c't 13/2020
S. 141
Leseprobe
10 Technologien
Aufbau des ­Mini-Teilchen­-beschleunigers am Lawrence Berkeley National Laboratory.
Foto: Marilyn Chung/Lawrence Berkeley National Laboratory

Im Kielwasser des Lichts

Günstige Teilchenbeschleuniger im Kleinstformat könnten den riesigen, milliardenteuren Großanlagen schon bald Konkurrenz machen.

Von Alexander Stirn

Wer tief ins Innerste der Materie blicken will, in das ­filigrane Zusammenspiel winzigster Elementarteilchen, braucht dafür riesige Maschinen. Zumindest bislang: Knapp 27 Kilometer misst der LHC, der Large Hadron Collider – ein ringförmiger Teilchenbeschleuniger, an dem 2012 die Existenz des Higgs-Bosons bestätigt werden konnte. Davon abgesehen ist die physikalische Ausbeute des LHC allerdings mau. Kein Wunder, dass die Verantwortlichen bereits von einem neuen, noch leistungsfähigeren Beschleuniger träumen. Hundert Kilometer lang soll er werden. Geschätzte Kosten: bis zu 25 Milliarden Euro.

Es geht aber auch kleiner: Längst hat sich eine Gegenbewegung zum Beschleuniger-Gigantismus formiert – mit vielversprechenden Ergebnissen. Ihr Ziel: ein Beschleuniger kaum größer als ein Schuhkarton. Ihre Geheimwaffe: ein Plasma. In dem gasähnlichen Aggregatzustand sind einigen oder allen Molekülen ihre Elektronen entrissen. Zurück bleiben positiv geladene Atomrümpfe, sogenannte Ionen, und frei herumschwirrende negative Elektronen. Zwischen ihnen bilden sich elektrische Felder, die Kräfte auf geladene Teilchen ausüben. Genau das, was in einem Beschleuniger benötigt wird. Was im LHC mit ­gigantischen äußeren elektrischen Feldern und einem riesigen Tunnel erreicht wird, geht damit auf kleinem Raum: den Teilchen den nötigen Kick zu verpassen, um sie mit großer Geschwindigkeit kollidieren zu lassen.