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Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wird aus rechtlichen Gründen abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.
17 Cs-230 Js 99/21-55/23 |
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Amtsgericht Jülich Beschluss |
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In der Strafsache
3gegen N.,geboren am 00. Juli 0000 in E.,wohnhaft Z.-straße, N02 H.Verteidiger: Rechtsanwalt F., U.-straße, N03 B.
4wegen Ausspähens von Daten
5Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wird aus rechtlichen Gründen abgelehnt.
6Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.
7Gründe:
8Nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens erscheint der Angeschuldigte einer Straftat nach § 202a Abs. 1 StGB aus rechtlichen Gründen nicht hinreichend verdächtig.
9Dem Schutzbereich des Straftatbestandes unterliegen nur Daten, die gegen den unberechtigten Zugang besonders gesichert sind. Dies setzt voraus, dass Maßnahmen getroffen wurden, die objektiv geeignet sind und nach dem Willen des Berechtigten auch dazu bestimmt sind, den Zugang zu den Daten zu verhindern (Weidemann, in: BeckOK, StGB, Stand: 01.02.2023, § 202a Rn. 2; Gercke, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 202a StGB Rn. 4).
10Der Auffassung der Staatsanwaltschaft, wonach dafür bereits ein Passwortschutz als solcher genügt, folgt das Gericht nicht. Ein Passwort bewirkt nicht in jedem Fall eine effektive Datensicherung, etwa wenn es allzu simpel ist oder für bestimmte Anwendungen standardisiert verwendet wird. In solchen Fällen ist die Verschaffung des Zugangs zu Daten nicht tatbestandsmäßig (Hilgendorf, in: LK-StGB, 13. Aufl. 2023, § 202a Rn. 3 m.w.N.). Für das "Verstecken" von Passwörtern müssen entsprechende Anforderungen an die Wirksamkeit der Sicherungsmaßnahme gelten.
11Hier ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen davon auszugehen, dass der Angeschuldigte durch Rückübersetzung des Objektcodes in den Quellcode einer Software (Dekompilierung, § 69e UWG) Kenntnis vom Passwort erlangt hat. Für eine solche Fallkonstellation bedeutet das Erfordernis der Überwindung einer besonderen Zugangssicherung nach richtiger Auffassung, dass eine Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten ausscheidet, wenn die Rückübersetzung mittels gängiger Hilfsprogramme möglich ist (Graf, in: MüKoStGB, 4. Aufl. 2021, § 202a Rn. 34; Bär, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, WirtschaftsStrafR-HdB, 5. Aufl. 2020, 15. Kapitel., Rn. 78; vgl. auch Brodowski/Marnau, NStZ 2017, 377, 380: "nicht trivialer technischer Aufwand", zu § 202d StGB). Letzteres war hier der Fall, da laut Schlussvermerk zum polizeilichen Ermittlungsbericht vom 00.00.0000 die Dekompilierung des im Klartext in der Software abgelegten Passwortes mit für jedermann zugänglichen Tools erfolgt ist (Bl. 235 d.A.; vgl. zu der möglicherweise verwendeten Software auch Bl. 226 d.A.).
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.
13Jülich, 10.05.2023AmtsgerichtM.Richter am Amtsgericht