Was ein deutscher Softwareunternehmer mit dem Alternativen Nobelpreis zu tun hat

Es ist großartig, wenn sich erfolgreiche Unternehmer wie der Gründer der Wilken Software, Ernst Wilken, sozial und ökologisch engagieren. Es ist aber auch völlig in Ordnung, wenn sie einfach ihren Spaß haben wollen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Softwareunternehmer Ernst Wilken

(Bild: Wilken)

Lieber Ernst Wilken, Gründer des Softwareunternehmens Wilken in Ulm,

heute, am 4. Dezember, werden in Stockholm wieder die Alternativen Nobelpreise vergeben, mit der die schwedische Right Livelihood Award Stiftung jedes Jahr eine Handvoll Menschen auszeichnet, die "Lösungen für die wirklichen Probleme unserer Zeit" finden, wie der Bayerische Rundfunk schreibt. Und Sie, lieber Herr Wilken, nehmen an der Zeremonie heute teil. Kein geringerer als Ole von Uexküll, der "Erfinder" des Alternativen Nobelpreises, hat Sie persönlich zu der heutigen Feier im schwedischen Reichstag eingeladen. Schon allein die Einladung zur Preisverleihung, an der nur rund 200 geladene Gäste aus der ganzen Welt teilnehmen, gilt als besondere Auszeichnung. Damit würdigt von Uexküll Ihr vielfältiges Engagement in sozialen und umweltpolitischen Fragen.

Vor fünf Jahren haben Sie, lieber Herr Wilken, die Wilken-Stiftung ins Leben gerufen. Dazu heißt es auf der Stiftungs-Hompage: "Die Vision der Stiftung ist die Verknüpfung von Wirtschaft, Staat und Wissenschaft mit den Grundwerten der französischen Revolution von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Dies bedeutet, dass die Wissenschaft frei von staatlichen Eingriffen oder wirtschaftlichen Zwängen ist und jeder Akteur im Staat die gleichen Chancen hat. Ein besonderes Anliegen der Stiftung ist es, Menschen mit einer Gesinnung zu fördern, die auch im aktiven Wettbewerb ein faires Miteinander ermöglicht. Die Wilken-Stiftung unterstützt Menschen, die diese Vision teilen, mit unterschiedlichen Förderprogrammen."

Ich finde es großartig, dass sich immer wieder Unternehmer und Manager auch außerhalb ihres Unternehmens engagieren. Manche sprechen in diesem Zusammenhang ja gerne von der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens und des Unternehmers im Besonderen. Nicht wenige fordern diese Verantwortung nach dem Motto "Nobless oblige" auch gerne lautstark ein. In der Regel handelt es sich hierbei um Menschen, die noch nicht einmal auf den Gedanken kämen, selbst eine Firma zu gründen und das Risiko – und die Verantwortung! – des Unternehmertuns einzugehen. Ich selbst vertrete zu dieser gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmers eine sehr einfache Meinung: Wer wie Sie, lieber Herr Wilken, eine Firma mit inzwischen mehr als 300 Arbeitsplätzen aufgebaut hat, der hat allein dadurch bereits ein überdurchschnittliches gesellschaftliches Engagement gezeigt. Dieser doch recht einfache und jedem Menschen mit durchschnittlichem Intelligenzquotienten plausible Gedanke ist allerdings in der Bevölkerung erstaunlich wenig verbreitet, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass weder die Unternehmen selbst noch ihre Verbände sich vor Eifer überschlagen, um diesen Sachverhalt bekannt zu machen. Täten sie es, würde dies dem Image der Wirtschaft insgesamt und der sie tragenden Unternehmen sicher sehr zugute kommen.

Ich finde es klasse, was Sie tun, lieber Herr Wilken. Aber ich finde es auch vollkommen in Ordnung, wenn erfolgreiche Unternehmer in ihrer Freizeit einfach mal etwas tun, was ihnen Spaß macht. Nicht jeder hat das Ziel, irgendwann als Heiliger von dieser Welt zu gehen. Mancher will nach Jahren harter Arbeit schlichtweg auch mal die Früchte ernten. Spaß haben, das Leben genießen, wer weiß, ob es noch ein zweites gibt. Und wissen Sie was, lieber Herr Wilken? Ich finde das absolut okay.

Nehmen wir zum Beispiel Dr. Thomas Schümann. Er hat etwas mit Ihnen gemeinsam. Er hat nämlich ebenfalls eine Firma gegründet, die HS Hamburger Software in Hamburg. Und er investiert, ebenfalls wie Sie, eine Menge Zeit und Energie in Aktivitäten außerhalb der Firma. Es gibt zwischen Ihnen beiden allerdings einen sehr großen Unterschied. Lassen Sie es mich so sagen: Während Sie sich für den Erhalt des südamerikanischen Regenwalds engagieren, brettert Schünemann mit einem PS-starken Auto und viel Lärm mitten durch. Schünemann hat Anfang dieses Jahres mit seinem Copiloten Michael Kahle überaus erfolgreich an dem härtesten Offroad-Rennen der Welt, der Rallye Dakar in Südamerika, teilgenommen. Und er wird es wieder tun. In wenigen Wochen erfolgt der Start für das Rennen 2010, und Schünemann wird erneut in seinen "Fast&Speed-Buggy" klettern und seinem Piloten zubrüllen, wo er herfahren soll. Viele Menschen werden das aus ökologischen und anderen Gründen nicht gut finden, und zweifelsohne ist das, was Sie tun, lieber Herr Wilken, wertvoller und so. Aber dafür wird Schünemann auch nicht nach Stockholm eingeladen, wenn der Alternative Nobelpreis vergeben wird.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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