c't 10/2019
S. 100
Test
Digitaler Hörstift
Aufmacherbild

Lies mir vor!

Der neue Hörstift „BOOKii“ von Tessloff

Mit dem BOOKii-Hörstift können sich Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter Bücher vorlesen lassen, aber auch Lieder, Reime und Vogelstimmen anhören. Dazu tippen sie in für den Stift vorbereiteten Büchern auf unsichtbar kodierte Stellen.

Der weiß-grüne BOOKii ist schlanker als der knubbelige tiptoi von Ravensburger, mit einem Taillenumfang von gut sieben Zentimetern aber immer noch ein bisschen dicker als ein normaler Kugelschreiber. Er wird in einem schicken grünen Kunststoffkästchen geliefert, in dem auch ein Verbindungskabel liegt. Damit lässt sich der USB-C-Anschluss des Stifts wahlweise – per USB – mit einem Rechner oder – per USB-C oder Micro-USB – mit einem Mobilgerät verbinden.

Die Stiftspitze sieht aus wie bei einem Kugelschreiber, dem die Mine fehlt: ein kleines Loch, durch das man ins Stiftinnere schaut. Dort befindet sich der optische Sensor, der die für den Menschen unsichtbaren Codes auf Buchseiten und Aufklebern erkennt. Der Stift spielt daraufhin die zum angetippten Bild oder Text gehörigen Geräusche oder Sätze ab.

Hält man den Stift wie einen Schreibstift, so liegen hinter dem Daumengelenk die Bedienelemente, also Lautstärkeregler, Play- und Pausetaste, Vor- und Zurücktaste und Aufnahmetaste. Dahinter befinden sich Lautsprecher und Mikrofon sowie eine LED-Leuchte. Die Buchse am hinteren Ende des Stifts ist für einen Kopfhörer mit 3,5-mm-Klinkenstecker gedacht. Mit dem Knopf auf der Rückseite des Stifts schaltet man ihn aus und ein.

Anders als der batteriebetriebene tiptoi enthält der BOOKii einen fest verbauten Lithium-Ionen-Akku, der laut Hersteller spätestens nach sechs Stunden neu geladen werden möchte, was dann etwa 60 Minuten dauert. Sobald der Stift an einen PC angeschlossen wird, erscheint er zweifach im Dateimanager – einmal als CD-Laufwerk und einmal als USB-Laufwerk mit einer Speicherkapazität von gut 7 GByte.

Der BOOKii-Dateimanager zeigt die Cover aller Bücher, für die der Stift bereits Audio-Dateien geladen hat. In einem Ordner namens Archiv befinden sich Daten zu älteren Ting-Titeln.

Auf dem virtuellen CD-Laufwerk liegt neben allerlei DLL-Dateien, deren Zweck sich dem Anwender nicht erschließt, der Dateimanager zum Stift. Verbindet man den Stift per Kabel mit einem PC, sollte der Dateimanager von selbst starten. Im Test klappte das unter Windows 10 nicht; zum Starten mussten wir daher die Anwendung doppelt anklicken. Unter macOS ließ sich der Dateimanager nicht ausführen: Nachdem wir Stift und Rechner verbunden hatten, erschien die Meldung „Das eingelegte Medium konnte von diesem Computer nicht gelesen werden.“ Laut Tessloff-Webseite befindet sich der BOOKii-Dateimanager für macOS noch im Beta-Stadium.

Tiere, Länder und Berufe

Zum Testen hatte uns der Tessloff Verlag einige Bücher zur Verfügung gestellt. Das Startsymbol, das als Erstes angetippt werden muss, damit der Stift die zum Buch passenden Audiodateien lädt, befindet sich auf der Buchrückseite. Falls die Dateien nicht im Speicher des Stifts liegen, fordert er zunächst dazu auf, ihn für den Download mit einem Rechner zu verbinden.

Zu Mein Bildwörterbuch Tiere (9,95 Euro) gehören laut Hersteller 200 Audio-Dateien oder, wie es auf der Buchrückseite heißt, „Hörerlebnisse“. Es stellt 57 Tiere sortiert nach ihrem Lebensraum vor. Zu jedem kennt der Stift die deutsche und die englische Bezeichnung und ein typisches Geräusch. Diese Audiosequenzen sind schön lang, sodass kleine Kinder in Ruhe hineinhören können. Auf der Doppelseite „Im Wald“ gibt es erstaunlicherweise auch Pilze, zu denen der Stift ein waldtypisches Knispeln zu bieten hat und „Im Meer“ ein Blubbern bei Qualle und Seestern. Fünf kleine Suchspiele regen dazu an, die Seiten genau zu studieren.

Die Besonderheit beim Titel Mein erstes Kinderliederbuch (16,95 Euro) ist die Abbildung eines bunten Xylophons auf drei der neun Doppelseiten. Diese charmante Idee ist nicht optimal umgesetzt: Weil die Töne nach Antippen der regenbogenbunten Klangstäbe erst mit kurzer Verzögerung beginnen und eine Weile nachhallen, klingen schnellere Passagen eines Liedes unangenehm abgehackt. Ansonsten gelingt das Nachspielen der Lieder leicht, weil die Noten mit der gleichen Farbe markiert sind wie der zugehörige Klangstab. Alle 18 Kinderlieder im Buch spielt der Stift in zwei Varianten. Als „traditionelle Version“ erklingt ein klavierbegleiteter Kinderchor, in der „Pop-Version“ ist das Ganze noch mit einer Art Rhythmusgerät unterlegt. Das Buch hat keine Spiele und laut Hersteller 200 Hörerlebnisse.

