Überraschung: Cancom nur an "sinnvollen" und "gezielten" Übernahmen interessiert

Im Offenen Brief an den Vorstand des Systemhauses Cancom beschäftigt sich Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking mit den Wachstumsplänen des Unternehmens.

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Von
  • Damian Sicking

Der Cancom-Vorstand: Paul Holdschik, Rudolf Hotter und Klaus Weinmann (vlnr)

Lieber Cancom-Vorstand,

Glückwunsch zu der guten Umsatzentwicklung im ersten Quartal. Ein Zuwachs um 14,5 Prozent auf 79,1 Millionen Euro kann sich sehen lassen. Leider konnte die Gewinnentwicklung mit einem Plus von 100.000 Euro (auf EBITDA-Basis) nicht ganz mithalten. Na gut, kann ja noch kommen.

Wesentlicher Wachstumstreiber waren die neu hinzu gekauften Unternehmen. So trug etwa die Neuerwerbung Cancom a+d IT Solutions GmbH dazu bei, dass der Auslandsumsatz um 56 Prozent auf zwölf Millionen Euro anstieg.

In den Berichten zum ersten Quartal schreiben Sie, dass Sie das Unternehmenswachstum weiterhin durch "sinnvolle" (Pressemitteilung) bzw. "gezielte" (Quartalsbericht) Akquisitionen antreiben werden. Gut, lieber Cancom-Vorstand, dass Sie das eigens betonen. Am Ende wäre sonst noch jemand auf den Gedanken gekommen, dass Sie eher an "sinnlosen" bzw. "ungezielten" Akquisitionen interessiert sein.

Vor allem in UK, also dem Vereinigten Königreich, wollen Sie Gas geben. Die Übernahme eines schottischen Apple-Vertriebspartners im März feiern Sie als den "Auftakt für eine aggressive Wachstumsstrategie" (Quartalsbericht). Noch im Verlaufe dieses Jahres wollen Sie die Zahl der Cancom-Standorte in UK von derzeit vier auf acht verdoppeln. Good Luck!

Cancom-Firmenzentrale in Jettingen-Scheppach

Auch in Deutschland planen Sie weitere Übernahmen. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2007 schreiben Sie, dass die Voraussetzungen dafür gut seien, da "zahlreiche kleine, meist inhabergeführte Systemhäuser und IT-Dienstleister auf der Suche nach Kaufinteressenten sind". Wohl wahr. Interessant in diesem Zusammenhang: Die von vielen Branchenbeobachtern festgestellte oder seit Jahren vorhergesagte Konsolidierung in der Systemhauslandschaft findet offenbar nicht statt. Im Gegenteil: Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat für ihre Studie "IT-Distribution – gestern, heute, morgen" noch einmal genau durchgezählt und stellte sogar ein kontinuierliches, wenn auch nur leichtes Anwachsen der Zahl der Systemhäuser in Deutschland fest.

Liebe Cancom-Vorstand, vielleicht schaffen Sie es durch Ihre Akquisitionsstrategie ja auch, die bestehende Abhängigkeit von Ihrem Großkunden Siemens (Siemens IT Solution & Services) zu reduzieren. Sie selber sprechen ja im Geschäftsbereicht 2007 von einer "wesentlichen Abhängigkeit vom Siemens-Konzern". Gerade jetzt, wo Siemens so viele negative Schlagzeilen liefert ("Schmiergeldskandal"), wäre eine Verbreiterung der Kundenbasis eine gute Lebensversicherung.

Aber ich mach mir da gar keine Sorgen, dass Sie das nicht hinkriegen. Sie haben ja schon so Vieles hingekriegt. In diesem Sinne:

Beste Grüße

Damian Sicking ()