Wenn die Steuerfahndung kommt

Was Sie tun und unbedingt lassen sollten, wenn die Steuerfahndung mit einem Durchsuchungsbeschluss in Ihr Unternehmen kommt.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Es sind vor allem die spektakulären Steuerhinterziehungsfälle, die Schlagzeilen machen. Doch es muss nicht gleich um Millionenbeträge gehen, damit man ins Visier der Steuerfahnder gerät. Auch eine anonyme Anzeige oder Unregelmäßigkeiten bei einem Geschäftspartner können die Beamten auf den Plan gerufen haben. Aber wie soll man sich verhalten, wenn die Beamten den Vorwurf der Steuerhinterziehung erheben und am frühen Morgen mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stehen? Denn meistens kommen sie tatsächlich wochentags zwischen 7 und 9 Uhr, am Wochenende eher nicht – es sei denn, es ist Gefahr im Verzug.

Auf jeden Fall sollte man sich von dem Überraschungsmoment nicht überrumpeln und zu irgendwelchen leichtsinnigen Aktionen oder Aussagen hinreißen lassen. Andreas Hagenkötter, Ratzeburger Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht und Mitglied im Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. (VdSRA) rät: "Ruhe bewahren und Schweigen, nichts als Schweigen – eine Hausdurchsuchung allein beweist noch gar nichts."

Rechtsanwalt Andreas Hagenkötter

(Bild: RA Hagenkötter)

Ist man selbst der Beschuldigte, so ist die Durchsuchung nach § 102 Straf­prozessordnung (StPO) schon zulässig, wenn nur die Vermutung besteht, dass man Beweismittel für eine Steuerhinterziehung finden könnte. Wird ein Dritter, beispielsweise ein Geschäftspartner beschuldigt, darf die Steuerfahndung Ihre Unterlagen nur durchsuchen, wenn bestimmte Tatsachen darauf schließen lassen, dass hier tatsächlich Beweise aufzufinden sind.

"Wer selbst der Steuersünder ist", so Hagenkötter, "sollte davon ausgehen, dass die Steuerfahndung so ziemlich alles darf und dies auch weiß. Sie darf vor allem überall durchsu­chen und findet in der Regel auch alles – es sind Profis. Übrigens sind die wenigsten Steuerhinterzieher stille Genießer. Die meisten haben genügend Aufzeichnungen, die für die Steuerfahndung von Interesse sind." Versuchen Sie aber nie, in letzter Sekunde hinter dem Rücken der Fahn­der Beweismittel zu vernichten – denn das ist ein Haftgrund!

Sind die Fahnder erst mal im Unternehmen, gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich freiwillige Aussagen oder Spontanäußerungen zu verkneifen. Auch wenn die Beamten Fragen stellen oder Ihnen mehr oder weniger deutlich erklären, dass Sie sich mit einem Geständnis viel Zeit und Ärger ersparen können – gehen Sie kein Risiko ein, reden Sie nicht mit der Steuerfahndung, sondern rufen Sie Ihren Anwalt an, damit dieser der Durchsuchung vorsorglich formell widersprechen kann. Für alle Fälle sollten Sie dessen Handynummer schon haben. Haben Sie die Mobilfunknummer nicht und die Fahnder stehen tatsächlich um 7 Uhr morgens vor der Tür, dann rufen Sie bei einem der 24-Stunden-Anwaltsnotdienste an oder durchsuchen Sie die Homepage des Verbandes deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. (VdSRA) nach einem örtlichen Anwalt. Die meisten Juristen sind hier auch mit ihrer Handynummer hinterlegt.

Und lassen Sie sich den Anruf von der Steuerfahndung nicht verbieten. Gespräche mit Dritten darf man Ihnen durchaus untersagen, das gilt aber nicht für den Anruf bei einem Juristen. "Die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt darf Ihnen nicht verwehrt werden. Geben Sie keinerlei Erklärungen ab, solange Sie nicht mit einem Anwalt Ihres Vertrauens sprechen konnten", so Rechtsanwalt Hagenkötter. Wichtig: Auch Ihre Mitarbeiter, Kunden, Freunde und Angehörige, die eventuell als Zeugen befragt werden sollen, haben ein Recht darauf, sich vor der Aussage von einem Anwalt beraten zu lassen. Diese Information sollte rechtzeitig weitergegeben werden, damit es auch aus diesem Umfeld nicht zu – möglicherweise folgenreichen – Spontanaussagen kommt.

Lassen Sie sich den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebe­schluss aushändi­gen, notieren Sie sich Namen des Durchsuchungsleiters und seiner Mitar­beiter und bestehen Sie darauf, dass ein Verzeichnis über die Dinge, die mitgenommen werden, angefertigt und Ihnen ausgehändigt wird. Und auch wenn die Steuerfahnder einen Durchsuchungsbeschluss haben, geben Sie keine Unterlagen auf freiwilliger Basis raus, sondern lassen Sie alles offiziell beschlagnahmen. Rechtsanwalt Hagenkötter erklärt: "Man sollte alle Maß­nahmen nur freundlich dulden und nicht selber mithelfen. Allerdings kann es Sinn machen, den Tresor selber zu öffnen oder einen Hinweis zu geben, wo sich Akten befinden, sonst stellen die Fahnder die ganze Wohnung oder das Büro auf den Kopf."

Wollen die Fahnder Unterlagen mitnehmen, die von Ihnen dringend beruflich oder privat gebraucht werden, sollten Sie bzw. Ihr Anwalt darauf hinwirken, dass Sie Kopien von den Unterlagen machen dürfen. Rechtsanwalt Andreas Hagenkötter rät außerdem dazu, alle Informationen festzuhalten, solange sie noch "frisch" sind: "Nach der Durchsuchung sollte man alle Einzelheiten notieren – zwei Wochen später haben Sie De­tails, die wichtig werden können, wieder verges­sen."

Bitte beachten Sie: Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Gültigkeit und kann auch eine individuelle juristische Beratung nicht ersetzten. Bitte wenden Sie sich in allen strafrechtlich relevanten Fällen unbedingt an einen Anwalt. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)