c't 16/2017
S. 14
News
Vernetzte Autos
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Der Weg wird das Ziel

Wie BMW Auto und Smartphone weiter vernetzen will

BMW und Microsoft wollen künftig über Cloud-Dienste Autos und Smartphones der Nutzer vernetzen. Wir haben im Tech Office in Chicago einen Blick auf kommende Funktionen der BMW-Connected+-App geworfen.

Der Cappuccino nach dem Essen steht erst seit wenigen Sekunden auf dem Tisch, doch schon mahnt die Smartwatch, dass man früher zum Termin aufbrechen muss: Schließlich sind es 700 Meter Fußweg bis zum Auto und andere vernetzte Autos haben gemeldet, dass es wegen starken Regens nur langsam vorangeht.

So stellen sich Autohersteller die Zukunft digital vernetzter Autos vor. In der Vergangenheit hat sich die Vernetzung zwischen Autos und Smartphones eher schleppend entwickelt: Außer einer Bluetooth-Kopplung zum Musikhören haben selbst viele moderne Autos wenig zu bieten. Doch nach Android Auto und Apple CarPlay kommt allmählich Bewegung in die Sache. So hat BMW seiner App „BMW Connected“ ein umfangreiches Update spendiert und will damit die Autos enger mit ihren Fahrern vernetzen. Wir haben uns die App, die künftig Connected+ heißen wird, zusammen mit dem neuen BMW 530e Elektro-Hybrid angeschaut und einen Blick ins BMW Tech Office in Chicago geworfen.

Möglichst unaufdringlich

Die Connected+-App umfasst ähnliche Grundfunktionen wie PKW-Apps anderer Hersteller: Auf der Startseite blendet sie relevante Daten wie Reifendruck, Ölstand und die Tankfüllung ein. Zudem kann man das Auto übers Smartphone orten, ver- und entriegeln oder hupen lassen.

Bei der Navigation wird auch der Fußweg zum Auto berücksichtigt.

Überarbeitet hat BMW auch die Routenplanung: Nun lassen sich Strecken mit mehreren Zwischenzielen am Smartphone planen und direkt ans Navi des Autos schicken. Falls nötig werden Tankstopps dabei automatisch hinzufügt. Dabei hat BMW sich bemüht, auf dem Smartphone, einer Smartwatch und dem Touchscreen-Display des Autos ein einheitliches Look-and-Feel zu schaffen. Angenehm empfanden wir auch, dass BMW den Nutzern nicht komplett das eigene Ökosystem aufzwingt: Routen lassen sich beispielsweise auch wie gewohnt in Google Maps planen und dann mit der BMW-App teilen; den Fußweg zum Auto bekommt man mit Navi-Apps von Google, Apple oder Here gezeigt.

Zum Kasten: Zwischen den Fronten

Plant man eine Route dagegen direkt im Navi des Autos oder der BWM-App, greift das System auf den Kalender und das Adressbuch der Nutzer zu: Freunde, Geschäftspartner oder Adressen aus Terminen mischen sich dann unter die Suchtreffer der Zieleingabe. Unterwegs erlaubt Connected+ das Teilen der Fahrtdaten. Die Empfänger erhalten eine SMS mit einem temporären Link, der auf eine Webseite führt, die eine Karte mit dem Echtzeitstandort und der voraussichtlichen Ankunftszeit anhand der aktuellen Verkehrslage anzeigt.

Wolke statt ROM

Heute gekauft, morgen veraltet: In der Smartphone-Welt jagt ein App-Update das nächste. Für Autobauer ein Problem, da die Entwicklung eines Wagens etliche Jahre dauert und dieser meist noch viel länger über die Straßen rollt. BMW hat sich deshalb Microsoft als Partner ins Boot geholt. Die Funktionen und Dienste von Connected+ laufen auf Microsofts Cloud-Plattform Azure – von BMW als Open Mobility Cloud bezeichnet. Anders als bei fest in die Chips der Autos gebackener Software sollen sich die Anwendungen und Funktionen dank Cloud-Anbindung regelmäßig und ohne Zutun der Fahrer aktualisieren und erweitern.

Ein solches Update ist bereits für diesen Herbst geplant: Dann werden die Autos auf Exchange-Konten zugreifen können. Termine und Mails landen direkt auf dem Fahrzeugdisplay und sollen sich per Sprachsteuerung beantworten lassen. Zudem hält Skype for Business Einzug. Damit die Bandbreite für Sprachkonferenzen reicht, muss das Smartphone per Bluetooth mit dem Auto gekoppelt sein.

Dank Microsoft Azure können die Entwickler in Echtzeit sehen, wie die Fahrer die Dienste im Auto nutzen und so den Funktionsumfang der Connected-Dienste erweitern.

Von der Kooperation mit Microsoft dürfte BMW auch wegen der Datenanalyse profitieren: Azure erlaubt die (anonymisierte) Auswertung von Fahrzeugdaten und die Nutzung der digitalen Dienste. Unter dem Stichwort Machine Learning soll Connected+ seine Nutzer über die Zeit immer besser kennenlernen und sich den Gewohnheiten der Fahrer anpassen: Ein als Sparfuchs erkannter Fahrer soll beispielsweise automatisch die günstigsten Tankstellen vorgeschlagen bekommen, während andere zu Tankstellen bevorzugter Marken geführt werden.

Auch Touchpunkte auf den Fahrzeugdisplays lassen sich in Form von Heatmaps visualisieren, was dem Design-Team Hinweise gibt, wie sie die Oberfläche verbessern könnten.

Die Software-Entwicklung der Cloud-Dienste findet im 2014 gegründeten BMW Tech Office in Chicago statt. Das mittlerweile auf rund 150 Personen gewachsene Team wartet und entwickelt unter anderem die Open Mobility Cloud. Zudem fungiert das Büro als Ideenschmiede für neue Apps oder Funktion fürs vernetzte Fahren. (spo@ct.de)