c't Fotografie 1/2019
S. 82
Perspektivkorrekturen in der Bildbearbeitung
Aufmacherbild

Perspektiven gekonnt korrigieren

Perspektivfehler treten häufig auf. Denn nicht immer kann man bei der Aufnahme den richtigen Standpunkt einnehmen, um stürzende Linien oder schräge Perspektiven zu vermeiden. Verzerrungen am Bildrand, insbesondere bei kurzen Brennweiten, bringen das Bild zusätzlich aus dem Gleichgewicht. Auf den nächsten Seiten verrät Maike Jarsetz, wie Sie nachträglich Perspektiven korrigieren oder so ändern, dass Sie diese optimal für Retusche und andere Aufgaben nutzen können.

Der wesentliche Faktor für die Perspektive einer Aufnahme ist der Aufnahmestandpunkt. Durch diesen befinden sich Objekte im Motiv weiter entfernt oder näher zum Betrachter und werden dadurch unterschiedlich groß abgebildet. Es führt zu einer Verjüngung gegenüber den weiter entfernt liegenden Bereichen, und Objekte im Vordergrund werden verzerrt. Das typische Beispiel dafür ist eine Gebäudeaufnahme, die von einem niedrigeren Standpunkt mit der nach oben „blickenden“ Kamera statt der vertikalen optischen Mitte aufgenommen wird. Die Gebäudelinien verjüngen sich nach oben hin und bilden die bekannten „stürzenden“ Linien. Das lässt sich verhindern, wenn Sie die optische Achse der Kamera in der vertikalen Mitte positionieren. Bei Aufnahmen von kleinen Objekten ist das oft kein Problem, aber schon bei einstöckigen Gebäuden wird es schwierig. Und umso kleiner der Abstand zum Objekt, desto stärker sind auch die perspektivischen Verzerrungen.

Einen vergleichbaren Einfluss hat der horizontale Kamerastandpunkt. Wenn Sie sich nicht in der optischen Mitte eines Objektes befinden, werden auch die horizontalen Linien niemals parallel sein können, da sich eine Seite immer näher zur Kamera hin befindet als die andere. Zwar können Sie schon während der Aufnahme darauf achten, den richtigen Standpunkt einzunehmen. Aber nicht immer erlaubt das die Aufnahmesituation. Fachkameras bieten die Möglichkeit, die Standarten zu verschwenken und damit die Filmebene parallel zu den Objektkanten zu positionieren – so ist der Abstand von Objekt zur Filmebene überall identisch und wird gleich groß abgebildet. Nun bewegt sich in digitalen Zeiten kaum noch ein Fotograf mit einer Fachkamera nach draußen. Das APS-C- und Kleinbildformat ist dagegen stark verbreitet. In wenigen Fällen benutzt ein Fotograf vielleicht noch eine Mittelformatkamera oder für die eben erwähnte Entzerrung ein Tilt-Shift-Objektiv. Aber das bleibt die Ausnahme. Meistens korrigiert man die Perspektive in der Bildbearbeitung.

Beide Bilder dieses Hotels wurden mit der gleichen Brennweite aufgenommen. Maßgeblich für die Perspektive ist der Kamera-Standpunkt. Je weiter entfernt er ist, desto größer wird der Hintergrund abgebildet und desto weniger ausgeprägt sind die stürzenden Linien. Auf dem Detailausschnitt der Aufnahme aus weiter entfernter Position lässt sich das gut erkennen.

Die Brennweite spielt übrigens eine geringere Rolle, als man meint. Denn vom identischen Kamerastandpunkt aus fotografiert, ergibt sich für den gleichen Motivausschnitt eine übereinstimmende Perspektive. Das verwendete Objektiv hat nur insofern Einfluss, als dass Sie mit einer kürzeren Brennweite einen größeren Bildwinkel fotografieren können.