c't Extra 2019
S. 156
Homecomputer & Spiele
GCE Vectrex
Aufmacherbild

Historische Zwergenspielhalle

Vectrex von 1982: Mini-Arcade-System mit Vektorbildschirm

Das Vectrex ist vielleicht das eigenwilligste Spielsystem der Achtzigerjahre. Kundige Hardware-Heiler können im Inneren eines kranken Exemplars bisweilen erfolgreich wirken – wenn sie wissen, was sie tun.

Jaaaaa – es läuft: Ein melodisches, irgendwie unnachahmliches „Billöööp“ erklingt aus dem Gerät, das etwa so groß ist wie 25 aufeinandergestapelte c’t-Ausgaben. Zuvor hat der begierige Spieler es in alter Taschenradio-Manier durch Drehen des Lautstärkereglers eingeschaltet und – je nach Zustand der Hardware – einige Gedenkminütchen absolviert. Dann aber erscheint in vibrierender, hypnotisch leuchtender Schrift auf dem hochkant ausgerichteten 9-Zoll-Röhrenbildschirm verheißungsvoll der „Vectrex“-Schriftzug, umgeben von einer kleinen Linien-Animation. Und anschließend geht es richtig los: Das Spiel meldet sich mit einem Teaser-Screen, wie man ihn von Spielhallenautomaten gewohnt ist. Je nachdem, welche Spielcartridge man rechts ins Gehäuse gesteckt hat, erklingt ein mehr oder minder ohrwurmtauglicher Jingle oder – bei dem kultigen Space-Panic-Klon „Spike“ – außerdem noch eine knarzige Pseudo-Sprachausgabe.

Ist gar keine Cartridge da, steigt man ins eingebaute „Minestorm“ ein, einen erweiterten und ausgesprochen gut gelungenen Asteroids-Nachbau. Der Clou an den Vectrex-Spielen ist die geschmeidige Bewegung der Bildschirminhalte: Hier werden nicht Pixelmengen verschoben, sondern aus Vektorlinien zusammengesetzte Gebilde. Die lassen sich flüssig skalieren. So ändert sich die Größe der Fußballer bei „Heads Up“ mit deren Abstand zum betrachternahen Feldrand. Auch die Objekte bei Rennspielen wachsen beim Näherkommen. Als das Vectrex 1982 erschien, kannten Spielhallenbesucher die geschmeidigen Linienbewegungen eines Vektorbildschirms bereits von den beliebten Atari-Automaten Asteroids, Battlezone und Tempest.