Wie man Kritik und Anerkennung richtig einsetzt

Zwei Typen von Vorgesetzten führen garantiert zum Frust beim Mitarbeiter: der permanente Nörgler und der Harmoniesüchtige. Wer Teams erfolgreich führen will, sollte daher die Balance zwischen Lob und Kritik halten und ein Gefühl dafür entwickeln, welches Instrument wann eingesetzt werden muss.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Marzena Sicking
Inhaltsverzeichnis

Kritik und Anerkennung sind die wichtigsten Steuerungselemente im Führungsprozess: Kritik im Unternehmen muss sein – wenn sie berechtigt und konstruktiv ist, wird sie dem Mitarbeiter helfen, seinen Weg zu finden und sich weiterzuentwickeln. Häufiger sind aber Lob und Anerkennung das richtige Instrument, um Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen. Ob Kritik oder Anerkennung: beide müssen nach bestimmten Regeln eingesetzt werden, damit sie ihre Wirkung tatsächlich entfalten.

Kritik ist angebracht, wenn der Mitarbeiter erfahren soll, dass er etwas falsch gemacht hat. Vielleicht hat er durch seinen Fehler andere in ihrer Tätigkeit behindert, Kollegen zusätzliche Arbeit aufgebürdet oder dem Unternehmen gar unnötige Kosten verursacht. Sollten Ihnen außerdem "die laute Lache" oder die rosa Krawatten des Mitarbeiters auf die Nerven fallen – behalten Sie es für sich. Fachliche Kritik darf niemals in den persönlichen Bereich abdriften, sie muss konstruktiv und fair sein.

Damit Kritik nicht als unfair und unberechtigt empfunden wird, darf sie außerdem niemanden "kalt" erwischen. Die Mitarbeiter müssen wissen, dass ihre Arbeit geprüft und bewertet wird, z.B. indem vorher schon klare Ziele vereinbart werden. Sagen Sie den Mitarbeitern außerdem, dass Sie der direkte Typ sind, der ihnen grundsätzlich ohne Umschweife und Beschönigungen mitteilen wird, was er von ihrer Arbeit hält. So können sich die Leute rechtzeitig auf ein Feedback – und zwar auch auf ein negatives – einstellen und werden sich durch ein solches Gespräch nicht gedemütigt fühlen.

Sprechen Sie sofort aus, wenn es etwas zu kritisieren gibt. Ein Aufschub des ausführlichen Gesprächs ist zwar berechtigt, wenn das Fehlverhalten Konsequenzen haben muss und Sie über diese noch nachdenken wollen – das Ansprechen des Fehlers muss dennoch unmittelbar erfolgen. Sprechen Sie den Fehler erst Wochen nach der "Tat" an, wird sich der Mitarbeiter fragen, warum Sie jetzt erst damit kommen und ihre Kritik schlimmstenfalls als reine Schikane betrachten. Wichtig ist aber auch, wie Sie die Botschaft rüber bringen: Werden Sie konkret, sprechen Sie die Fehler im Detail an. Mit Pauschalkritik mögen Sie sich Luft machen, aber sie bewirkt nichts, weil der Mitarbeiter anschließend nicht weiß, was genau er eigentlich ändern soll. Ihre Gefühle müssen Sie aber nicht leugnen: der Mitarbeiter muss auch spüren, wie verärgert oder enttäuscht Sie sind.

Sorgen Sie dafür, dass kein "schaler Nachgeschmack" zurückbleibt. Zeigen Sie deutlich, wann das Kritik-Gespräch beendet ist und das es nicht um den kompletten Menschen, sondern nur um besagten Fehler ging. Dafür nehmen Sie am Besten auf einer neuen Ebene Kontakt mit dem Mitarbeiter auf: Sagen Sie ihm, dass Sie trotz des Fehlers auf seiner Seite stehen und dass Sie ihn schätzen – allerdings nicht, was sein Fehlverhalten betrifft. Seien Sie nicht nachtragend und verzichten Sie aufs Nachtarocken – was vorbei ist, ist vorbei.

Wenn kein Fehlverhalten vorliegt, über das man konkret sprechen muss, sind Lob und Anerkennung sicher die bessere Methode, um Mitarbeiter zu motivieren. Denn anerkennen heißt: verborgene Kräfte wecken. Loben Sie einen Mitarbeiter für seine Fortschritte, statt ihn nur für seine Defizite zu kritisieren, wird er eher zu weiteren Bemühungen angespornt. Damit das Lob seine Wirkung nicht verfehlt, sollten Sie allerdings die folgenden Punkte beachten:

Wer Außergewöhnliches verlangt, muss auch Anreize geben, die über das Übliche hinausgehen, etwa Prämien oder Incentives. Indem Sie solche gelegentlichen Höhepunkte schaffen, regen Sie die Mitarbeiter aber nicht nur zu Höchstleistungen an, sondern durchbrechen auch ihre Alltagsroutine – und um die Stimmung zu heben, muss das auch in der Firma mal sein.

Es stimmt schon, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat man als Firmenchef ganz andere Sorgen als die Laune der Mitarbeiter. Da Sie den Karren aber sowieso nur gemeinsam aus dem Dreck ziehen können, zahlt sich die Investition in Lob und Anerkennung gerade in solchen Phasen doppelt aus. Zeigen Sie Ihren Leuten deshalb lieber einmal zu oft, dass Sie an ihre Fähigkeiten glauben. Signalisieren Sie das Vertrauen, das Sie in sie setzen. Ihre Mitarbeiter werden es garantiert mit guten Leistungen danken.

Anerkennung ist ein Erfolgserlebnis, denn es gibt die Sicherheit, das Richtige getan zu haben. Das nennt man "positive Bestärkung". Richtig eingesetzt – erwünschtes Verhalten sofort loben –, hat die positive Bestärkung den Nebeneffekt, dass Sie uns darauf programmiert, die erwünschten Handlungen zu wiederholen und unerwünschte zu meiden. Das funktioniert übrigens auch hervorragend bei Vierbeinern, was vielleicht erklärt, warum so viele Manager Hundehalter sind – oder umgekehrt.

Leider hat der Mensch die Eigenschaft, sich an alles zu gewöhnen, was sich nicht permanent ändert. Daher besteht auch die Gefahr, dass man als Chef die Mitarbeiter, die immer hervorragende Leistungen abliefern, irgendwann nicht mehr wahrnimmt. Deswegen loben Sie nicht nur Mitarbeiter, die endlich mal mehr als nur Mittelmaß abliefern oder im Einzelfall zur Höchstleistung aufgelaufen sind, sondern auch die, auf die Sie sich immer verlassen können. Denn das sind die eigentlichen (Erfolgs-)Säulen Ihres Unternehmens.

Loben Sie lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig. Die Gefahr, dass man Ihr Lob bei häufiger Anwendung nicht mehr ernst nimmt, besteht nicht (Vorsicht! Häufige Kritik nutzt sich in ihrer Wirkung sehr wohl ab!). Von positiver Bestärkung kann der Mensch nie genug kriegen. Und nicht zuletzt trägt ein Chef, der häufig Lob und Anerkennung ausspricht, zu einem guten Betriebsklima bei, weil er von seinen Leuten als besonders sympathisch empfunden und geschätzt wird. (masi)