discuss&discover: Besucher blieben weg

Zur Auftaktveranstaltung bleibt der designierte Systems-Nachfolger "discuss&discover" hinter den hohen Erwartungen zurück. Messechef Klaus Dittrich übt sich unterdessen in Zweckoptimismus, das Konferenzkonzept sei mit über 1000 Besuchern aufgegangen.

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Von
  • Matthias Parbel

(Bild: Messe München)

"Wo bitte geht es hier zur Messe?" Frank Eberwein steht vor dem Haupteingang der Messe München. Absperrbänder vor den Drehtüren. Leere in der Eingangshalle. Der IT-Administrator ist verwirrt. Hat sich Eberwein etwa im Termin geirrt? Zwei Sicherheitsmitarbeiter der Messegesellschaft sorgen für Aufklärung: Die "discuss&discover" findet im anschließenden Gebäude, dem ICM statt. Eberwein atmet auf, geht Richtung ICM – und wundert sich: "Wo bitte ist hier die Messe?"

Von Messegedränge war in den vergangenen drei Tagen auf der "discuss&discover" – die immerhin als Nachfolgeveranstaltung der Systems antritt – nichts zu spüren. Zum Unmut vieler der etwa 250 Unternehmen, die sich an diesem neuen IT-Event beteiligten. Sie hatten mehr Besucher erwartet, als die nur rund 6000, die von Dienstag bis Donnerstag dieser Woche durchs ICM streiften. Dass die neue Herbstveranstaltung nicht mit der Traditionsveranstaltung Systems verglichen werden dürfe, hatte die Messeleitung oft genug betont. "discuss&discover ist neu, modern und marktgerecht", hob Messechef Klaus Dittrich immer wieder hervor. "Sie soll den veränderten Wünschen der Aussteller und Besucher entsprechen."

Chef der Messe München Klaus Dittrich: "Die Kostenstruktur muss geändert werden, aber kostenlos wird es sicherlich nicht."

(Bild: Messe München)

Auch nach der Premiere und dem enttäuschenden Ergebnis hält Dittrich an dem Konzept fest. Zumindest aber sieht er "dringenden Handlungsbedarf, nach den Gründen für das geringe Besucherinteresse zu fahnden". Nach wie vor ist der Messechef überzeugt, "dass die IT-Industrie diesen Event benötigt. Wir haben die Grundlage für 2010 geschaffen", konstatierte er kurz nach Messeschluss gegenüber heise resale.

Sicherlich, so Dittrich, "haben auch die ungünstigen Rahmenbedingungen den Start erschwert". Der Geschäftsführer der Messe München spielt dabei aber nicht nur auf die wirtschaftliche Situation an, sondern auch auf die zwei Messen "IT & Business" in Stuttgart und vor allem die "it-sa" in Nürnberg, die vom Start weg 6600 Besucher zählte. Besonders die Security-Messe "it-sa" würde Dittrich gern wieder in München, also beim "discuss&discover"-Event sehen. Ob das möglich sei, wisse er nicht, er sei jedoch gesprächsbereit.

Damit würde er sicherlich Achim Kraus, Sales Engineer bei Palo Alto Networks, entgegen kommen: "Wir waren an beiden Messen als Aussteller dabei. Während unser Standteam auf der it-sa non-stop im qualitativ hochwertigen Kundengespräch war, fiel im Vergleich dazu die d&d schon enttäuschend aus", klagt Kraus. "Die Besucherfrequenz war kläglich, teilweise überwog visuell sogar die Anzahl von Schülern und Studenten die der Geschäftsbesucher. Man stelle sich vor, man zahlt einen vergleichsweise hohen Betrag um Vorträge zu besuchen und Gespräche zu führen und findet sich inmitten von Schulklassen wider." Nicht viel anders urteilt ein Hardware-Hersteller aus Ismaning bei München gegenüber heise resale: "Wir hatten am zweiten Messetag drei Kundengespräche – das ist zu wenig. Mit der Systems waren wir immer zufrieden, aber hier ist nichts los."

Selbstkritik ist angesagt

Die Systems war nach ihrem abrupten Ende vergangenen Jahres an einem absoluten Tief angelangt. Keine 1100 Aussteller und gerade mal 39 000 Besucher verlangten nach tief greifenden Änderungen. Also kreierte die Messegesellschaft etwas völlig Neues. Doch Dittrich dämpfte zur Präsentation des neuen Events vorsichtshalber schon mal allzu hohe Erwartung in die "discuss&discover": "Ich rechne in vier bis fünf Jahren mit etwa 50 000 Besuchern." Daran hält er auch nach dem enttäuschenden Start fest. Denn: "Die Konferenz ist mit rund 1000 Teilnehmern kaum mehr zu toppen und auch das Modell der Veranstaltung wurde hoch gelobt."

Dass allerdings die Preisgestaltung für die Konferenz geändert werden müsse, gibt er unumwunden zu – "aber kostenfrei wird sie sicherlich nicht". Ebenso äußert er sich durchaus selbstkritisch zum Außenauftritt und der Besucherwerbung. "Wir müssen die potenziellen Besucher besser erreichen." Und einmal dabei, denkt Dittrich auch über den Namen des Events nach: "Discuss&discover bleibt, aber vielleicht kann man sich auf das d&d beschränken." Das allerdings will er derzeit nur als Gedankenspiel verstanden wissen.

Zu wenig Besucher am Stand

Wer seinen Messeauftritt ohne starken Partner wie Microsoft oder Dell organisierte, die Besucher anzogen, dem ging es in der Mehrzahl wie American Megatrends International. "Trotz professionellem Einladungsmanagement hatten wir viel zu wenig Traffic am Stand", klagt Wilfried Platten, zuständig für Marketing bei AMI. Am Dienstag sei kaum jemand an den Stand gekommen. "Die wenigen Besucher waren vor allem am Vormittag und Mittag im ICM. Ab 15 Uhr war es leer." Für Platten, und damit bestätigt er die Aussagen anderer Aussteller, sei das Konzept noch nicht schlüssig. "Es geht zu viel durcheinander. Ich vermisse eine nahtlose Anbindung von Konferenz, Vorträgen und Ausstellung", fügt er hinzu.

IT-Administrator Eberwein, kurz vor dem Verlassen der "discuss&discover" noch einmal angesprochen: "Der einzige Lichtblick: Ich konnte wirklich in aller Ruhe mit meinem Lieferanten über alle Probleme sprechen." Aber auf einer Messe erwarte er mehr wichtige Aussteller. Die hofft Messechef Dittrich 2010 zu bekommen. (map)