglich mit der Sendung umgeht, kommt diese auch unbeschadet an. Interessant für den Wareneingang wird es immer dann, wenn der Kunde auf den Spuren von Christo wandelt und sich selbst zum Verpackungskünstler erklärt. Von Kinderhand liebevoll bemalte, aber ansonsten voll funktionsfähige Kartons provozieren sicher kaum mehr als ein Schmunzeln beim Empfänger.

Naive Malerei mit Herzchen, sicher nur ein Grund zum Schmunzeln

Die Stirn in Falten legen da schon eher zweckentfremdete Umverpackungen. Aber was soll der arme Mensch auch tun, wenn er keinen passenden Karton zur Hand hat. Der Blick schweift durch die Wohnung, wandert in die Küche und schon ist das Problem gelöst. Da war doch das leckere Lachs-Filet von gestern, oder besser, dessen Verpackung. In die passen die beiden fälschlicherweise georderten Tintenpatronen doch prima rein. Ein Adressaufkleber vom Werbe-Abrissblock ist auch schnell beschrieben. Jetzt noch fünf Streifen Klebeband drüber, und ab geht die Post. Absender? Wer braucht denn so was.

Irgendwie fischig, diese Rücksendung

Immerhin kommt die fischige Sendung beim Empfänger an. Mit spitzen und vorsorglich behandschuhten Fingern wird die Lieferung examiniert. Man weiß schließlich nie, was aus solchen anonymen Päckchen alles herauskrabbeln könnte. Vorsichtig öffnet der Servicemitarbeiter die Pappschachtel aus dem Hause "Gut & Günstig". Erleichtert entdeckt er die beiden Lexmark-Patronen "Typ 17" und einen Retour-Schein. Fettflecken, die einen Weiterverkauf unmöglich machen würden, entdeckt er an den beiden originalverschlossenen Druckerpatronen nicht, also zurück damit ins Lager. Der Kunde bekommt seine Gutschrift natürlich - trotz der kaum zumutbaren Verpackung.

Zweimal Tinte aus der Tiefkühltruhe bitte

Riskanter als die Fischpappe ist sicher ein schnöder Briefumschlag für Rücksendungen. Das gilt besonders für empfindliche und kleine Dinge wie eine SD-Speicherkarte. Egal ob schwungvoll vom Beamten geführter Poststempel oder vollautomatische Entwertung im Briefzentrum: Mit etwas Pech entwertet die liebe Post bei solchen Briefsendungen nicht nur das Postwertzeichen, sondern auch den empfindlichen Inhalt. Zudem finden Kleinteile fast immer einen Weg heraus aus dem Couvert. Papier ist schließlich nicht besonders widerstandsfähig. Unser Kunde hatte aber unverschämtes Glück gehabt: Das 512-MByte-Speicherkärtchen kam unversehrt an und die Reklamation konnte bearbeitet werden. Warum die Einsendung ohne die zusammen mit der Karte gelieferte Schutzhülle erfolgte, erschloss sich dem bearbeitenden Techniker allerdings nicht.

Originalverpackung? Schutzhülle? Brauch ich nicht, so eine SD-Karte hält schon was aus.

Wo es Kunde Klaus mit der Verpackung zu leicht nimmt, übertreibt es der Otto Heimwerker gern mal. Damit der defekte PC garantiert unbeschädigt beim Händler ankommt, wird er flugs in eine roh selbstgezimmerte Holzkiste aus alten Dachlatten verfrachtet. Gut gepolstert mit Pappe und Styropor geht der Rechner dann auf die Reise zurück zum Händler. Schade nur, dass bei der Adressierung der Kiste nicht ebenso viel Mühe aufgewendet wurde. Es grenzt an ein Wunder, dass diese Lieferung trotz des arg ramponierten Adressaufklebers ihr Ziel erreicht hat.

Hauptsache stabil: Heimwerkers Versandkarton für PCs

Brechstange und Co. sind im Wareneingang zwar kein alltägliches Werkzeug, aber doch schnell zur Hand. So konnte man den Jungs aus dem PC-Service beim Öffnen der massiven Verpackung hilfreich zur Hand gehen. Klar, die Versandkollegen wollten natürlich auch die staunenden Gesichter der PC-Schrauber sehen, wenn die Kiste im Testlabor ankommt. Mit so massive Verpackung aus einer "Kundenwerkstatt" hat man es schließlich nicht alle Tage zu tun.

Immerhin: Gut gepolstert ist der PC auf jeden Fall

Wenn es um das Versenden sperriger Gegenstände geht, entwickeln so manche Kunden ungeahnte Kreativität. Besonders Monitore laden hier zu interessanten Experimenten ein. Es müsste doch genügen, die marode Glotze im Karton mit ein oder zwei Decken abzupolstern. So kommt das defekte Teil sicher wohlbehalten zum Händler zurück.

Man nimmt halt, was man hat, zur Not auch zwei Decken.

Na ja, immer muss das nicht gut gehen. Oft bricht bei solchen Versandaktionen das Gehäuse, denn eine Decke ist nun mal kein wirksamer Stoßschutz. Dieser Kunde hat ebenfalls kein Glück, der Syncmaster von Samsung überlebte die Transport-Tortour nicht. Das Gehäuse war in den Ecken gebrochen, im Inneren hatten sich Bauteile gelöst. Also zurück mit dem Schrott an den Kunden - in ordentlicher Verpackung versteht sich. Fragt sich also, was der Händler jetzt mit den beiden gar nicht mehr so taufrischen Decken macht.

Wer braucht schon einen Karton?

Das schönste Verpackungskunstwerk kommt natürlich zum Schluss: Auf den Spuren Christos wandelnd verhüllte hier ein Kunde seinen defekten Rechner. Einige Klebebandstreifen fixieren Babydecke und Adressaufkleber, und schon kann das Knäuel auf die Reise gehen. Völlig klar, dass auch hier nur Elektronikschrott beim Händler ankam. Ein völlig verzogenes Gehäuse, das gebrochene Mainboard und das verformte Netzteil sprachen hier Bände.

Das Begleitschreiben klebt gleich oben drauf

Des Kunden Fehlermeldung stand übrigens auch gleich auf dem Versandstück, schließlich sollte auch der Paketbote erfahren, welches Problem diesen Rechner plagt. Kollektives Kopfschütteln im gesamten Wareneingangsteam löste allerdings die Frage aus, warum die liebe Post so eine Paketsendung überhaupt angenommen hat.

Na gut, einen hab ich noch. Auszubildende unter 18 Jahren werden gebeten, jetzt den Raum zu verlassen. Manche Verpackung sollte man wirklich nur gefestigten Charaktern zeigen. Nicht umsonst verwenden Firmen wie Joydivision neutrale Umverpackungen, wenn Sie ihre welt-, oder was auch immer -bewegenden Produkte an die willige Kundschaft verschicken. Warum besagter Kunde dann ausgerechnet den Karton seines neuen Spielzeugs für die Rücksendung der defekten USV verwenden musste, erschließt sich wohl nicht so leicht. Immerhin erhält der Händler so einen interessanten Einblick in die Freizeitgestaltung dieses Kunden - war das möglicherweise beabsichtigt?

Ja, es geht hier wirklich um eine Rücksendung an einen IT-Versandhändler

Vorsicht Kunde - die andere Seite

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