Authentisches Lalülala erweckt die Szenen in Komm mit zur Feuerwehr! aus der Reihe „Was ist was Kindergarten“ (12,95 Euro) zum Leben. Hier hört man Flammen knistern und dankbare Menschen, die gerade aus einem brennenden Haus gerettet wurden. Leider gibt es nicht allzu viele dieser hörspielartigen Sequenzen – insgesamt bietet der Stift zu diesem Titel 150 Hörerlebnisse. Ein Lied und ein Suchspiel runden das knappe Angebot ab. Beim Spiel geht es darum, Fahrzeuge anhand eines Geräusches zu identifizieren. Die Martinshörner von Polizei und Krankenwagen sind dabei kaum voneinander zu unterscheiden – das laute „Oing“ als Quittung für ein falsches Tippziel ist da frustrierend.

Beeindruckend sind beim Band Heimische Vögel aus der Reihe „Hören und Staunen“ (19,95 Euro) die klaren, differenzierten Vogelstimmen; sie erklingen für etwa drei bis vier Sekunden und machen 80 der 350 Audio-Dateien aus. Der Rest sind lexikonartige Beschreibungen der Vögel. Zu manchen gibt es über ein kleines Kreuzchen neben dem Bild noch Zusatzinformationen. Vom Anspruch her richten sich diese Texte deutlich an Schulkinder. Sechs Spiele in drei Varianten sorgen für Abwechslung. Bei „Richtig oder falsch?“ gilt es, drei Aussagen zu bewerten. Knifflig ist das Format „Vogelstimmen erkennen“. „Welcher Vogel ist gesucht?“ läuft ab wie das Kinderspiel „Ich sehe was, was Du nicht siehst.“

Eine Packung mit 120 Aufklebern gibt es für 6,95 Euro; zwei unterschiedliche Sortimente sind im Angebot. Damit lassen sich in Büchern, aber auch auf Möbeln oder Alltagsgegenständen eigene Sprachbotschaften anbringen. Jeder Sticker hat drei Teile: einen grünen Kreis zum Aufnehmen, einen blauen Pfeil zum Abspielen und ein rotes Kreuz zum Löschen; alles funktionierte im Test einwandfrei. Die Aufnahmen – es entstehen WAV-Dateien unterschiedlicher Länge – klingen im Vergleich zu den sehr klaren Audiosequenzen zu den Büchern allerdings recht verwaschen. Während Aufnahmen zu Stickern sich über deren Lösch-Code wieder entfernen lassen, kann man frei aufgenommene Sequenzen nur im Dateimanager löschen.

Eigene Aufnahmen landen im Verzeichnis „diyrecord“. Das Verzeichnis „mp3“ ist für MP3- und WAV-Dateien gedacht, die am PC auf den Stift kopiert und dann wie mit einem Audio-Player abgespielt werden können. Für einzelne, längere Hörspieldateien eignet sich die MP3-Player-Funktion des Stifts gut. Mit vielen kurzen Audiodateien verliert man beim Navigieren mit der Vor- und Zurücktaste schnell die Übersicht.

Die Videofunktion wollten wir mit einem Android-Smartphone ausprobieren. Die kostenlose App ließ sich darauf einrichten und auch das Pairing mit dem Stift per Bluetooth funktionierte mehr oder weniger zuverlässig. Der Versuch, ein Video aufzurufen, führte nicht zum Erfolg.

Während Ravensburger mit seinem Hörstift tiptoi und einem großen Sortiment an tiptoi-Büchern und -Spielen Erfolge feiert, konnten die hörstiftfähigen Titel anderer Verlage wie Tessloff, Langenscheidt, Coppenrath, Cornelsen oder Oldenbourg bisher nicht voll überzeugen. Sie alle nutzen den Hörstift Ting des gleichnamigen Herstellers. BOOKii bringt der Tessloff Verlag nun als eigenen Hörstift heraus. Der neue Stift konnte im Test mit älteren Ting-Titel aus anderen Verlagen nichts anfangen, erkannte aber die Codes aus Ting-Büchern von Tessloff und lieferte wie der Vorgänger alle Geräusche und Texte zu diesen Büchern. Andersherum sind die neuen BOOKii-Bücher nicht mit einem Ting-Stift nutzbar. Nach und nach wollen auch die früheren Ting-Partner Bücher für den BOOKii herausbringen, das ergaben Nachfragen bei einigen Verlagen; bei Langenscheidt sind erste BOOKii-Titel erschienen.

Fazit

Tabelle
Tabelle: BOOKii

Der schlanke, leichte BOOKii liegt gut in der Hand; Etui und Ladekabel machen einen soliden Eindruck. Der Lautsprecher am Stiftende liefert einen angenehmen, gut regulierbaren Ton. Das Mikrofon zeichnet dagegen nur mäßig auf – die eigenen Aufnahmen klingen dadurch etwas verwaschen. Dass der Stift auch als MP3-Player funktioniert, ist ein sinnvoller Zusatznutzen.

Die Audiodaten des Stifts liefern einen Mehrwert zu den sorgfältig gestalteten Büchern von Tessloff. Bei allen getesteten Titeln wünschten wir uns jedoch noch mehr Abwechslung: Mehr authentische, hörspielartige Sequenzen und deutlich mehr Variation bei den Spielen. Hier hat der tiptoi aktuell noch mehr zu bieten.

Der Hersteller sollte die macOS-Version des Dateimanagers zügig zu Ende entwickeln. Die derzeit noch nicht genutzte Videofunktion hat für ältere Kinder durchaus Potenzial. (dwi@ct.de)