Zwangsabgaben

Seit drei Jahren unterliegen auch internetfähige PCs der Rundfunkgebühr. Anfangs hatten Verwaltungsgerichte geurteilt, dass aus dem zugrunde liegenden Staatsvertrag eine generelle Gebührenpflicht nicht abzuleiten sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch im Oktober gegenteilig entschieden.

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Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Wenn der PC in der Lage ist, Livestreaming von ARD und ZDF zu empfangen, besteht auf Grund eines Staatsvertrags die Pflicht, Rundfunkgebühren zu entrichten.

Die seit 2007 geltende Rundfunkgebührenpflicht auf internetfähige PCs trifft vornehmlich Unternehmen, Kleinunternehmer und Freiberufler. Privatleute zahlen in der Regel bereits für ihre Rundfunk- und TV-Geräte im Haushalt, und weitere Gebühren fallen darum bei ihnen nicht an. Es liegt nahe, dass Unternehmen über internetfähige PCs kaum das öffentlich-rechtliche Programmangebot in Anspruch nehmen. Sie benutzen die Computer und das Web weit überwiegend nur aus geschäftlichen Gründen, und wenn ein Arbeitnehmer den Firmenrechner zum Anschauen des TV-Programms missbraucht, muss er mit Konsequenzen rechnen. Die Ausweitung der Rundfunkgebühren auf Firmen-PCs scheint darum vor allem der Erhöhung des Gebührenaufkommens zu dienen.

Einige Verwaltungsgerichte hatten sich in diesem Zusammenhang bereits gegen eine durchgängig herrschende Gebührenpflicht ausgesprochen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied aber gegenteilig und hat damit die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bestätigt [1].

Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag regelt, dass die Gebührenpflicht bei Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts entsteht (§ 1, Abs. 2, S. 2). Dieses ist definiert als technische Einrichtung, "die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen (Hörfunk und Fernsehen) geeignet" ist (§ 1, Abs. 1).

"Bereitgehalten" werden diese Geräte bereits, "wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können" (§ 1, Abs. 2, S. 2). Dieser Definition nach gelten auch internetfähige PCs als Rundfunkempfangsgeräte, denn sie "empfangen" Sendungen, die per Livestream in das Web eingespeist werden.

Die nun entschiedenen Verfahren haben zwei Rechtsanwälte und ein Student geführt. In ihren Büros beziehungsweise in der Wohnung standen keine Rundfunkgeräte, wohl aber internetfähige PCs. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ihre Revisionen gegen abschlägige Urteile der Vorinstanzen zurückgewiesen, denn seiner Auffassung nach handelt es sich bei internetfähigen PCs durchaus um Rundfunkempfangsgeräte im Sinne des Staatsvertrags.

Für die Gebührenpflicht komme es ja lediglich darauf an, dass die Geräte zum Empfang bereitgehalten werden, nicht aber darauf, ob der Inhaber tatsächlich Radio- oder Fernsehsendungen mit dem Rechner empfange. Der PC müsse nicht einmal mit dem Internet verbunden sein – es genügt, dass er technisch dazu in der Lage sei.

Die Kläger hatten beanstandet, dass die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags gegen höherrangiges Recht verstießen, insbesondere gegen die Rechte auf Freiheit der Information (Art. 5, Abs. 1 GG) und der Berufsausübung (Art. 12, Abs. 1 GG) sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3, Abs. 1 GG). Ihre Argumente fanden nicht die Zustimmung der Bundesverwaltungsrichter.

Als "neuartige Rundfunkgeräte" bezeichnet die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) von ARD, ZDF und Deutschlandradio Computer und Handys, die über das Web ihre Sendungen empfangen können.

Zwar mussten diese zugestehen, dass die Erhebung von Rundfunkgebühren für internetfähige PCs in die Grundrechte der Kläger aus Artikel 5, Abs. 1 ("Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten") und Artikel 12, Abs. 1 GG ("Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen") eingreift, weil die Rundfunkgebührenpflicht auch an die beruflichen und informatorischen Zwecken dienende Nutzung oder auch nur an den Besitz der PCs knüpft. Nach ihrer Meinung sei dieser Eingriff jedoch durch die Finanzierungsfunktion der Rundfunkgebühren für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gerechtfertigt. Diese sei gleichfalls verfassungsrechtlich begründet. Außerdem sei der Eingriff auch nicht unverhältnismäßig, sondern von der Typisierungsbefugnis des Gebührengesetzgebers gedeckt.

Obwohl ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden, indem die herkömmlichen monofunktionalen Empfangsgeräte gebührenrechtlich wie die multifunktionalen internetfähigen PCs behandelt werden, sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt: Maßgeblich für die Gebührenerhebung sei nicht die technische Unterschiedlichkeit der Empfangsgeräte, sondern deren gleiche Möglichkeit zum Empfang von Rundfunksendungen.

Ein Unternehmer wird damit schon aufgrund seines Status zum Adressat von Rundfunkgebührenbescheiden. Allein schon im Zuge der Abgabe der Umsatzsteueranmeldung nach § 18, Abs. 1 UStG ist er gezwungen, einen internetfähigen Computer zu betreiben. Diesem Paragrafen entsprechend hat er eine Umsatzsteuervoranmeldung "nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln".

Man kann einem Unternehmer allerdings nicht verwehren, diese Erklärung über seinen privaten PC mit Internetzugang einzureichen. Soweit es mit seinen betrieblichen Belangen vereinbar ist, könnte er auf internetfähige PCs verzichten und damit dieser Zusatzabgabe entgehen.

Möglicherweise hilft ihm aber eine technische Lösung weiter. Verhindert nämlich eine solche, dass "Internetprogramme" empfangen werden können, etwa durch eine Sperrung entsprechender IP-Adressen, kann man nicht mehr von "tauglichen Empfangsgeräten" sprechen.

Es liegt nahe zu mutmaßen, dass es hier nicht um die angemessene Abgeltung in Anspruch genommener Leistungen geht, sondern nur um die zusätzliche Finanzierung eines Mediums. Kaum jemand hat danach gerufen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Programme teilweise über das Internet anbieten. Nach der aktuellen ARD-ZDF-Onlinestudie nutzt "zumindest gelegentlich" nur jeder vierte Radio- und jeder sechste TV-Livestreaming übers Web [2]. Lediglich ein verschwindend geringer Teil hiervon dürfte auf den unternehmerischen Bereich entfallen.

Hier setzt die Kritik an. Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht kann man durchaus der Meinung sein, dass es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, internetfähige PCs wie Radios und Fernsehgeräte zu behandeln. Der Hauptzweck von Radios und Fernsehgeräten ist, als Rundfunkempfangsgerät zu arbeiten. Dies trifft auf PCs nicht zu – sie sind dazu überhaupt nur "geeignet", weil die Rundfunkanstalten den Nutzern eine nicht verlangte "Empfangsmöglichkeit" aufzwingen.

Die niedrige Nutzungsrate macht deutlich, dass internetfähige PCs gerade nicht zum Empfang dieser Sendungen bereitgehalten werden. Die Ministerpräsidenten der Länder haben nun ein Machtwort gesprochen. Nach einer Änderung des Rundfunkstaatsvertrags soll die GEZ ab 2013 gar nicht mehr berücksichtigen, ob ein Empfangsgerät in einem Betrieb oder Haushalt vorhanden ist. (fm)

[1] BVerwG, Urteile vom 27. 10. 2010, Aktenzeichen 6 C 12.09, 6 C 17.09 und 6 C 21.09
[2] ARD-ZDF-Onlinestudie 2010 (map)